Widerstand gegen Wasserverkauf im Böhmerwald

Der Böhmerwald ist das wichtigste Wasser-Reservoir des Mühlviertels. Der Ausverkauf des Wassers soll verhindert werden. | Foto: Foto: Bayr
  • Der Böhmerwald ist das wichtigste Wasser-Reservoir des Mühlviertels. Der Ausverkauf des Wassers soll verhindert werden.
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ULRICHSBERG (bayr). Transparenz und Offenheit ist das, was der St. Petringer Josef Pühringer beim "Water of life"-Projekt vermisst. Er ist Mitstreiter der kürzlich gegründeten AG Böhmerwaldwasser. Vertreten sind darin zwölf besorgte Menschen aus der weiteren und näheren Umgebung Ulrichsbergs.

Offene Fragen klären

Wie die BezirksRundschau zu Jahresbeginn bereits berichtet hat, plant der Kirchdorfer Unternehmer Johannes Pfaffenhuemer ("Water of life"), in der Ortschaft Salnau Wasser aus dem Böhmerwald abzufüllen und zu verkaufen. Gegen diese Pläne tritt nun die AG auf. "Wir haben viele offene Fragen und wollen diese öffentlich geklärt haben, bevor dieses potenziell folgenschwere Projekt im Hintergrund durchgedrückt wird", sagt Pühringer. Die Gruppe hat einen Fragebogen entwickelt und an Pfaffenhuemer, den Bürgermeister sowie die Behörden verschickt. Die AG will wissen, welche Behörden mit dem Projekt betraut sind, ob die alten Genehmigungen des Bauer-Projektes (mehr dazu im Zur-Sache-Kasten unten) noch gelten.

Profitgier bedienen?

Wie weit geht die Bohrung unter das Flußbettniveau von Großer Mühl und Moldau? Welche maximale Wasserentnahme pro Minute lässt diese Tiefenbohrung zu und kann es Auswirkungen auf den Wasserhaushalt der umliegenden Quellen geben? "In Zeiten des sinkenden Grundwasserspiegels und immer häufiger auftretender Dürreperioden haben tiefliegende Grundwasserreserven große Bedeutung für zukünftige Generationen", sagen die Aktivisten. Sie befürchten, dass diese Reserven der Profitgier eines auswärtigen Unternehmers zum Opfer fallen.

Pure Geschäftemacherei?

Ähnlich sieht es auch die grüne Gesundheitssprecherin Landtagsabgeordnete Ulrike Schwarz. "Unser Wasser ist unser wertvollstes Gut, der Böhmerwald das wichtigste Wasser-Reservoir des Mühlviertels. Das gilt es in erster Linie zu schützen", sagt sie. "Es darf nicht zu Profitzwecken an private Investoren verkauft werden", stellt sie sich klar gegen das Geschäftemachen mit "unserem" Wasser. Geklärt haben möchte die AG auch, wem das Böhmerwaldtiefenwasser gehört, ob es in den letzten Jahren Quellen gab, die bereits versiegt sind und ob neue Quellen für die Fernwasserversorgung angezapft werden mussten.

Antworten bleiben offen

Konkrete Antworten auf derartige Fragen gibt es von Johannes Pfaffenhuemer nicht. Er kritisiert im Gegenzug einige Unwahrheiten, die in den Fragestellungen verbreitet wurden. Außerdem verweist er auf die Gemeinde. "Vier Fragen können nur auf Gemeindeebene beantwortet werden", sagt er. Der Betreiber betont: "Wir wollen Projekte für Menschen, nicht gegen Menschen machen." Zur aktuellen Widerstandswelle nimmt er erst wieder Stellung, wenn die Amtssachverständigen im Wasserrechtsverfahren ihre Stellungnahmen abgegeben haben. Bürgermeister Wilfried Kellermann sagt: "Im Zuge der damaligen Verfahren wurden unseres Wissens die Fragen von zuständigen Sachverständigen und Wissenschaftlern bereits intensiv geprüft."
Bürgermeister Wilfried Kellermann sagt: "Im Zuge der damaligen Verfahren wurden unseres Wissens die Fragen von zuständigen Sachverständigen und Wissenschaftlern bereits intensiv geprüft."

