Dickes Problem
"Übergewicht betrifft vor allem die Landbevölkerung"
Weltweit zeige sich das gleiche Bild – Menschen in ländlichen Gebieten leiden häufiger an Übergewicht als Städter. Ein durchschnittlicher Bürger sei heute um fünf bis sechs Kilogramm schwerer als noch vor 35 Jahren. Mehr als die Hälfte dieses weltweiten Anstiegs wurde im ländlichen Raum verzeichnet. Das gilt auch für Österreich.
ROHRBACH-BERG. In Österreich und einigen anderen Industrieländern ist der Unterschied beim Body-Mass Index(BMI) zwischen Stadt- und Landbevölkerung sogar besonders auffällig. „Der BMI ist nur ein grober Richtwert, weil er Gewicht und Körpergröße in Relation setzt, aber individuelle Faktoren nicht berücksichtigt. Im globalen Vergleich zeigt er dennoch eine gute Tendenz“, erklärt Oberärztin Renate Hagenauer, Fachärztin für Innere Medizin und Spezialistin für Stoffwechselerkrankungen. Während weltweit mehrheitlich Frauen am Land einen höheren BMI aufweisen, sind es in Österreich eher Männer.
Darum ist Übergewicht eher ländlich
Das Auseinanderdriften von Stadt- und Landbevölkerung hinsichtlich des Körpergewichts hat viel mit der persönlichen Lebensweise zu tun. Allem voran damit, dass aufgrund der Mobilität ein Leben ohne Auto für den Großteil der Landbevölkerung undenkbar ist. Das führt dazu, dass selbst kurze Wege auf vier Rädern zurückgelegt werden. Gleichzeitig entspricht die Kalorienzufuhr heute meist nicht mehr dem tatsächlichen Verbrauch, weil der technische Fortschritt die körperliche Arbeit sehr erleichtert hat. „Als Folge bemerken wir leider, dass sich Übergewicht und Bewegungsmangel oft schon bei jüngeren Menschen massiv auswirken, etwa in Form von Stoffwechsel-, Gelenks- und Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Bluthochdruck und Diabetes Typ 2“, sagt Hagenauer.
Bewegung in den Alltag einbauen
In Städten sind die Menschen vergleichsweise mehr in Bewegung. Sie erledigen in Beruf undAlltag vieles zu Fuß, mit dem Fahrrad und mit öffentlichen Verkehrsmitteln, die nur selten genau vor der eigenen Haustüre halten. Sie schleppen Einkäufe oft ohne Auto nach Hause und überwinden Tag für Tag teils ordentliche Distanzen und Stufen. „Es sind genau diese häufig unscheinbaren Alltagsbewegungen, die dabei helfen können, das Gewicht zu halten: Oft braucht es keine umfassenden Einheiten im Fitnessstudio, um eine Grundkondition aufrechtzuerhalten. Ist der ganze normale Alltag bewegt, hat Übergewicht schon weniger Chance, und noch besser ist es, wenn uns die Bewegung gar nicht wirklich auffällt, weil sie tägliche Routine geworden ist“, so die Expertin
Auch das Alter beeinflusst den BMI
Nicht nur die Wohngegend ist ursächlich für das Auseinanderdriften des BMI zwischen Stadtund Land, sondern auch die unterschiedliche Altersstruktur. Mit jedem zusätzlichen Lebensjahr erhöht sich die Wahrscheinlichkeit, fettleibig zu werden. Im Altersverlauf steigt der BMI erst an und erreicht im Alter zwischen 60 und 70 Jahren sein Maximum, anschließend nimmt er wieder ab. Leben in ländlichen Regionen vor allem Personen in Altersklassen, in denen der BMI höher ist, könnte dies die regionalen Unterschiede erklären.
Neben Wohnort und Alter beeinflussen auch Bildungsstandard und das Geschlecht den BMI.Jedes zusätzliche Jahr an Bildung verringert die Wahrscheinlichkeit, an Fettleibigkeit zu erkranken. Berücksichtigt man alle diese das Gewicht beeinflussenden Faktoren, zeigt sich folgende Erkenntnis: Auf dem Land leben durchschnittlich dickere Menschen als in der Stadt. Allerdings unterscheidet sich die theoretische Wahrscheinlichkeit, fettleibig zu sein, nicht zwischen Stadt und Land.
Einen langfristigen Effekt, besonders auf Kinder, hat auch der Anbau von eigenem Gemüseoder zumindest der Einkauf direkt beim Gemüsebauern, erklärt Renate Hagenauer: „Es ist nämlich erwiesen, dass man eher zur gesunden Obst- oder Gemüsealternative greift, wenn die Nahrung im eigenen Garten wächst.“
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