US-Filmauszeichnung für ältesten Österreicher Leopold Engleitner (107)

SKGT/USA. Der Film „Ladder in the Lions’ Den“ („Leiter in der Löwengrube“), des oberösterreichsichen Filmemachers Bernhard Rammerstorfer, der die Lebensgeschichte des weltweit ältesten männlichen KZ-Überlebenden Leopold Engleitner (107) zum Inhalt hat, ist beim "Fallbrook International Filmfestival" in den USA als „Best Documentary Short“ ausgezeichnet worden. Eine Würdigung für Engleitner, der mittlerweile der älteste Mann Österreichs ist, gab es dort auch von David Hasselhoff. Der Film, der im Zuge des Festivals vor ausverkauften Publikum im Kino gespielt wurde, erhielt tolle Kritiken und bewegte die Besucher sehr.
David Hasselhoff, der beim Filmfestival einen „Career Achievement Award“ erhielt, bezog sich bei der „Award Gala“ vor 500 Buesuchern auf die Dankesrede Rammerstorfers und würdigte Engleitner: „Leopold Engleitner beweist, dass es möglich ist, auch unter den schrecklichsten Umständen seinem Gewissen zu folgen.“

Der Film wurde im November 2012 unter großem Besucherandrang in Los Angeles uraufgeführt. Engleitner war dazu mit seinem hohen Alter angereist und 200 Medien berichteten weltweit. Am 24. März gab es die Premiere der deutschen Version mit 400 Besuchern in Puchenau bei Linz. Kino-Premieren in Österreich und Deutschland sind in Planung.

Die Jury in den USA zeigte sich von der Lebensgeschichte Engleitners beeindruckt und überzeugte mit seiner Botschaft. Engleitner verweigerte als Zeuge Jehovas während des Naziregimes den Dienst in der Deutschen Wehrmacht. Er überlebte vier Jahre in den Konzentrationslagern Buchenwald, Niederhagen und Ravensbrück und wurde 1943 - mit nur 28 Kilo Körpergewicht - in die „lebenslange Zwangsarbeit“ entlassen. Als er 1945 einen Einberufungsbefehl erhielt, floh er und versteckte sich wochenlang im Gebirge. Auch mit über 100 Jahren reiste er immer wieder durch Europa und in die USA, um seine Geschichte jungen Menschen nahezubringen.

Engleitner-Biograf Rammerstorfer („Im Zeugenstand“ und „Ungebrochener Wille“), der den Film mit Unterstützung seines amerikanischen Co-Produzenten A. Ferenc Gutai produzierte, freute sich, dass er sich gegen US-Streifen mit einem zig-fachen höheren Budget durchgesetzt hat. „Ich musste den Film sogar zu 80 Prozent privat vorfinanzieren. Das ist ein schöner Erfolg für einen österreichischen Film.“

„Ladder in the Lions’ Den“ wurde letzte Woche auch beim Rincon Filmfestival in Puerto Rico – dem größten des Landes – gespielt. Im Mai folgte eine Vorführung beim „Jewish Zagreb Filmfestival“, für das Oscar-Preisträger Branko Lustig („Schindlers Liste“) den Film persönlich ausgewählt habe.

Daten zum Film und Inhaltsangabe

Format: HD 16:9
Filmlänge: 44 Minuten
Produzent: Bernhard Rammerstorfer
Co-Produzent: A. Ferenc Gutai
Dauer: 44 Minuten
Regie und Drehbuch: A. Ferenc Gutai & Bernhard Rammerstorfer
Sprecher: Gordon Piedesack
Stimme von Leopold Engleitner: Franz-Josef Nagler
Sprachaufnahmen koordiniert & produziert: Gordon Piedesack
Basierend auf dem Buch „Ungebrochener Wille“ von Bernhard Rammerstorfer

In dem Film erzählt Leopold Engleitner seine Erinnerungen aus der Kaiserzeit, an den Ersten Weltkrieg, Austrofaschismus, Zweiten Weltkrieg, Nationalsozialismus und seine Leiden in drei Konzentrationslagern. Engleitner ist in seiner Heimat zu sehen, bei seiner Rückkehr an Originalschauplätze in KZ-Gedenkstätten und bei Vorträgen an Universitäten als Zeitzeuge gegen das Vergessen.
Darüber hinaus werden die wichtigsten Passagen seines Lebens durch Re-enactments filmisch dargestellt. Der Sprecher vermittelt zu Engleitners Schilderungen die historischen Kontexte, die durch Archivfilmmaterial belegt werden.
Gleichzeitig nehmen andere Holocaust-Überlebende, wie z.B. Adolf Burger, „Fälscher im KZ Sachsenhausen“, und Renée Firestone, eine jüdische Auschwitz-Überlebende, Hermine Liska und Richard Rudolph Stellung. Es kommt auch Gottlieb Bernhardt, ein ehemaliger hochrangiger SS-Obersturmführer und Mitglied der Leibstandarte-SS Adolf Hitler, zu Wort, der kurz vor Kriegsende den Befehl zur Liquidierung von KZ-Häftlingen verweigerte und für diesen Film ein seltenes Fernsehinterview gegeben hat.
Neben den Erinnerungen Engleitners an historisch bedeutende Epochen des letzten Jahrhunderts wird die Bedeutung von Grundsatztreue und Gewissensbildung anhand der Frage thematisiert:
Warum weigert sich ein Mann, der im KZ dem Tod ins Auge blickt, ein Dokument zu unterzeichnen, das ihm seine Freiheit ermöglichen würde?
Leopold Engleitner wurde als Zeuge Jehovas vor die Wahl zwischen Leben und Tod gestellt, entweder seinen Glauben aufzugeben und frei zu sein oder weiter im KZ dem Tod ins Auge zu blicken. Er fand aber den außerordentlichen Mut, zu seinem Glauben und seinem Gewissen zu stehen.
Hätte es im März 1994 nicht die zufällige Begegnung mit Bernhard Rammerstofer gegeben, wäre die Geschichte Leopold Engleitners für immer in Vergessenheit geraten. Gemeinsam sind sie zu einer Reise von über 150.000 Kilometer aufgebrochen, um an Schulen und Universitäten in Europa und den USA der jungen Generation die Bedeutung von Toleranz und Frieden zu lehren.

