GR-Wahl: Analyse der Wahlprogramme
Scientists for Future fordern konkrete Schritte

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In einer Analyse der Wahlprogramme der politischen Parteien der Stadt Salzburg zur Gemeinderatswahl am 10. März 2024 hat der Transformations- und Nachhaltigkeitsexperte Hans Holzinger als Mitglied von Scientists for Future Salzburg erhoben, wie häufig relevante Schlüsselbegriffe im Kontext von Klima und Nachhaltigkeit vorkommen. Zudem beschreibt er die zentralen Argumentationsweisen und Schwerpunktsetzungen der Parteien auf der Basis von Vorschlägen aus den Parteiprogrammen zu den Bereichen Klima, Verkehr, Energie, Ernährung & Ressourcen sowie Wohnen. Analysiert werden die Programme von ÖVP, SPÖ, Bürgerliste, KPÖ+ und NEOS. Von der FPÖ liegt kein Parteiprogramm vor. Die Liste Ferch/Salz wurde aufgenommen, beschränkt sich aber auf ganz wenige Forderungen.

Klima ist Thema, aber in unterschiedlicher Akzentuierung

Der Begriff „Klima“ kommt mit 38 Nennungen im Wahlprogramm der SPÖ am häufigsten vor, gefolgt von der Bürgerliste mit 29 Nennungen, deutlich dahinter die KPÖ+ mit 8 Nennungen, die ÖVP mit zwei Nennungen – dafür wird bei der ÖVP 11 Mal der Begriff „Nachhaltig“ verwendet, bei der Bürgerliste 10 Mal. Im deutlich kürzeren Programm der NEOS wird „Klima“ einmal genannt, „Nachhaltig“ zwei Mal. Der Schwerpunkt aller Programme liegt auf dem Verkehr, was auch die Zahl der Nennungen anbelangt: „Öffentlicher Verkehr, tlw. auch „Öffis“ genannt, kommt bei der SPÖ 27 Mal, bei der Bürgerliste 21 Mal, der KPÖ+ 12 Mal und bei der ÖVP 9 Mal vor. Beim „Rad“ liegt die Bürgerliste mit 47 Nennungen voran, gefolgt von der SPÖ und KPÖ+ mit je 20 und der ÖVP mit 19 Nennungen. Der „Bus“ wird bei der SPÖ 29 Mal, bei der Bürgerliste 17 Mal, bei der KPÖ+ 16 Mal und bei der ÖVP 10 Mal genannt. Die „Fußgänger“ liegen wieder bei der Bürgerliste mit 12 Nennungen vor 6 Nennungen bei der ÖVP und SPÖ sowie 3 Nennungen bei der KPÖ+ voran. „Autofrei“ kommt im Bürgerliste-Programm 5 Mal, im SPÖ-Programm 3 Mal vor. Im deutlich kürzeren NEOS-Programm kommt der Öffentliche Verkehr dreimal und E-Mobilität einmal vor. Letztere wird auch von ÖVP, SPÖ und Bürgerliste genannt.

Verkehr und Wohnen sind zentrale Themen, Energie und Ernährung werden bedingt angesprochen

Weniger umfangreich wird auf das Thema Energie eingegangen. „Erneuerbare Energie“ wird bei SPÖ und Bürgerliste je 3 Mal und bei der KPÖ 2 Mal erwähnt. Randthemen sind auch Ernährung und Ressourcen. Die ÖVP verweist auf die Stadtbauern und – sowie die KPÖ+ – auf Tierschutz. „Bio“ kommt bei der Bürgerliste 2 Mal und bei der KPÖ+ einmal vor. „Reparieren“ wird bei der Bürgerliste 4 Mal, bei der KPÖ einmal erwähnt. Die Bürgerliste verwendet auch drei Mal den Begriff „Kreislaufwirtschaft“. Wiederum breiten Raum in den Programmen nimmt das Wohnen ein, das hier v. a. im Kontext von Klimagerechtigkeit sowie dem Umgang mit Boden analysiert wurde. „Leistbares Wohnen“ kommt bei der KPÖ+ 9 Mal vor, gefolgt von der ÖVP und Bürgerliste mit 4 Mal, der SPÖ mit 3 Mal und den NEOS mit 2 Mal. „Neue Wohnformen“ werden bei der SPÖ, der Bürgerliste und der KPÖ+ angesprochen, der Begriff „Wohnqualität“ kommt außer bei den NEOS bei allen Parteien einmal vor.

