Die Angst um den Arbeitsplatz

- Franz Molterer, stellvertretender Direktor der Arbeiterkammer OÖ und Bezirksstellenleiter Wolfgang Schwarz.
- hochgeladen von Kathrin Schwendinger
Arbeitnehmer werden laut AK zögerlicher, ihre Ansprüche einzufordern
BEZIRK (ska). Ein Horrorszenario für einen Arbeitnehmer: Nachdem er eine Woche lang krank war, möchte er mit seinem Chef über den ersten Arbeitstag nach dem Krankenstand sprechen. Doch dieser sagt nur "Für dich gibt es hier kein morgen". So ist es im Vorjahr einem Kellner aus dem Bezirk Schärding ergangen. Die Arbeiterkammer Schärding nahm sich der fristwidrigen Kündigung an und forderte offene Ansprüche ein – vor Gericht. Der Kellner bekam auf diesen Weg rund 7200 Euro nachgezahlt.
"Arbeitnehmer lassen sich mehr gefallen"
Insgesamt hat die AK Schärding 2015 Zahlungen in der Höhe von 2,7 Millionen Euro für Ihre Mitglieder erreicht. Das teilt Bezirksstellenleiter Wolfgang Schwarz in einer Pressekonferenz mit. In den Fällen ging es um arbeits- und sozialrechtliche Ansprüche sowie Forderungen nach Insolvenzen. Und das obwohl die Arbeitnehmer zurückhaltender werden, wenn es um die rechtliche Durchsetzung ihrer Forderungen geht, wie Franz Molterer, stellvertretener Direktor der AK Oberösterreich berichtet. "Ein signifikanter Trend zeichnet sich ab", sagt er. "Aus Angst um den Arbeitsplatz lassen sich die Arbeitnehmer mehr gefallen." Grund sei eine zunehmende Unzufriedenheit. "Die Aussichten für die wirtschaftliche Entwicklung, die eigene Karriere oder die Situation auf dem Arbeitsmarkt werden schlecht eingeschätzt", sagt Molterer.
Diese Tendenz schlage sich laut Schwarz auch im Bezirk nieder. Deshalb freut es ihn um so mehr, dass die Beratung- und Vertretungssangebot der AK Schärding nach wie vor auf gleich hohem Niveau in Anspruch genommen wird. Durch außergerichtetliche Interventionen wurden im Vorjahr 178.110 Euro an vorenthaltenem Entgelt eingebracht.
Offene Löhne vor Gericht eingeklagt
Bleiben Unternehmen ihren Mitarbeitern beharrlich Geld schuldig, müssen die Ansprüche beim Arbeits- und Sozialgericht eingeklagt werden. In den Gerichtverfahren ging es hauptsächlich um offene Löhne, Gehälter, aber auch um Sonderzahlungen, Überstundenentgelte und Abfertigungsansprüche. "Doch selbst nach einem rechtkräftigen Urteil ist keineswegs sicher, dass bezahlt wird", erklärt Schwarz. So kommen die Arbeitnehmer in einigen Fällen nur zu ihrem Geld, wenn die AK ein Exekutionsverfahren ankündigt oder einleitet.
Daten & Fakten des Arbeitsmarkts im Bezirk Schärding
- Frauen verdienen durchschnittlich um 42 Prozent weniger als Männer – einer der höchsten Verdienstunterschiede in Oberösterreich.
- Das mittlere Einkommen der Schärdinger Arbeitnehmerinnen liegt bei 1357 Euro, jenes der Männer bei 2340 Euro
- Das Medianeinkommen (die eine Hälfte verdient mehr, die andere weniger) aller in Schärding Beschäftigten liegt bei 2000 Euro.
- 2015 meldeten zwölf Unternehmen im Bezirk Insolvenz an – 122 Arbeitnehmer waren betoffen.
- Die größte Insolvenz war jene der Firma Baumann Erdbewegung mit 42 Beschäftigten.
- Im Jahresdurchschnitt 2015 waren 1700 Personen arbeitssuchend – um 4,7 Prozent mehr als im Jahr zuvor.
- Die Arbeitslosenquote liegt mit 6,1 Prozent genau im Landesdurchschnitt
- Die Vormerkdauer der Arbeitslosen ist um 28,9 Prozent auf 102 Tage angestiegen
- Frauen sind mit 113 Tagen merklich länger arbeitslos als Männer mit 95 Tagen
Beratung in der Arbeiterkammer Schärding
Persönlich: während der Öffnungszeiten (Montag bis Donnerstag von 7:30 bis 16 Uhr, Freitag von 7:30 bis 13:30 Uhr). Um Terminvereinbarung wird gebeten unter 050/69065011
Telefonisch: während der Öffnungszeiten und am Dienstag bis 19 Uhr unter 050/6906-1
Bildungsberatung: jeden zweiten Dienstag ab 16 Uhr nach vorheriger Terminvereinbarung
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