Kurz-Biografie Leopold Engleitners:
Leopold Engleitner wurde am 23. Juli 1905 in Strobl, Österreich, geboren und wohnt heute in St. Wolfgang im Salzkammergut.
Als kleiner Junge begegnete er in Bad Ischl Kaiser Franz Joseph und er musste die Schrecken des Ersten Weltkrieges durchmachen. Nach dem Ersten Weltkrieg überstand er trotz wochenlang hohen Fiebers die „Spanische Grippe“. Während des Nazi-Regimes verweigerte er als einfacher Bauernknecht aufgrund seiner religiösen Überzeugung als Zeuge Jehovas den Dienst in der Deutschen Wehrmacht. Die Nazis quälten ihn deshalb in den Konzentrationslagern Buchenwald, Niederhagen und Ravensbrück.
In Buchenwald war er von Oktober 1939 bis März 1941 interniert. Engleitner erinnert sich: „Bei der Einlieferung wurde ich Zielscheibe der Aggressionen des Bunkeraufsehers Martin Sommer. Nachdem er mich auf brutalste Weise geschlagen hatte, setzte er mir die Pistole an die Schläfe und sagte: ‚Ich drücke jetzt ab. Bist du gefasst?‘ Ich antworte: ‚Ja, ich bin gefasst.‘ Dann nahm er die Pistole wieder herunter und schrie: ‚Du bist zum Erschießen auch zu blöde.‘ Anschließend trieb er mich mit Schlägen in die Zelle zurück, wo ich die ganze Nacht stehend verbringen musste.“ Daraufhin musste er unter anderem im Steinbruch am Ettersberg unter unmenschlichsten Bedingungen Schwerstarbeit verrichten. „Wir Häftlinge mussten uns sogar um das Werkzeug raufen, denn wenn man keines ergatterte musste man den ganzen Tag mit bloßen Händen nach Steinen graben. Die Situation was so schlimm, dass junge Häftlinge mit 15 Jahren innerhalb weniger Wochen graue Haare bekamen.“, berichtet Engleitner.

Im März 1941 wurde er ins KZ Niederhagen in Wewelsburg bei Paderborn überstellt. Mehrmals wurde ihm von der SS angeboten, den Revers (Erklärung zum Abschwören des Glaubens und Einverständnis zur totalen Unterwerfung Hitlers) zu unterschreiben und als freier Mann das KZ zu verlassen, aber er gab seine Grundsätze nicht auf.

Im April 1943 kam Engleitner ins KZ Ravensbrück, wo er nach jahrelanger KZ-Zwangsarbeit und schwersten Misshandlungen im Juli 1943 mit nur 28 Kilogramm aus dem KZ Ravensbrück entlassen wurde. Die Bedingung war: „Lebenslange Zwangsarbeit in der Landwirtschaft“ In der Heimat arbeitete er dann auf einem Bauernhof als Zwangsarbeiter, bis er kurz vor Kriegsende er noch den Einberufungsbefehl erhielt. Daraufhin flüchtete er ins Gebirge des Salzkammerguts floh. Wochenlang wurde er von den Nazis wie ein Tier gejagt, aber nicht aufgespürt. Nach dem Krieg war sein Leben als ehemaliger KZ-Häftling jahrzehntelang von Ausgrenzung und Unverständnis geprägt.

Vortragstouren in USA und Russland
In den Jahren 2004, 2006, 2009 und 2012 unternahmen Engleitner und Rammerstorfer USA-Vortragstouren, um seine Lebensgeschichte vorzustellen, auf enrmens Interesse stieß. Veranstaltungen fanden im U.S. Holocaust Memorial Museum in Washington DC, Los Angeles Museum of the Holocaust, Simon Wiesenthal Center Los Angeles, Holocaust Memorial Foundation of Illinois sowie an der Harvard, Stanford, Georgetown und Columbia University statt. Im Herbst 2009 stellten sie die russische Biografie in Moskau vor. Seit 1999 sind Rammerstorfer und Engleitner über 150.000 km zu Vorträgen in Europa und den USA gereist.

BUCH und DVD-INFORMATIONEN:
Informationen zu den bisher von Rammerstorfer veröffentlichten Werken zum Holocaust
Buch „Ungebrochener Wille“ DVD „Nein statt Ja und Amen“, sowie Buch und DVD „Im Zeugenstand“ auf: www.rammerstorfer.cc

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