In Bild und Wort: Güni Noggler stellt in Schwaz aus

Foto: Dietmar Walpoth
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Skurril, augenzwinkernd, aber immer mit einer ernsten Pointe: So kennt man den Schwazer Künstler Güni Noggler. Derzeit stellt er in der Galerie Unterlechner aus. Wir haben ihn zum Gespräch getroffen.

An Erklärungen braucht es nicht viel. Wenn man die Galerie Unterlechner betritt, so steht man zehn übergroßen Bildern gegenüber. Eigens für diese Ausstellung hat der Schwazer Künstler Güni Noggler seine „Weihnachtskarten“ vergrößern lassen. In den Jahren 1990 bis 2000 entstanden zehn Werke, die jedes Jahr an einen exklusiven Kreis als Weihnachtspost versandt wurden. „Die Grundidee und das Zielvorhaben war, mit ästhetischen Ansprüchen pointiert und mit einer gewissen Aussage, die nicht verwässert werden darf, die Weihnachtskarte zu machen. Mit einem Blick erkennt man, worum es geht“, beschreibt der Künstler selbst. So sieht man auf einem Bild das Christkind mit bandagierten Händen als Hinweis auf die Briefbombenserie in den 90er Jahren. „Mit dem Fotografen Herwig Angerer hat sich hier eine Tradition eingebürgert. Ich habe ihm meine Vorstellungen beschrieben und er hat das mit Licht und Fototechnik umgesetzt. Am 1. Adventsamstag haben wir uns um 7 Uhr getroffen und die Fotos gemacht, danach gab es immer Frühstück bei mir.“ Bei aller Lockerheit und Satire legt Noggler dennoch einen Drang zum Perfektionismus an den Tag – jedes Lametta liegt genau an der richtigen Stelle, jede Falte des weißen Kleides ist genau so, wie sie sein soll. Der Zeitbezug aus den 1990er Jahren ist heute noch aktuell. „Das ist künstlerisch schön, gesellschaftlich ist es allerdings ein negativer Befund“, analysiert der Künstler. Die Bilder sind alle mit sehr kleinen Texten versehen, das reicht allerdings aus, um den Bezug zu verstehen. „Ich will zu den Bildern nichts sagen müssen, die Leute sollen selbst darüber nachdenken“, so der Anspruch von Noggler.

Turiner Tücher

Neben den Weihnachtskarten werden in einem eigenen Raum die „Turiner Tücher“ ausgestellt. Auf alten Kartenständern hängen zwölf Leintücher, auf denen die Umrisse von sechs Frauen und sechs Männern zu sehen sind. Die Models sind alle selbst künstlerisch-bildnerisch tätige Menschen. „Es war mir ein Anliegen, dass jene Menschen, die andere zum Objekt machen, selbst zum Objekt werden“, so die Intention von Noggler. Mit Farbe bemalt lagen die Models unter den Leintüchern, das setzte ein großes Vertrauen voraus. Anschließend schrieben die zwölf ihre Gedanken und Erfahrungen in einem Buch auf. „Es geht um geglaubte Inhalte. Glauben heißt nichts wissen. Die Leute glauben an das Turiner Grabtuch, obwohl es wissenschaftlich bewiesen ist, dass es aus dem Mittelalter stammt. Die Models konnten nicht wissen, was mit ihnen passiert, sondern konnten nur glauben. Außerdem ist die Zahl zwölf sehr wichtig. Die Apostel, Uhr, Monate, auch in der Sprache. Wir sagen ja nicht einzehn oder zweizehn, sondern haben eigene Wörter dafür.“
Ganz exklusiv für diese Ausstellung hat Güni Noggler seine „Körperreliquien“ angefertigt. Ob Haare, Nägel oder Ohrenschmalz: In Harz gegossen und an schönen Ketten befestigt kann sich jeder ein Stückchen Güni Noggler mitnehmen.

Kritik an Religion

„Mir geht heute der Gedanke der Aufklärung ab. Der besagt, dass Religion kritisiert werden darf und keiner wegen seiner Religion verfolgt werden darf. Die Religion darf auch keinem aufgezwungen werden. Ich glaube an das Gute im Menschen, aber ich verurteile niemanden, der nicht daran glaubt. Das ist viel zu latent vorhanden, besonders im Land Tirol. Es geht nicht um Zeitgemäßheit, wir brauchen eine strikte Trennung von Kirche und Staat“, nimmt Noggler eine kritische Position ein. Er ist bekannt dafür, für seine Ansichten auch aufzutreten. So wollte er, dass der Paulinumweg umbenannt wird: „Dieser Weg ist nach einer Institution benannt, die bis in die 80er Jahre Kinder missbraucht hat.“ Der Antrag wurde allerdings nicht angenommen, was Noggler schade findet.
„Ich will die Dinge mit einem Lachen ansprechen und Humor ist immer noch die schönste Art, die Zähne zu zeigen“, beschreibt Noggler mit einem Augenzwinkern. Die Kritik wird nicht zuletzt in der Ausstellung sichtbar.

Verbindung aus Wort und Bild

Die Sprache spielt für Güni Noggler eine große Rolle. Lange Zeit lag das Hauptaugenmerk des Künstlers auf dem Text, allerdings war das Bildnerische von Anfang an ein Teil davon. Wie bildlich seine Texte sind, kann man im „Schriftenraum“ in der Galerie Unterlechner sehen, in dem die Wände mit den Handschriften Nogglers tapeziert sind. In enger, gedrungener Schrift mit Abkürzungen, Ausbesserungen und Notizen ergeben die einzelnen Seiten ein neues Kunstwerk.
Auch um Sprache geht es in einem neuen Projekt Nogglers. Einmal im Monat ist auf Freirad – Freies Radio Innsbruck – die Sendung „Ausgekocht“ zu hören. Darin interviewt er Köche und Köchinnen von berühmten Persönlichkeiten. Reinhören lohnt sich auf jeden Fall.
Im Internet unter arteologie.güni-noggler.com betreibt er unter seinem Alter-Ego Dr. Arkadasch Dag einen satirischen Blog.
In seinem zivilen Leben ist Güni Noggler Lehrer an der Tiroler Fachberufsschule für Handel und Büro in Schwaz. „Schule und Kunst werden ganz strikt getrennt. Ich gehe nicht mit meinen Schülern in meine Ausstellung, das wäre ja schon fast ein Missbrauch meiner Position. Die Schülerinnen und Schüler haben einen Anspruch auf mich als Lehrer“, grenzt Noggler ab.
Die Ausstellung „Devotionalitäten“ in der Galerie Unterlechner im Fred-Hochschwarzer-Weg 2 in Schwaz ist noch bis 15. November zu sehen. Öffnungszeiten: Mittwoch bis Samstag, 17-19 Uhr und nach telefonischer Vereinbarung, www.galerieunterlechner.at. Die Galerie hat auch am 26. Oktober bei der Schwazer Kulturmeile geöffnet.

Word Rap mit Güni Noggler

Frühstück mit historischer Persönlichkeit:
Eine gute Köchin
Bevorzugtes Transportmittel:
Füße
Liebstes Medium:
Tischerlrucken
Kontakt:
http://güni-noggler.com

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