Im Verhältnis sehen

"Wir gehen davon aus, dass die Fragen von den Wasserrechtsbehörden im Zuge der notwendigen Verfahren entsprechend behandelt werden." Er meint weiter: "Eine Beeinträchtigung der oberflächlichen Quellen wäre auch für uns bedenklich, dies wurde aber schon damals ausgeschlossen." Zur Verhältnismäßigkeit erklärt er, dass die Fernwasserversorgung Mühlviertel allein bei der Quellfassung Moosau – einer von mehreren Quellen – 5.000 Kubikmeter pro Tag oder am Sulzberg 2.160 Kubikmeter aus dem Böhmerwald entnehmen darf. Bei "water of life" sei es ein Bruchteil dessen. "Wir möchten in einer Schicht 14.400 Liter Wasser abfüllen. Je nachdem, wie gut es sich verkaufen lässt, könnte man es auf drei Schichten am Tag – also maximal 43.200 Liter pro Tag – ausweiten", erklärt Pfaffenhuemer.
Er relativiert auch das befürchtete höhere Verkehrsaufkommen in Ulrichsberg durch den Abtransport: "Auf einen Lkw passen 30.000 Liter – das ist vorerst jeden zweiten Tag eine Fahrt."

Zur Sache:

• Vor 17 Jahren hat Adolf Bauer dieses Wasserabfüllprojekt geplant und letztlich nicht gestartet. Das will nun Pfaffenhuemer machen. Dafür hat er in der Ortschaft Salnau ein 7.832 Quadratmeter großes Grundstück von der Gemeinde gekauft, auf dem er die Abfüllanlage errichten will. Der Grundstückspreis von drei Euro erscheint den AG-Mitgliedern zu niedrig. Bürgermeister Kellermann meint dazu: "Wir haben uns an die damaligen Vorgaben (Grundpreis von damals mit Indexsteigerung) angeschlossen."
• Die genehmigte Abfüllmenge lag vor 17 Jahren bei 120.000 Liter Wasser pro Tag aus einer Tiefenbohrung.
• Die AG Böhmerwaldwasser ist eine Arbeitsgemeinschaft zum Schutz des Böhmerwaldwassers.
• Bei der Gemeinderatssitzung am Donnerstag, 1. März, stehen bauliche Widmungen auf der Tagesordnung. "Der Betreiber möchte das Wasser direkt bei der Quelle – unterirdisch – abfüllen, damit die bestmögliche Qualität erhalten bliebt", sagt Kellermann.

Zur Sache – der vollständige Fragenkatalog der AG Böhmerwaldwasser (Original):

