Inklusion im Jahr 2022
So barrierefrei ist die Salzburger Innenstadt
„Für meine Begriffe hat sich in Salzburg in Sachen Barrierefreiheit zu wenig getan", so Monika Schmerold, Sachverständige für barrierefreies Bauen in Salzburg. Um als Weltstadt mithalten zu können, müsse sich in Salzburg noch viel tun.
SALZBURG. Gemeinsam mit Monika Schmerold, Sachverständige für barrierefreies Bauen, haben wir die Stadt Salzburg auch im Jahr 2022 auf Barrierefreiheit getestet. Fazit: In Salzburg ist noch viel zu tun.
Was sich seit 2015 getan hat
Schon 2015 machte sich MeinBezirk.at-Redakteurin Lisa Gold mit Monika Schmerold auf den Weg, um die Stadt Salzburg auf Barrierefreiheit zu testen. Das Ende der Übergangsfrist zur Herstellung von Barrierefreiheit war schon mit Ende 2015. Man wollte sehen, was sich schon getan hatte. "Man ist auf einem guten Weg", sagte Schmerold damals.
"Barrierefreiheit heißt für mich, dass jeder überall mitmachen kann ohne Einschränkung, so wie es im Gesetz steht."
-Monika Schmerold, Obfrau Verein "knack:punkt"
Wir wiederholen den Test im Jahr 2022. Dieses Mal machen wir uns auf den Weg zu wichtigen Sehenswürdigkeiten in der Stadt. Schmerold im Jahr 2022 ist weniger positiv. Zu wenig habe sich seit 2015 in Sachen Barrierefreiheit in Salzburg getan.
"Mit 2016 haben wir in der Szene gehofft, dass wir Barrierefreiheit vorfinden, aber wir sind enttäuscht worden. Inzwischen ist es wieder total eingeschlafen", erzählt Schmerold. Wenn etwas vorangehe, dann geschehe das meistens auf Eigeninitiative von Privatpersonen oder von jemandem vom Verein "knack:punkt".
Ein Stadt-Spaziergang einmal anders
Unser Spaziergang zu den Sehenswürdigkeiten der Stadt Salzburg führt uns vom Schloss Mirabell, über den Marko Feingold-Steg in die Getreidegasse. Danach geht es über den Festspielbezirk mit dem Bus nach Hellbrunn.
Ohne ihre Assistentin sei es für Monika Schmerold kaum möglich, einen klassischen Tag "Touristen-Tag" in der Stadt im Rollstuhl zu verbringen. "Ohne meine Assistentin geh ich nicht in die Stadt. Das ist aber Luxus für mich. Wir haben sehr viele Leute in Salzburg, die keine Assistenz bezahlt bekommen", sagt Monika Schmerold.
Vom Mirabellplatz in die Getreidegasse
Unser Spaziergang startet im Schloss Mirabell. Derzeit wird das Schloss als Verwaltungsgebäude genutzt. Da das Gebäude nur einen Aufzug vorweise und nicht alle Räume barrierefrei erreichbar seien, sei das Schloss für Schmerold Verwaltungsgebäude nicht geeignet. "Ich würde eher ein Museum daraus machen", so die Sachverständige für Barrierefreiheit. Etwas Positives findet sich im Schloss Mirabell aber auch: Die Treppen wurden zu Marmor-Rampen abgeflacht. Für Schmerold eine gute Lösung, Altes mit Neuem zu verbinden.
Über Schotterwege im Mirabellgarten und überfüllte Gehsteige führt uns unser Weg am Landestheater vorbei, über den Marko Feingold-Steg zur Bushaltestation "Ferdinand-Hanusch-Platz". Das erste Mal, dass uns eine öffentliche Toilette ins Auge sticht. Diese sind laut Schmerold in Salzburg Mangelware: Öffentliche Toiletten seien zu wenig gestreut für Menschen, die auf ein barrierefreies WC angewiesen sind. "Man muss die Stadt wirklich gut kennen, damit man weiß, welche Anlaufstellen es gibt. Öffentliche barrierefreie WCs gibt es viel zu wenig. Für Touristen ist das total schwierig", sagt die Rollstuhlnutzerin.
Vor jedem Ausflug und jedem Restaurantbesuch müsse Schmerold im Vorhinein recherchieren, ob es in der Nähe öffentliche Toiletten gäbe. "Wenn man außer Haus geht und man muss sich das Trinken einteilen, weil man weiß da gibt es kein WC, ist das schon sehr unangenehm", erzählt Schmerold. Auch die wenigsten Lokale in Salzburg hätten eine barrierefreies WC. "Wenn es keine Toilette im Lokal gibt, bestell ich nichts zu trinken, das weiß ich schon im Vorhinein", so Schmerold.
