Kassenfusion und Zentralisierung: Zwei-Klassen-Medizin droht
34 Einrichtungen und Unternehmen unterstützen die Salzburger Deklaration, die sich gegen eine Zusammenlegung der Kassen ausspricht. Die Einführung einer zentralen Krankenkasse hätte weitreichende Folgen für jeden. Den hohen Geldverlust würden die Salzburger tragen.
SALZBURG (sm). Die Bundesregierung verfolgt den Plan, die neun Gebietskrankenkassen zu einer einheitlichen, mit Sitz in Wien zusammenzulegen. Als Gegenoffensive wurde die Salzburger Deklaration ins Leben gerufen, die von den neun Gebietskrankenkassen und den neun Ärztekammern unterzeichnet wurden.
Die Liste der Unterstützer enthält 34 Organisationen, Verbände und Institutionen, die vom Gesundheitswesen, Wirtschaft, Sozialwesen bis in die Politik reichen, Tendenz steigend. "Nicht die Struktur der Krankenversicherung ist das Problem, wir reformieren ständig, jeden Monat - was wir aber nicht brauchen, ist eine Reformation, die alles über Bord wirft", zeigt sich Andreas Huss von der Salzburger Gebietskrankenkasse besorgt.
Hoher Geldverlust durch Zentralisierung
Eine Zentralisierung bedeutet einen Verlust von 30 Millionen Euro jährlich für die Salzburger Gebietskrankenkasse. 100 Millionen Euro an Rücklagen sollen sofort abgezogen werden.
Der Unterstützerfond der mit jährlich 1,5 Millionen Euro für die Bürger mit finanziellen Belastungen im Zusammenhang mit einer Krankheit oder medizinischen Behandlungen bereitstehe, würde ebenfalls gestrichen werden.
"Durch die Zentralisierung wird im System jede Menge Geld fehlen. Man kann rechnen wie man will, es wird weniger Geld herauskommen", so Huss von der SGKK
Wirtschaftliche Einbußen in Salzburg
Durch den Zentralen Einkauf fällt der wirtschaftliche Faktor der Region weg, was einen regionalen Verlust von 25 Millionen Euro bedeuten würde. Eine zentrale Entscheidung hätte nicht nur für den Patienten Auswirkungen, sondern auch für die Sanitätshäuser vor Ort.
"In Salzburg haben wir mehr Aufwand durch die Topografie, längere Wege, Mautgebühren, teurere Mieten. Versorgungen müssen patientengerecht erbracht werden und da ist es absolut notwendig die Entscheidung Vorort treffen zu können", weiß Udo Lambert von Sanitätshaus Lambert um die geografische Besonderheit von Salzburg - wo man schon mal einen elektrischen Rollstuhl braucht, um den Hügel oder den Berg hochzukommen. "Ich bin davon überzeugt, dass eine Zentrale nicht weiß, wo der Schuh drückt - das kann man nur vor Ort", sagt Johann Ebner, von der Selbsthilfe Salzburg über eine optimale Gesundheitsvorsorge.
3 Gründe für eine regionale Entscheidungsfreiheit
1.) Die Nähe zum Bürger bietet eine optimale Organisation der Versorgung. Auf Probleme kann man gezielter und schneller reagieren.
2.) Das eingezahlte Geld bleibt vor Ort und kommt den Salzburgern wieder zu Gute. Zentralisierung hieße, dass nach einem einheitlichen Schlüssel in ganz Österreich verteilt würde, was einen finanziellen Verlust bedeutet.
3.) Die Erhaltung der Arbeitsplätze.
"Im Sinne der Subsidiarität ist es vernünftig, Entscheidungen in der Gesundheitsversorgung dort zu treffen, wo die Sachkenntnis vorhanden ist. Wir (Anm. d. Red.: Salzburger Deklaration) wollen durch Sachargumente überzeugen. Nachdenken hilft und das wäre in diesem Fall auch gut", äußert sich Karl Forstner von der Ärztekammer Salzburg über die geplante Kassenzusammenlegung.
Zentralisierung streicht Projekte
Margret Kaltenbrunner von pro mente Salzburg setzt sich mit der Kinderseelenhilfe für Kinder mit psychischen Beeinträchtigungen und Erkrankungen ein. Das Projekt startete 2004 in den Gebieten außerhalb der Stadt Salzburg, wo es kaum bis gar keine Versorgungsstrukturen gab. "Wir kämpfen schwer um die Versorgung dieser Zielgruppe", sagt Kaltenbrunner. Mittlerweile ist die Kinderseelenhilfe erfolgreich im Lungau, Pinzgau, Pongau und Tennengau - solche Projekte wird es wahrscheinlich nicht mehr geben, wenn die Zentralisierung in Wien erfolgt.
Salzburger Deklaration
Die Salzburger Deklaration wurde Ende März 2018 beschlossen und lehnt eine zentralistische Struktur auf Bundesebene ab. Zahlreiche Einrichtungen und Unternehmen haben sich der Deklaration angeschlossen. Darunter die Arbeiterkammer Salzburg, Akzente, Medisan, ÖGB Salzburg, Pensionistenverband, Salzburger Armutskonferenz, Salzburger Wirtschaftsverband, Sanitätshäuser, SPÖ, Verein Spektrum.
Die Salzburger Deklaration spricht sich für eine regionale Gesundheitsversorgung aus, die sich an den Menschen orientiert und möglichst wohnortnah sein soll.
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