Interview mit 94-Jährigem Andorfer
"Meine schönste Zeit im Leben ist jetzt"
ANDORF (juk). Friedrich Feichtlbauer ist am 20. Juli 1924 geboren. 94 Jahre ist er schon auf dieser Welt. Im BezirksRundschau-Interview anlässlich 100 Jahre Hoamatland erzählt der rüstige Altbauer aus Hötzenedt aus seinem Leben.
Wie war Ihre Kindheit?
Feichtlbauer: Ich bin in einer Bauernfamilie auf die Welt gekommen. Wir waren acht Geschwister, ich war der Jüngste. In Andorf bin ich in die Schule gegangen. Wir haben schon von klein auf mitgeholfen. Als ich 14 Jahre alt war, sind meine Brüder eingerückt. Einer ist gefallen und einer ist bis heute vermisst. Meine Mutter hat noch gesagt: 'Bua, sei froh, dass'd noch so jung bist, sonst musst auch noch einrücken.'
Aber der 2. Weltkrieg dauerte dann noch sieben Jahre.
Mit 17 Jahren musste ich dann einrücken. Zuerst war ich in Russland am Schwarzen Meer stationiert mit der Artillerie. In den letzten Tagen des Krieges bin ich in Brünn verwundet worden. Ein Splitter ging bis in die Leber. Teile davon habe ich bis heute.
Wie ging es nach dem Krieg für Sie weiter?
Als der Krieg verloren war, wurden uns von den Russen das Gewehr und die Verpflegung abgenommen. Wir mussten einige Tage in einem Viehwagon schlafen. Dann bin ich ein halbes Jahr in die Gefangenschaft nach Schlesien gekommen. Einige sind dort direkt neben mir an der Ruhr gestorben. Dort war ich mit zwei anderen Andorfern. Als die früher entlassen wurden als ich, habe ich sie darum gebeten: 'Sagt's denen daheim, dass ich auch noch leb.'
Mit 21 Jahren sind Sie nach Andorf zurückgekehrt.
1947 habe ich dann hierher nach Hötzenedt geheiratet. Mit meiner Frau Maria habe ich den Hof von ihren Eltern übernommen und bewirtschaftet. Wir haben einen Sohn bekommen. Damals gab es noch fünf Bauern in Hötzenedt. Heute sind wir die einzigen, die noch Viecher haben.
Wie war die Arbeit früher in der Landwirtschaft?
Früher haben die Bauern alle zusammengeholfen. Ich bin zu den Nachbarn zum Arbeiten gekommen, sie sind zu mir gekommen. Roboten hat man dazu gesagt. Alles wurde händisch gemacht. Wir mussten schon zu Sonnenaufgang aufstehen, damit wir rundum kommen. Manchmal habe ich sogar bei Mondschein mit einer Furche geackert, wenn's im Sommer recht heiß war. Einen Knecht hatten wir hier am Hof auch eine Zeit lang. Nach dem Krieg haben auch noch eine Weile Banata, Kriegsflüchtlinge, bei uns gewohnt.
Was kam früher so auf den Tisch?
Fleisch, Brot, Kraut, Erdäpfel, das war die Hauptsache. Nicht so aufwändig wie heute.
Beschreiben Sie doch einmal das Andorf von damals.
Früher hat sich jeder Haushalt Kühe gehalten, sogar der Pfarrer hatte welche. Von zwei Kühen konnte man leben. Überall waren kleine Hütten, wo Leute Gemüse verkauft haben. Vier Metzger hat Andorf damals gehabt. Und lauter kleine Schotterstraßen – die waren sehr schlecht beinander.
Was war die schönste Zeit in Ihrem Leben?
Meine schönste Zeit ist jetzt. Erst war ich im Krieg, dann hab ich immer viel Arbeit gehabt. Jetzt kann ich tun, was ich will. Mich interessiert noch alles und ich geh auch noch jeden Tag raus in den Stall. Ich fühle mich in dem Haus mit vier Generationen unter einem Dach sehr wohl. Mal haben die Alten Recht, mal die Jungen. Man muss sich vertragen. Und meine Schwiegertocher tut mir alles.
Was halten Sie von moderner Technik?
Das ist sehr praktisch, wenn man beim Autofahren einen Patschen hat und man kann anrufen. Aber in meinem Alter fang' ich mir das nicht mehr an.
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