Wildunfälle
"Gewaltige Kräfte werden häufig unterschätzt"

Werden im Herbst die Felder abgeerntet, verlieren die Tiere ihren sicheren, gewohnten Lebensraum und machen sich auf die Suche nach neuen Plätzen. Dabei queren sie auch oft Straßen. | Foto: panthermedia/stockwerk-fotodesign
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  • Werden im Herbst die Felder abgeerntet, verlieren die Tiere ihren sicheren, gewohnten Lebensraum und machen sich auf die Suche nach neuen Plätzen. Dabei queren sie auch oft Straßen.
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Selbst bei größter Vorsicht lassen sich Wild­unfälle nicht immer vermeiden. Was tun, wenns gekracht hat? Die BezirksRundschau hat die Antworten.

Wenn in der Dämmerung am Straßenrand zwei Augen aufblitzen, bleibt das Herz jedes Autofahrers kurz stehen: Wer wurde nicht schon einmal von einem Reh überrascht, das plötzlich aus dem Wald über die Straße wechselte. Für die meisten geht die wilde Naherfahrung glimpflich aus. Doch vor allem jetzt, wo die Tage wieder kürzer werden, steigt die Gefahr. "Die Hauptverkehrszeit ist nun in der Dunkelheit, in der viele Tiere besonders aktiv und die Sichtverhältnisse meist schwierig einzuschätzen sind", nennt Martin Eisschiel. Bezirksjägermeister von Rohrbach, als Hauptgründe für häufigere Wildunfälle im Herbst. Zudem verlieren die Tiere mit dem Abernten der Maisfelder ihren sicheren, gewohnten Lebensraum und sind auf der Suche nach neuen Plätzen. Dabei überquert das Wild auch öfter Fahrbahnen. "Besondere Vorsicht ist neben Waldrändern und Maisfeldern sowie bei Walddurchfahrten geboten", sagt Eisschiel.

Gefahr für Mensch und Tier

In Österreich kommt es im Schnitt alle sechs bis zehn Minuten zu einem Unfall mit Wildtieren im Straßenverkehr. Die offiziellen Zahlen der vergangenen Jahre liegen laut Kuratorium für Verkehrssicherheit (KFV) bei rund 80.000 Wildunfällen pro Jahr. "Drei Viertel des Fallwilds sind auf Wildunfälle zurückzuführen. Im Bezirk Rohrbach sind das rund 1000 Tiere pro Jahr, die bei Verkehrsunfällen sterben. Dabei werden etwa Hasen oder Fasane gar nicht erfasst", sagt Eisschiel. Aber auch für Menschen ist der unerwünschte Kontakt mit den Bewohnern der Wälder gefährlich – in manchen Fällen sogar lebensgefährlich. So verletzen sich laut KFV aktuell rund 350 Personen pro Jahr bei Verkehrsunfällen mit Wildtieren, zwei bis drei kommen sogar ums Leben. "Die gewaltigen Kräfte, die bei einer Kollision mit Wild auf das Fahrzeug einwirken, werden häufig unterschätzt", sagt Wildbiologe Christopher Böck. "Das Aufprallgewicht eines Wildschweins mit 80 Kilogramm Körpergewicht auf ein 50 km/h schnelles Auto beträgt 2.000 Kilo, also zwei Tonnen. Ein Reh bringt es immerhin noch auf 800 Kilo." Gefährdet sind daher auch vor allem Lenker von einspurigen Fahrzeuge, was auch die Unfallstatistiken bestätigen. Fast jede zweite durch Wildunfälle verletzte Person im Straßenverkehr hat kein mehrspuriges Fahrzeug gelenkt.

Richtig reagieren

Bezirksjägermeister Martin Eisschiel rät Autofahrern, vor allem in den Morgen- und Abendstunden die Geschwindigkeit zu reduzieren und den Fahrbahnrand zu beobachten. Ist Wild zu sehen, sollte man fast stehenbleiben und mehrmals hupen. "Ist das Reh schon über die Straße gesprungen, sollte man trotzdem aufmerksam bleiben, denn meistens sind sie nicht allein unterwegs." Doch selbst bei größter Vorsicht lassen sich Wild­unfälle nicht immer vermeiden. Was tun, wenns gekracht hat und das Tier ins Gebüsch geflüchtet ist? Ist es okay, weiterzufahren? Nein. Wenn es gerumst hat, sollten Auto­fahrer den Unfall der Polizei melden und die Stelle, an der das Tier in den Wald geflüchtet ist, markieren – zum Beispiel ein Band oder Taschentuch am Baum befestigen. Denn auch wenn sie zunächst flüchten, sind Tiere nach einem Zusammenprall mit einem Auto meist schwer verletzt. Die Polizei informiert die zuständigen Jäger, die dann mit Hunden nach dem Tier suchen. Aus Tier­schutz­gründen ist das besser, als es unter tage­langen Qualen verenden zu lassen.