Unterschiedliche Argumentationsweisen: „Vom Fließen des Verkehrs“ bis hin zur „Erhöhung der Lebensqualität“

Holzinger verweist darauf, dass die Häufigkeit der Nennung von Begriffen noch keine qualitativen Aussagen zulasse, aber durchaus Trends über Schwerpunktsetzungen der Parteien aufzeige. Er erkennt auch unterschiedliche Argumentationsweisen. Die ÖVP, bei der der Begriff „Klima“ nur zweimal vorkommt, setzt auf neue Technologien und „Hausverstand“, „Selbstbeschränkung und Selbstgeißelung“ werden abgelehnt. Der Verkehr soll wieder zum „Fließen“ gebracht werden, ein Miteinander aller Verkehrsträger steht im Mittelpunkt. Erwähnt werden auch Ausbauprojekte im Straßenverkehr wie Kreisverkehre oder der Autobahnanschluss Hagenau.

Bei der SPÖ wird Klimaschutz insbesondere mit sozialer Gerechtigkeit und Verbesserung der Luft- und Lebensqualität in benachteiligten Stadtteilen verbunden, Stadtbegrünung müsse forciert werden, um der Klimaerhitzung entgegenzuwirken. Gefordert wird eine „Klimastabstelle“. Neben Erneuerbaren Energien wird ein Fernkältesystem als Alternative zu Klimaanlagen vorgeschlagen.

Bei der Bürgerliste trägt bereits Kapitel 1 den Begriff „klimafitte Stadt“ im Titel. Um ein „klimaneutrales Salzburg 2040“ zu erreichen, müssten wir „vom Reden ins Tun kommen“. Vorgeschlagen wird ein „Zukunftsressort“, das sich „gebündelt um die wichtigen Themen Klima-, Umwelt- und Naturschutz“ kümmert. Beim Verkehr wird als Ziel genannt, dass die Menschen „ihre täglichen Wege mühelos ohne Auto zurücklegen können“. Eine Attraktivierung des öffentlichen Raums ist ein zentrales Thema – Motto: „Mehr Platz für Menschen“.

Bei der KPÖ+, die „Klima“ in einer Kapitelüberschrift erwähnt, wird Klimapolitik mehrmals im Zusammenhang mit Wohnqualität, dem zentralen Thema der KPÖ+, angeführt. Die Stadt müsse Hitzeinseln vorbeugen und die Lebensqualität der Menschen in benachteiligten Gebieten erhöhen. Neu ist der Vorschlag einer Nahverkehrsabgabe für Unternehmen, mit der der ÖV-Ausbau finanziert werden soll – ein Modell, das in Frankreich umgesetzt wird. Auch die Verkehrswende wird vor allem mit der Erhöhung der Lebensqualität und der Verringerung der Staus argumentiert.

Bei den NEOS kommt „Klima“ nur einmal vor, „nachhaltig“ zwei Mal im Kontext von Tourismus. Die Schwerpunkte liegen auf mehr Attraktivität der Stadt für junge Menschen und Unternehmen, einem verbesserten Verkehr sowie der Begrenzung des Massentourismus. Hierfür werden Abgaben für Tagesreisebusse in Höhe von 750 Euro vorgeschlagen, die zu zwei Drittel als Altstadtgutscheine wieder eingelöst werden können sollen, der Rest soll für die Finanzierung der Messebahn verwendet werden.

Die Liste SALZ/Ferch listet auf der Homepage einige Forderungen auf. Klimaschutz ist dabei kein Thema. Der S-Link wird mit Verweis auf die zu hohen Kosten abgelehnt. Gegen den S-Link ist wie bereits bekannt auch die SPÖ, die die mehrheitliche Ablehnung bei der Bürgerbefragung erst genommen sehen will. Die übrigen Parteien befürworten den S-Link, bei Bürgerliste und KPÖ+ jedoch junktimiert mit der gesicherten Umsetzung des Gesamtprojekts und von verbindlichen verkehrsberuhigenden Maßnahmen. Die NEOS fordern die Abgeltung der Einbußen für Unternehmen an der Baustelle durch die Stadt.

