Die Fährtenfinderin mit der roten Nase: Karin Grössenbrunner lebt und wirkt im Mühlviertel

- Karin Grössenbrunner lebt in St. Ulrich.
- Foto: Foto: Grössenbrunner
- hochgeladen von Annika Höller
Lebensberaterin Karin Grössenbrunner hat im Mühlviertel ihre ideale Wirkungsstätte gefunden. ST. ULRICH (anh). Den Lebensgeschichten der Menschen lauschen und dort, wo es Verstrickungen gibt, eine Fährte suchen. Das ist Karin Grössenbrunners Mission. Seit 2014 ist sie Lebensberaterin und Imaginations-Begleiterin. Und zwar hier, mitten im Mühlviertel. Und das, obwohl ihre Wurzeln in Niederösterreich liegen. "Die Natur hier erdet mich", sagt sie, "oft gehe ich querfeldein und muss einfach staunen." Es seien für sie meist die kleinen Dinge, wie das Barfuß-Gehen und den Boden spüren, von denen sie Kraft für ihren Beruf schöpfe. Aber auch beim Chor oder bei unkomplizierten Gesprächen hole sie sich Energie zurück. Diese gibt sie wiederum bei Einzel- und Gruppengesprächen im Therapieviertel in Neufelden oder bei Vorträgen und Seminaren weiter. Vor allem das Spannungsfeld zwischen dem Ernst-Nehmen des Schmerzes und dem gleichzeitigen Schauen, dass und wie es weitergeht, fasziniert sie. Die größte Herausforderung dabei: ein gutes Tempo finden. Wo muss man einen Gang zurückschalten, wo darf man antreiben? Zugute kommt ihr dabei ihre zweite große Passion: die Musik. "Auch beim Klavierspielen greife ich manchmal wieder auf ein einfaches Stück zurück", erklärt die 41-Jährige, die auch Führungen im Linzer Musiktheater gibt. Ein anderes Mal komme wieder eine schwierigere Komposition dran. Gegensätze spielen für sie generell eine große Rolle – in ihrer Praxis brennt deshalb stets eine Kerze. "Wo Licht ist, ist auch Schatten", sagt Grössenbrunner, "stellt man einen Gegenstand vor die Kerze, so brennt sie aber immer noch." Das gilt es zu verinnerlichen. "In schwierigen Zeiten kann man sich der Angst verwehren, dann wird es ungemütlich. Oder man nimmt sie an und verbündet sich mit dem Licht", rät sie. Und es gelte sich zu fragen, wem reiche ich die Hand?
Kreativität im Tun
Es sei die "Kreativität im Tun", die sie an ihrem Job liebe – eine Fähigkeit, die sie sich in ihren 13 Jahren als Pastoralassistentin davor in Niederösterreich aneignete. "Unsere Familie war nie extrem katholisch, aber in meiner Jugend habe ich angefangen, in die Kirche zu gehen. Richtig in die Pfarre involviert war ich aber nicht", sagt sie. Aber die Vielfältigkeit dieser Tätigkeit und die unterschiedlichen Menschen, mit denen sie zu tun hatte, begeisterten sie. Zur Lebensberatung war es von dort aus aber immer noch ein großer Schritt. "Ich hatte nie das Ziel, das beruflich zu machen", gesteht sie. Doch als in ihrem Ort zwei Suizidfälle passierten und große Betroffenheit herrschte, kamen viele auf sie zu. Sie sehnten sich nach einer neuen Trauergruppe. "Nun, wir haben einen Raum, eine Kaffeemaschine und einen Kuchen kann sicher auch noch jemand machen – kommt's", ergriff sie kurzerhand die Initiative. Monatliche Treffen folgten. "Beratung heißt nicht nur schwere Kost, es wird auch gelacht", betont sie. Es ginge dabei um das Ganz-nahe-am-Leben-Sein. "Es ist, wie wenn man nach einem Schneegestöber wieder in die Stube tritt, beim Kamin sitzt mit einem heißen Getränk und ganz bei sich ist", erklärt sie.
Lyrische Essenzen
Genau in solchen Momenten kommen ihr auch eigene Texte in den Sinn. Das Ergebnis sind Aphorismen, Prosa- und Blogtexte sowie die zwei Lyrikbände "Ins Wort gefallen ..." und "Beim Wort genommen". Ein dritter sei in Arbeit. Ihre Poesie ist simpel, pur, aussagekräftig. "Ich vergleiche das mit der Musik. Viele Kompositionen strotzen vor Details, aber es gibt immer ein Grundthema." Diese Essenz kitzelt auch sie aus ihren Wortkonstrukten heraus.
Ein bisschen verrückt sein
Die meisten ihrer Praxisbesucher seien auf der Suche nach dem Eigenen oder wollen wissen, wie man es schaffe, dem Eigenen wieder zu vertrauen. Ihr Rat für mehr Mut: "Dinge zuerst ausprobieren und schauen, was passiert, ob die Befürchtungen wirklich eintreffen oder nicht, und was passiert, wenn es so ist." Also tun, nicht denken. "Wenn du nichts tun kannst, tu was du kannst", so Grössenbrunner weiter, "suche nach dem, was du selbst willst, nicht die anderen." Auch mehr Freiheit und Leichtigkeit seien große Themen. Sie selbst ist angekommen: "Alles, was mich ausmacht, fließt in die drei Bereiche – Beratung, Musik, Schreiben." Ihr Ziel daher: Weiterwachsen, lebendig und ein bisschen verrückt bleiben, "im Leben eine rote Nase aufsetzen."
Du möchtest kommentieren?
Du möchtest zur Diskussion beitragen? Melde Dich an, um Kommentare zu verfassen.