Psychotherapeutin im Interview
Scheibbs: Auch die Einsamkeit hat Folgen
Der Lockdown wurde wieder verlängert, die sozialen Kontakte bleiben eingeschränkt. Das führt schnell zu einem Gefühl der Einsamkeit und könnte schwere Folgen mit sich ziehen. Stichwort: Übergewichtige Kinder und depressive Eltern.
SCHEIBBS. "Was ich oft bei meinen Klienten erlebe, sind Depressionen. Aber auch Stress und Ängste sind durchaus mögliche Folgen des Lockdowns und der allgemeinen Situation", sagt Susanna Markowitsch, Psychotherapeutin aus Scheibbs.
Worauf man auch nicht vergessen darf, sind die Kinder. "Kindergarten- und Volksschulkinder sind am meisten betroffen. Eine Auswirkung der Situation auf deren Entwicklung ist sehr wahrscheinlich", befürchtet die Expertin. "Ich höre oft von Eltern, dass es für die Kleinen schon normal ist, auf Distanz zu ihren Freunden zu bleiben und eine Maske aufzuhaben. Im Sommer, wo kurzzeitig wieder alles gelockert wurde, hatten die Kinder sogar Schwierigkeiten dabei, wieder normal auf ihre Freunde zuzugehen. Sie blieben auf Abstand. Es fehlt hier einfach viel vom Sozialleben."
Was Susanna Markowitsch ebenfalls zu bedenken gibt, ist die Möglichkeit einer Gewichtszunahme. "Der Turnunterricht in den Schulen fällt ja aus und zu Hause machen die Kinder selten so viel Bewegung."
Ablenkung finden
"Je länger der Lockdown dauert, desto anstrengender wird es. Zu Beginn waren alle noch ganz wild darauf selber Brot zu backen oder zu stricken. Aber inzwischen ist es einfach nurmehr anstrengend." Deswegen ist es umso wichtiger, eine gute und aufmunternde Ablenkung zu finden. Ein guter Anfang ist es "sich selbst eine Tagesstruktur zu schaffen. Und gerade im Home Office ist es gut, wenn man sich auch zwischendurch etwas Gutes tut – auf den Home Trainer zu steigen oder sich Blumen zu kaufen", so Markowitsch. Letzteres kann vor allem dabei helfen sich aufzumuntern, wenn man mal traurig ist.
Das wichtigste ist jedoch mit jemandem darüber zu reden und "das Gefühl der Einsamkeit ernst zu nehmen und zuzulassen." Weiters kann es auch gut sein sich abzulenken. Mit Musik zum Beispiel. "Ich streame öfter Konzerte auf meinem Fernseher im Wohnzimmer. Es ist einfach wichtig herauszufinden, was einen glücklich macht. Man kann die Zeit im Lockdown nutzen, um genau das herauszufinden und mehr auf sich selbst zu schauen."
Zur Sache
Eine Umfrage vom November 2020 hat gezeigt, dass sich 36 Prozent der 18-29 Jährigen Österreicher während des Lockdowns einsam fühlen. Zudem sind bei 50 Prozent von ihnen die Stimmung schlechter als sonst. Bei den 60-69 Jährigen sind nur 18 Prozent häufig einsam und nur 23 Prozent sind schlechter gelaunt.
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