Verpflichtung zur Meldung

"Kommt es zu einer Kollision, muss wie bei jedem anderen Unfall reagiert werden: Warnblinker einschalten, Warnweste anziehen, Warndreieck aufstellen, gegebenenfalls Verletzte versorgen. Die Polizei muss auf jeden Fall verständigt werden." Macht man das nicht, macht man sich wegen Nichtmeldens eines Sachschadens strafbar und man bekommt auch keinen Schadenersatz durch die Versicherung. Was viele auch nicht wissen: Ein verunfalltes Wildtier darf nicht mitgenommen werden – weder zum Tierarzt, noch zur Polizei oder zum Jäger. Der Grund dafür liegt zum einen darin, dass das Tier beim Transport mehr leiden würde als in der gewohnten Umgebung. Zum anderen wird die Mitnahme eines Wildtieres behördlich als Wilderei gewertet. Für die ordnungsgemäße Entsorgung des Wildkörpers ist der Jäger zuständig. Wildbret von verunfallten Tieren darf nicht verwendet oder verkauft werden.

Wildwarngeräte als Diebstahlsgut

Um die Verkehrssicherheit zu erhöhen, wurden in den vergangenen Jahren im Bezirk Rohrbach zahlreiche Maßnahmen umgesetzt. "An der B127 und der B38 gibt es einige Wildzäune. Zudem wurden an einigen Straßen Wildwarngeräte aufgestellt – vom einfachen Reflektor bis zum High-Tech-Gerät", sagt der Bezirksjägermeister. Die örtliche Jägerschaft kümmert sich um die Wartung und Pflege der Geräte. Eisschiel warnt jedoch, sich nicht zu sehr in Sicherheit zu wiegen: "Die Wildwarngeräte wirken sehr gut beim normalen Wildwechsel. Sie halten die Tiere durch optische oder akustische Signale von den Straßen fern. Sind die Tiere aber aufgeschreckt, bringen auch diese Geräte nicht viel." Zudem kommt es laut Informationen des OÖ Landesjagdverbands immer wieder vor, dass die Geräte mutwillig zerstört werden. So sind etwa die in den Wildwarnern verbauten Kondensatoren bei Bastlern sehr begehrt. Durch den Diebstahl und die Beschädigung verlieren die Geräte jedoch ihre Wirkung, wodurch Menschen- und Tierleben gefährdet werden.

Wissenswertes

  • Als Wildunfall im Straßenverkehr werden Unfälle mit Tieren gewertet die bejagt werden dürfen. In die Statistiken nicht eingerechnet wird etwa das Überfahren von Haus- oder Nutztieren, also zum Beispiel Hühner, Katzen, Igel, manche Vogelarten oder auch Kühe oder Schafe.
  • Rund 80.000 bis 100.000 Wildtiere verunfallen pro Jahr auf Österreichs Straßen. Rund die Hälfte sind Rehe, gefolgt von Hasen. Häufig verunfallte Tiere sind zudem Fasane, Füchse, aber auch Marder, Dachse und Wildschweine.
  • Von Oktober bis Mitte November sind zahlreiche Frösche, Kröten & Co. unterwegs, um in ihre Winterquartiere zurückzukehren. In dieser Zeit queren sie viele Straßen, wo ihnen der Verkehrstod droht. Besonders häufig sind Amphibien dabei auf Straßen anzutreffen, die durch Wälder führen oder in der Nähe von stehenden Gewässern verlaufen. Der Naturschutzbund appelliert deshalb an alle Autofahrer, gerade an Regentagen langsam zu fahren und auf die Amphibien Rücksicht zu nehmen Amphibien-Sichtungen sollen zudem auf der App naturbeobachtung.at gemeldet werden, damit hilft man bei der Dokumentation der Wanderkorridore.

Tipps zum richtigen Fahrverhalten

  • Geschwindigkeit anpassen
  • Bremsbereit fahren
  • Besondere Aufmerksamkeit in der Dämmerung, im Wald und bei weitläufigen Feldern
  • Sicherheitsabstand zum vorderen Fahrzeug
  • Ist ein Tier sichtbar: bremsen, abblenden und mehrmals hupen
  • Ein Wildtier kommt selten allein – auf nachfolgende Tiere achten
  • Lenkrad nicht verreißen und bei Vollbremsung festhalten
  • Tiere kommen von beiden Seiten – 80 Prozent der Autolenker „scannen“ vorrangig den rechten Straßenrand

Verhalten nach einem Wildunfall

  • Unfallstelle absichern
  • Eventuell verletzte Personen erstversorgen
  • Sich dem Tier nicht nähern und nicht anfassen
  • Unfall unbedingt der Polizei melden, auch wenn das Tier „nur“ verletzt wird und flüchtet. Sonst gibt es keine Bescheinigung über den Unfall zur Schadensregulierung
  • Das verletzte oder tote Tier NICHT mitnehmen
  • Schaden bei der Versicherung melden
Werden im Herbst die Felder abgeerntet, verlieren die Tiere ihren sicheren, gewohnten Lebensraum und machen sich auf die Suche nach neuen Plätzen. Dabei queren sie auch oft Straßen. | Foto: panthermedia/stockwerk-fotodesign
Martin Eisschiel ist Bezirksjägermeister in Rohrbach. | Foto: OÖ Landesjagdverband
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