Klimaneutralität 2024 wichtig, aber Schritte müssen jetzt gesetzt werden

Holzinger ortet auch Gemeinsamkeiten in den Programmen. Einig sei man sich weitgehend, dass im Bereich Leerstandsverwendung und Nachverdichtung beim Bauen mehr geschehen müsse. Auch der Ausbau des ÖV, der Radinfrastruktur sowie von Park&Rideplätzen wird von allen analysierten Parteien befürwortet. Unterschiede gibt es im Detail: ÖVP und SPÖ finden beispielsweise das Radbudget von derzeit 2 Mio. Euro ausreichend, die KPÖ+ fordert eine Verdoppelung, die Bürgerliste eine Aufstockung auf 5 Mio. Euro. Die Bürgerliste und die KPÖ+ wollen den Radverkehrsanteil bis zum Ende der nächsten Funktionsperiode auf 30 Prozent erhöhen, die SPÖ auf 26 Prozent steigern, die NEOS fordern schlicht einen „steigenden Anteil“. Die ÖVP hält hingegen an dem in der Radverkehrsstrategie formulierten Ziel von mindestens 24 Prozent fest. SPÖ und Bürgerliste erwähnen explizit, dass die Gewinne der Parkgaragengesellschaft für den Ausbau des Umweltverbundes verwendet werden sollen. Die wirtschaftliche Bedeutung des Flughafens wird von ÖVP und SPÖ betont, die Bürgerliste ist gegen eine neue Kurzstreckenverbindung Wien-Salzburg, die KPÖ+ für den Rückbau der Privatjets. Im Bereich Erneuerbare Energie wird von der Bürgerliste am aktivsten eine verstärkte Rolle der Stadt eingefordert.

Die abschließende Einschätzung des Experten

 „Maßnahmen wie der Austausch der verbliebenen Ölheizungen sowie der Ausbau der Fotovoltaik und der ökologischen Fernwärme sind wohl ebenso zu erreichen wie die Forcierung der Wärmedämmung. Die größte Herausforderung in der Stadt Salzburg – zusammenhängend mit dem ganzen Zentralraum – liegt beim Verkehr.“ Ohne drastische Maßnahmen, den Individualverkehr von der Straße auf den ÖV- und Radverkehrsanteil zu bringen, werde es nicht möglich sein, den Weg Richtung Klimaneutralität einzuschlagen. „Stau lässt sich am besten lösen, indem weniger Autos unterwegs sind“, so Holzinger. Der Anteil der mit dem Fahrrad zurückgelegten Strecken müsse wie in vergleichbaren Städten, etwa Groningen, von derzeit gut 20 Prozent auf 40 bis 50 Prozent erhöht werden.

Der Umstieg auf den Öffentlichen Verkehr werde durch verbesserte Angebote ergänzt um attraktive Tickets – die Klimatickets machen es vor – vorangetrieben. Das allein werde aber ebenfalls nicht reichen. „Es muss unbequemer werden, mit dem Auto in die und in der Stadt zu fahren.“ E-Mobilität werde einen Beitrag leisten, es sei aber nicht zu erwarten, dass damit (allein) das Ziel der Klimaneutralität des Verkehrs erreicht werden kann. Zudem würden E-Autos nicht das virulente Platzproblem lösen. Begriffe wie das „Fließen des Verkehrs“ sowie ein „gleichberechtigtes Nebeneinander aller Verkehrsträger“ übersehen, so Holzinger weiter, dass die Zurückdrängung des Autos in der Stadt nur mit der Reduzierung der dafür ausgewiesenen Flächen erreichbar ist. Und von Flächengerechtigkeit könne derzeit ohnedies keine Rede sein.

„Das Ziel der Klimaneutralität der Stadt Salzburg bis 2040 ist wichtig, für die Politik ist dies jedoch eine lange Frist,“ so Holzinger. Sinnvoll wären Zwischenziele und entscheidend seien die Schritte, die jetzt gesetzt und eingeleitet werden. „Der Verweis auf 2040 darf nicht als Aufschieben durchgehen, Klimapolitik nicht nebenbei passieren, sondern muss ins Zentrum vieler Entscheidungen, die in der Stadt Salzburg in der kommenden Legislaturperiode getroffen werden.“ Die Wähler und Wählerinnen seien aufgerufen, sich ein Bild zu machen, wie ernst die einzelnen Programme die Klimakrise nehmen. Seine Analyse sollte ein wenig dazu beitragen, so Holzinger, der bewusst keine Benotung der Programme vornehmen wollte. Ebenso wichtig wäre eine Evaluierung der Politik der letzten Jahre, diese müsse aber im Rahmen einer Studie vorgenommen werden.

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