• Welche Ämter und Behörden und welche Gesetze sind für dieses Vorhaben mit einer bereits erfolgten Tiefenbohrung von angeblich über 200 Meter Tiefe und einer geplanten und genehmigten? täglichen Wasserentnahme von bis zu 120 m3 zuständig und verantwortlich?
• Sind die erforderlichen gesetzlichen Genehmigungen für die Umsetzung dieses
Projektvorhabens bereits erteilt? Wenn ja, wann und von wem und mit welchen Auflagen? Und wo können diese wann eingesehen werden?
• Sind die ursprünglichen angeblichen Projektbewilligungen (damals für Hr. Bauer aus
Ulrichsberg) für eine Wasserentnahme aus der Tiefenbohrung von vor 17 Jahren heute noch gültig? Ist möglicherweise auch eine noch größere Wasserentnahme als 120 m3 pro Tag zu erwarten?
• Gibt es für dieses neue Projektvorhaben einer Wasserentnahme von täglich bis zu 120.000 Litern durch Hr. Dr. Johannes Pfaffenhuemer ("water-of-life") Parteienstellung von Anrainern, NGOs, Behörden oder anderen?
• Wie weit geht die Bohrung unter das Flußbettniveau der Großen Mühl in Ulrichsberg und unter das Niveau der Moldau auf tschechischer Seite?
• Welche maximale Wasserentnahme pro Minute lässt diese Tiefenbohrung zu und durch
welche Gutachten ist das festgestellt und können Auswirkungen auf den Wasserhaushalt
umliegender Quellen durch die Wasserentnahme aus dieser Tiefenbohrung ausgeschlossen werden?
• Ist der Böhmerwald eine unerschöpfliche Wasserreserve?
• Durch welche Studien, Untersuchungen oder Gutachten sind die Gerüchte in „Betreiber- und Befürworterkreisen“ von einem „riesigen und unerschöpflichen Grundwassersee unter dem Böhmerwald, der bis zum Ameisberg gehen soll…“ untermauert oder sind das doch nur Märchen und unwahre Behauptungen?
• Ist die geologische Erkenntnis, dass das Böhmerwaldwasser aus der Tiefe nur begrenzt in unterirdischen Klüften und Spalten vorkommt von Projektbetreiber und Behörden im
Genehmigungsprozedere mit seinen möglichen Auswirkungen auf den regionalen
Wasserhaushalt für die Trinkwasserversorgung entsprechend berücksichtigt?
• Wem gehört das Böhmerwaldtiefenwasser?
• Wie sieht die Sicherung unserer Trinkwasserversorgung in trockenen Sommern und in Zeiten der Dürre angesichts der bereits real auftretenden Auswirkungen des Klimawandels aus?
• War in heißen Sommern die Trinkwasserversorgung bereits im kritischen Bereich?
Sind Quellen in den letzten Jahren trockengelaufen oder auch zeitweise ausgetrocknet und ist das von den Behörden (wie lange zurück) dokumentiert?
Mussten in den letzten Jahren Quellen neu gefasst werden, um die Wasserversorgung in der Region bzw für die AbnehmerInnen des Fernwasserleitungsverbandes Mühlviertel zu
gewährleisten?
• Kann unsere Trinkwasserversorgung in Zukunft sichergestellt werden – auch wenn zu
erwarten ist, dass neue oder erweiterte Wirtschaftsbetriebe großen zusätzlichen
Wasserbedarf haben werden?
• Gefährden Tiefenbohrungen die vorhandene Trinkwasserversorgung?
• Kann ausgeschlossen werden, dass es Auswirkungen auf andere bereits erschlossene
Quellen der Umgebung gibt (im Umkreis von mehreren km)?
• Gefährden oder beeinflussen Tiefenbohrungen mit so großen Wasserentnahmen zusätzlich den Wasserhaushalt der Großen Mühl, wenn man weiß, dass der Pegelstand in den letzten Jahren beträchtlich gesunken ist?
• Wie hat sich der Wasserstand der Großen Mühl in den letzten Jahren entwickelt?
Welche technischen und wissenschaftlichen Gutachten gibt es über mögliche Auswirkungen dieses geplanten Projektes seit den Anfängen vor ca. 17 Jahren und jetzt zum neu geplanten Projektvorhaben?
• Können wir uns überhaupt leisten, Wasser zu verkaufen?
• Wer profitiert vom Wasserverkauf?
• Wie hoch wird die zusätzliche Verkehrs- und Lärmbelastung für Anrainer und Ulrichsberger BürgerInnen durch den Abtransport der geschöpften Wassermengen sein und welche negativen Folgewirkungen sind daraus zu erwarten bzw welche Gegenleistung haben die Anrainer? Durch welche Gutachten ist das dokumentiert und mit welchen Auflagen allenfalls geregelt?
• Wer sind die Verlierer, wenn es aufgrund des steigenden Wasserverbrauchs und der
zunehmenden Dürreperioden zu Engpässen in der Wasserversorgung weit außerhalb
Ulrichsbergs Gemeindegrenzen kommt (Fernwasserversorgungsverband mit dzt 36
belieferten Gemeinden im Mühlviertel, zusätzliche unzählige regionale und lokale Brunnen und Quellfassungen) kommt, wenn man in den kommenden Jahr(zehnten) mit weiterer verringerter Wasserspeicherkapazität gerechnet werden muss (verringerte Waldvitalität Kahlschläge von Dreisessel bis Plöckenstein in den letzten Jahren u weiteres konstatiertes Fichtensterben in weiten Teilen des Böhmerwaldes)?
• Ist es zukunftsorientiert, vorausschauend und verantwortungsvoll, wenn die Gemeinde
Ulrichsberg den Ausverkauf des Böhmerwaldwassers fördert und vorantreibt und dies mit einer Grundsatzzustimmung ohne vorausgehender öffentlicher Diskussion beschließt?
• Welchen Gewinn verspricht sich die Gemeinde aus dem Wasserverkauf dieses Projektes
(von täglich bis zu 120.000 Liter) wenn der Projektbetreiber ("water of life") „sein“ Wasser lt. Homepage derzeit um 1,26 Euro bis 2,59 je Euro pro Liter! verkauft?
• Wie viele regionale Arbeitsplätze sichert das Projekt auf welche Zeit tatsächlich?
Für das geplante Projektvorhaben sind offensichtlich auch Grundstücks- und
Parzellenumwidmungen und -verkauf notwendig. Ein kolportierter Grundstückspreis von 3 Euro je m2 Gemeindegrund an den Projektbetreiber scheint da deutlich unter dem üblichen regionalen Marktwert zu liegen. Macht die Gemeinde Ulrichsberg da Gefälligkeitspreise und ist das im Sinne einer wirtschaftlichen Gemeindeverwaltung und üblichen Geschäftsgebarung öffentlichen Gutes?
• Wann kommen die nächsten Investoren und bohren in die Tiefe des Urgesteins, um unser Böhmerwaldwasser zu übernehmen und zu Geld zu machen, dessen Wertschöpfung nicht den Betroffenen (und möglicherweise Leidtragenden) in der Region bleibt?