Ankommen in der Getreidegasse
Weiter geht die "Sightseeing-Tour" über die Griesgasse in die Getreidegasse. Was gleich auffällt: Durch viele Stufen in die Altstadtgeschäfte ist es für Schmerold mit Rollstuhl überhaupt nicht möglich, in die Geschäfte zu kommen. Oft gebe es zwar Rampen, immer nachzufragen sei aber mit der Zeit ermüdend. "Man ist es echt leid als Rollstuhlnutzerin jedes mal nachzufragen: 'Haben Sie eine Rampe?'", sagt Schmerold. Sinnvoll wäre es, die Stufen abzuflachen. Auch ein Piktogramm an die Tür zu geben, ob es im Geschäft eine Rampe gibt, wäre eine große Erleichterung für sie.
Beim Umbau müsse die öffentliche Hand Unternehmen besser unter die Arme greifen. Auch die Wirtschaftskammer sei gefordert, mehr Aufklärung zum Thema Barrierefreiheit zu leisten.„Nicht jedes kleine Geschäft kann sich einen Umbau oder eine Beratung leisten“, so
Schmerold.
"Ich will dann ins Geschäft, wenn ich es will, und will mir nicht noch jemanden suchen, der mich trägt. Man muss massives Vertrauen zu jemanden haben, wenn man sich von jemanden tragen lässt. Ich würde mich nie von jemandem Fremden tragen lassen."
- Monika Schmerold, Verein knack:punkt
Zudem würden viele Geschäfte in Salzburg übersehen, dass in Barrierefreiheit auch Kaufkraft liege und man damit mehr potenzielle Kunden erreiche.
Von der Getreidegasse ins Schloss Hellbrunn
Als nächstes machen wir uns auf den Weg über den Festspielbezirk zur Bushaltestelle nach Hellbrunn. Belastend ist für die Rollstuhlnutzerin auf dem Weg das Kopfsteinpflaster. „Es tut weh beim Darüberfahren. Jeder Schlag geht auf den Rücken, auf den ganzen Körper", so Schmerold. Abhilfe könnten "berollbare Streifen" schaffen, also einzelne Streifen auf den Gehwegen, die statt aus Kopfsteinpflaster wie Straßen asphaltiert sind. Auch Rollatornutzerinnen- und nutzern und Menschen mit Kinderwägen würde diese Streifen zu Gute kommen.
Beim Justizgebäude steigen wir in den Bus ein. War Schmerold im Jahr 2015 noch kritisch, was die Barrierefrei der O-Busse anging, so ist sie heute positiv gestimmt. Die Busse seien barrierefrei und die Busfahrer gut geschult. Die Salzburg AG reagiere immer offen auf Kritik.
Unser Spaziergang endet im Schloss Hellbrunn. Auch hier sei noch viel zu tun. Die Schotterwege seien unangenehm, ein Besuch des Schlosses mit Rollstuhl kaum möglich. Beim letzten Besuch musste sie die Stiege hinaufgetragen werden. "Alte Bauten müssen der neuen Zeit angepasst werden", ist Schmerold überzeugt.
"Die Stadt muss leben und auch mit der Zeit gehen."
Am Ende des Spaziergangs zieht Schmerold ein Fazit: Vor allem für Touristinnen und Touristinnen werfe die fehlende Barrierefreiheit kein gutes Bild auf die Stadt Salzburg. „Touristinnen und Touristen kommen oft aus Ländern, wo sie viel mehr Barrierefreiheit gewohnt sind. Man könnte noch viel mehr tun, es könnte schneller gehen. Wir brauchen das dringend, um als Weltstadt mithalten zu können", ist sich Schmerold sicher.
"Von Barrierefreiheit profitieren eigentlich alle. Wir haben die, die es unbedingt brauchen, mit Rollstuhl zum Beispiel. Die für die es bequemer ist, zum Beispiel für Menschen mit Lungenerkrankungen, die lieber über Rampen gehen. Wir haben Kinderwägen, Koffer und für alle anderen ist es bequem. Wer zum Beispiel fährt nicht gerne mit dem Aufzug?"
- Monika Schmerold, Verein knack:punkt
Barrierefreie Wege seien für mehr Menschen von Bedeutung als man im Vorhinein annehme. "Es wird geglaubt, das betrifft nur wenige, das zahlt sich gar nicht aus. Die WHO geht aber von 15-20 Prozent der Bevölkerung aus", so Schmerold. Der Altstadtschutz sei zwar streng, aber es gäbe immer wieder gute Kompromisse. "Es muss nicht immer alles perfekt sein", sagt Schmerold.
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