Harald Slaby
"Arbeitslosmeldungen kamen im Sekundentakt"

Harald Slaby leitet seit 2007 das AMS Schärding. | Foto: AMS Schärding
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Turbulent war der Corona-Ausbruch besonders für das Arbeitsmarktservice Schärding.

SCHÄRDING. Im Interview spricht AMS-Leiter Harald Slaby über die Corona-Krise.

Der Corona-Lockdown hat dem AMS eine wahre Anfragen-Flut beschert.
Wir sind im Winter eine hohe Zahl an Arbeitslosmeldungen grundsätzlich gewöhnt. Der Ansturm auf das AMS Schärding ab Mitte März hat jedoch alle gewohnten Abläufe regelrecht gesprengt und uns für einige Zeit an den Rande der Leistungsfähigkeit gebracht. Von gekündigten Menschen und in Bedrängnis geratenen Firmen kamen Arbeitslosmeldungen und Anfragen zur Kurzarbeit quasi im Sekundentakt. Alle AMS-Mitarbeiter haben einen tollen Zusammenhalt bewiesen, waren rund um die Uhr und auch an den Wochenenden im Einsatz.

Inwiefern hat Kurzarbeit eine Massenarbeitslosigkeit in der Region verhindert?

Das Szenario war, dass viele Menschen, die nicht im Entferntesten damit gerechnet hatten, über Nacht ohne Arbeit dastanden. Unzählige Geschäfte und Betriebe mussten von einen auf den anderen Tage schließen und hatten keine Einnahmen mehr bzw. waren von einem massiven Auftragsrückgang bedroht. Wir hatten mit hunderten Firmen Kontakt und haben versucht, die betroffenen Betriebe von den Vorteilen von Kurzarbeit für Wirtschaft und Mitarbeiter zu überzeugen. Für die Firmen bleiben aber auch bei Kurzarbeit noch Ausgaben hängen, sodass sich nicht jede Firma Kurzarbeit "leisten" konnte. Mittlerweile haben 626 Betriebe im Bezirk für knapp 8350 Mitarbeiter Kurzarbeit angemeldet und mit einer Gesamtfördersumme von über 65 Miollionen Euro auch genehmigt bekommen. Viele bereits ausgesprochene Kündigungen wurden von den Betrieben wieder rückwirkend storniert, bereits gekündigte Mitarbeiter in Kurzarbeitsregelungen miteinbezogen. Man mag sich gar nicht vorstellen, was passiert wäre, wenn beispielsweise 40-50 Prozent aller im Bezirk in Kurzarbeit miteinbezogenen Mitarbeiter den Arbeitsplatz verloren hätten.

Im Bezirk Schärding gab es zuvor geringe Arbeitslosigkeit und viele offene Stellen. Ist eine Rückkehr dahin nach dem Virus möglich?
Grundsätzlich schon, denn die heimische Wirtschaft war vor Beginn der Corona-Krise sehr gesund und erfolgreich unterwegs – die völlige Erholung wird aber nicht über Nacht eintreten. Solange jedoch kein Mittel gegen das Virus gefunden wird, wird es in manchen Branchen nicht mehr so schnell bergauf gehen. Denn viele Menschen sind in ihren Konsumentscheidungen sehr vorsichtig geworden. Viele Familien haben aufgrund ihrer Arbeitslosigkeit bedeutend weniger Haushaltseinkommen zur Verfügung. Die Frage ist auch, wie lange manche Betriebe unter den derzeitigen Bedingungen überleben können.

Auf welche Herausforderungen stellt sich das AMS Schärding in nächster Zeit ein?
Wir werden auch in den nächsten Monaten eine vergleichsweise hohe Arbeitslosigkeit zu bewältigen haben. Das Thema Kurzarbeit wird uns noch einige Zeit begleiten. Wichtig wird sein, möglichst allen Jugendlichen eine Perspektive geben zu können. Auffallend viele Menschen erkundigen sich aktuell nach Umschulung in Richtung Sozial- und Pflegeberufe.

Haben Sie schon vergleichbare Einschnitte am Arbeitsmarkt erlebt?
2008/2009 hat uns die Weltwirtschaftskrise fast aus dem Nichts getroffen. Die Flüchtlingskrise 2015 hat uns ebenfalls vor riesige, vorher nicht gekannte Herausforderungen am Arbeitsmarkt gestellt. Die aktuelle Situation ist für meine Generation aber einzigartig und mit kaum etwas vergleichbar.

Wie würden Sie die Stimmung am Arbeitsmarkt beschreiben?
Es gibt Unternehmen, die uns berichten, dass sie so viel Aufträge wie nie zuvor haben. Insbesondere im Bereich Eigenheim, Sanierung und Wohnen wird verhältnismäßig viel investiert. In großen Teilen der Wirtschaft ist die Stimmung aber gedämpft. In manchen Branchen herrscht Untergangsstimmung.  

Gibt es beim AMS eine Strategie, wie man sich zukünftig auf ähnliche Situationen vorbereitet?
Ich denke wir sind grundsätzlich gut aufgestellt und haben auch wieder viel dazugelernt - vor allem beim Ausbau der telefonischen und digitalen Betreuung unserer Kundinnen und Kunden. So wirklich vorbereitet sein kann man auf so eine Krise in Wahrheit nicht. Die letzten drei Monate haben gezeigt, dass Gesundheit, Arbeit und Existenzsicherung über allem stehen.

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