Zur Sache – Water of life:

Johannes Pfaffenhuemers Thema Nummer eins als Unternehmer ist die Erhaltung der Gesundheit. Seit mehr als 25 Jahren beschäftigt er sich als Präventologe mit Qualitätswasser. Er hält Wasservorträge mit Wasserverkostungen zwischen Wien, Berlin und Zürich. "In den letzten Jahren habe ich in Österreich den Markt für die St. Leonhardsquelle aufgebaut. Dieses Qualitätswasser mit höchster Zellverfügbarkeit ist in der deutschen Heilpraktiker und Bio-Szene das Trinkwasser Nummer eins", sagt er.

• Eine Mission des Unternehmers ist auch, weltweit den Menschen Zugang zu sauberem Trinkwasser zu bieten. "Water of life" unterstützt dabei den Bau von Brunnen in Afrika.

Halber Lkw pro Tag

Zur aktuellen Widerstandswelle in Ulrichsberg nimmt er erst wieder Stellung, wenn die Amtssachverständigen im Wasserrechtsverfahren ihre Stellungnahmen abgegeben haben. "Alle Fragen, die vom Arbeitskreis gestellt werden beruhen auf gesetzlichen Vorschriften", sagt Pfaffenhuemer.

43.000 Liter pro Tag

Er kritisiert im Gegenzug einige Unwahrheiten, die in den Fragestellungen verbreitet wurden. "Wir planen pro Tag 43.000 Liter Wasser abzufüllen – in drei Schichten, das sind 14.500 Liter pro Schicht. Auf einen Lkw passen 30.000 Liter. Alle zwei Tage wird daher ein Lkw von Ulrichsberg wegfahren", sagt er im Bezug auf das befürchtete, hohe Verkehrsaufkommen. Im Bezug auf die Verhältnismäßigkeit meint er: "Aus dem Böhmerwald werden 2,7 Millarden Liter jährlich aus drei Quellen über das Fernwassernetz nach Linz geliefert. Das ist ein Vierfaches dessen, was die Österreicher und Österreicherinnen insgesamt pro Jahr aus Wasserflaschen trinken." Er gibt zu bedenken, dass im Böhmerwald genug Wasser vorhanden sei, überschüssiges rinne bis ins Schwarze Meer. "So gesehen dürfte auch die Schlägler Brauerei kein Bier exportieren", sagt er im Hinblick darauf, dass Bier zu einem Großteil aus Wasser besteht.

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