„Schmerzhafte Wahrheit“
World Brain Day will mehr Verständnis für Migräne fördern
Der "World Brain Day" am 22. Juli rückt heuer Migräne in den Mittelpunkt, die weltweit häufigste Gehirnerkrankung. Obwohl eine von sieben Personen darunter leidet, wird Migräne oft unterschätzt, häufig nicht erkannt und zu selten kompetent behandelt. Die World Federation of Neurology (WFN) fordert daher unter dem Motto „Schmerzhafte Wahrheit“ mehr Aufmerksamkeit für die Probleme, das individuelle Leid und die volkswirtschaftlichen Kosten, die auf das Konto von Migräne gehen.
SALZBURG/WIEN. Bereits zum fünften Mal findet heute der World Brain Day (WBD) statt, eine Initiative der World Federation of Neurology (WFN). Heuer ist der WBD der Migräne gewidmet, der weltweit häufigsten Erkrankung des Gehirns, die die Lebensqualität vieler Menschen empfindlich beeinträchtigt. „Wir arbeiten mit unseren 120 Mitgliedsländern weltweit zusammen, um gegen die Stigmatisierung von Migränepatienten anzukämpfen, die Behandlung zu verbessern und mehr Bewusstsein dafür zu schaffen, welche enormen indirekten Kosten durch Migräne entstehen”, sagt WFN-Generalsekretär Wolfgang Grisold aus Wien. „Wenn Migränepatienten keine Attacken haben, wirken sie völlig gesund. Bei einem schweren Migräneanfall können aber die Beschwerden so heftig ausfallen, dass die Betroffenen kaum denken, geschweige denn arbeiten können.” Dies werde vom privaten und beruflichen Umfeld Betroffener oft nicht ernst genommen, ebenso wenig würden die Folgekosten angemessen berücksichtigt.
Häufigste Gehirnerkrankung
Ein Mensch von sieben leidet unter Migräne, insgesamt mehr als eine Milliarde. Migräne steht nach WHO-Angaben an sechster Stelle der am schwersten behindernden Erkrankungen. „In Österreich leiden rund 17 Prozent der Frauen und sechs Prozent der Männer an Migräne unterschiedlicher Ausprägung”, so Eugen Trinka von den Christian Doppler Universitätskliniken in Salzburg, Präsident der Österreichischen Gesellschaft für Neurologie (ÖGN).
Migräne ist mit schweren, zumeist einseitigen Kopfschmerzen, Einschränkungen der kognitiven Leistungsfähigkeit, Übelkeit, Erbrechen, Schlafproblemen, Schwindelanfällen sowie erhöhter Empfindlichkeit auf Licht, Geräusche und Berührungen verbunden. „Zudem weiß man, dass Migränepatienten ein erhöhtes Risiko für Schlaganfall, Herzerkrankungen, Epilepsie, Depression sowie für chronische Schmerzen haben", erklärt Trinka.
Nur 17,5 Prozent gehen zum Facharzt
„Manche Migränepatienten glauben, dass sie ihre Attacken durch die Einnahme eines Schmerzmittels selbst behandeln können, andere meinen, die Migräne sei rein psychisch bedingt“, so Karin Zebenholzer der MedUni Wien. „Es gibt bei Migräne zwar auch eine psychische Komponente, aber es handelt sich um eine neurologische Erkrankung. Diese sollte von Fachärzten für Neurologie mit genau den Medikamenten behandelt werden, die für die jeweilige Migräneform am besten geeignet ist.“
Allerdings zeigt eine Studie von Zebenholzer, dass in Österreich nur sechs Prozent der Betroffenen Triptane zur Akutbehandlung erhalten. Nur 17,5 Prozent der Migränepatienten finden den Weg zu einem Facharzt für Neurologie. Um die Versorgung zu verbessern, bedarf es daher eines abgestuften und koordinierten Zusammenspiels von Hausärzten, niedergelassenen Neurologen und spezialisierten Migränezentren. „Wir bilden praktische Ärzte hinsichtlich der Diagnose der Migräne fort”, sagt Zebenholzer.
Forschung unterfinanziert
„Trotz der weltweiten Verbreitung und der hohen volkswirtschaftlichen Kosten von Migräne wird in die Migräneforschung viel zu wenig investiert“, bedauert Grisold. „Ein gesteigertes Bewusstsein der Allgemeinheit für die Probleme, die Migräne verursacht, hilft der Scientific Community, sich effektiver für die Bedürfnise der großen Zahl von Migränepatienten einzusetzen.”
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