Corona-Krise im Bordell
Wiens Sexarbeiterinnen fordern Gleichstellung bei Covid-Maßnahmen
Wann Sexarbeiterinnen wieder arbeiten dürfen, ist völlig unklar. Die Berufsvertretung der Sexarbeiterinnen und die Beratungsstelle Sophie fordern während Corona eine rechtliche Gleichstellung mit Friseuren und Masseuren und bitten um Spenden für betroffene Frauen.
RUDOLFSHEIM-FÜNFHAUS. Sexarbeiterinnen und Sexarbeiter sind meistens als neue Selbstständige tätig und haben keinen Anspruch auf einen Umsatz-Ersatz im Lockdown. Und dennoch müssen sie sich an die geltenden Maßnahmen zur Eindämmung der Covid19-Pandemie halten. Für viele, vor allem Frauen, verschärft das zur Zeit massive existenzielle Probleme.
Der Großteil der Sexarbeiterinnen kommt aus Ländern wie Rumänien, Bulgarien, Ungarn oder der Türkei. Viele sind alleinerziehende Mütter, bringen Schulden aus dem ersten Lockdown oder von der Zeit davor mit, andere sind obdachlos. "Diese Menschen fallen oft durch die Maschen des staatlichen Hilfssystems durch und können es sich nicht leisten, über lange Zeitperioden hinweg nicht zu arbeiten, wenn dies verboten ist", erklärt die BSÖ (Berufsvertretung für Sexarbeitende) in einer Aussendung.
Empört zeigt sich die BSÖ vor allem darüber, dass in den Covid-Richtlinien für Freizeiteinrichtungen "Einrichtungen zur Ausübung der Prostitution" ausgenommen sind. Das bedeute auch, dass es für sie keinen Lockdown-Umsatzersatz von 80 Prozent geben wird. Das will man so nicht akzeptieren und den Umsatzentfall nun einklagen.
Forderung nach Gleichstellung mit körpernahen Berufen
Außerdem startet die Berufsvertretung der Sexarbeiterinnen eine Spendenaktion unter dem Titel "Sex im Notstand - Spenden ist sexy" und fordert gleichzeitig, dass Prostitution rechtlich bei allen Maßnahmen gleichgestellt wird mit anderen körpernahen Berufen, wie etwa Friseuren oder Masseuren. "Wir verstehen, dass Maßnahmen gesetzt werden, wollen aber keine Sonderregelung für Sexarbeiterinnen", so Eva van Rahden vom "Sophie" Beratungszentrum in der Oelweingasse in Rudolfsheim-Fünfhaus.
Sie und ihre Mitarbeiterinnen bieten auch Beratung und Unterstützung für jene Frauen an, die momentan kein Einkommen haben und auch keine Unterstützungsleistungen vom Staat bekommen. Van Rahden weist auch darauf hin, dass es in der Prostitution in Wien bisher keine Corona-Cluster gegeben habe und in den Bordellen der Stadt Hygienemaßnahmen eingehalten würden und Sicherheitskonzepte vorhanden seien.
Spenden für Sexarbeiterinnen willkommen
"Bei vielen Frauen ist die Verzweiflung noch größer als im ersten Lockdown", erklärt die Abteilungsleiterin des Beratungszentrums für Sexarbeiterinnen. Sie hätten in der Zeit des ersten Lockdowns Schulden angehäuft und wüssten nun nicht, wann sie wieder Geld verdienen dürfen. "Wir finden es wichtig, dass für die Frauen Klarheit besteht", so van Rahden. Bereits im sanften Lockdown habe es Unsicherheiten und unterschiedliche Informationen dazu gegeben, ob Hausbesuche gestattet seien. Und jetzt würden die Frauen darauf warten müssen, dass sie überhaupt wieder Geld verdienen dürfen. Rechtsverbindliche Regelungen würden fehlen.
Außerdem, so die Expertin, sei abzusehen, dass viele der Frauen in den kommenden Monaten in wirtschaftliche Schwierigkeiten kommen würden. "Frauen erzählen uns jetzt schon, dass manche ihrer Kunden, die früher eine Stunde bei ihnen gebucht haben, jetzt nur mehr eine halbe Stunde buchen oder gar nicht mehr kommen."
Um den Sexarbeiterinnen zumindest kurzfristig über die Zeit des harten Lockdowns helfen zu können, bittet der Verein Sophie nun um Spenden. Das habe man bereits im ersten Lockdown erfolgreich so gehandhabt. Damals kamen über private Spenden rund 20.000 Euro für die Frauen zusammen, die dann in Form von Supermarkt-Gutscheinen an diese weitergegeben wurden.
Wer spenden möchte, kann das über das Spendenkonto der Volkshilfe Wien unter dem Kennwort: SOPHIE machen. IBAN: AT05 2011 1800 8048 0000, BIC: GIBAATWW.
Tag der offenen Tür der Sexarbeit
Anlässlich des internationalen Tages gegen Gewalt gegen Sexarbeiterinnen lädt das Beratungszentrum zum virtuellen Tag der offenen Türe. Dieser findet am 17. Dezember von 14 bis 16 Uhr via Zoom statt. Das Team von Sophie gibt Einblick in die Arbeit im Beratungszentrum. Im Chat besteht die Möglichkeit Fragen zu stellen. Um eine Anmeldung bis 10. Dezember unter Tel. 01/897 55 36 oder sophie@volkshilfe-wien.at wird gebeten.
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