Auf dem Luftweg zur Party nach Monaco

Foto: Gruber
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MAYRHOFEN (fw). Von Salzburg aus machten sich Anfang Juli 32 Paragleit-Piloten aus 18 Nationen auf nach Monaco. Einer der 19 Finisher war Stephan Gruber. Der gelernte Elektriker war am Mozartplatz mit 85 kg gestartet und hatte am Ende der Boden-Luft-Rallye immer noch 82 kg.

Nach seinen drei Siegen in den Jahren 2009, 2011 und 2013 war Christian „Chrigel“ Maurer aus dem Berner Oberland dieses Jahr der große Gejagte. Stephan Gruber, was war deine Intention für die Jagd auf den „Adler von Adelboden“?

„Chrigel Maurer ist schon sehr stark, wenn auch nicht mehr so dominant wie in den Jahren vorher mit mehreren Tagen Vorsprung. Heuer war es glaub‘ ich ein halber Tag. Leute wie Paul Guschlbauer sind ihm schon ganz dicht an den Fersen“.

„Bei uns Paragleitern gibt es keinen Bewerb, der so riesig aufgezogen ist. Die X-Alps sind ähnlich angesehen wie eine Fußball-WM“. Von vielen Weltcups, Weltmeisterschaften oder auch von Streckenflügen (z. B. von Brasilien nach Korea, Anm.) habe er dabei auf jeden Fall profitiert, von den Piloten habe er fast das halbe Teilnehmerfeld gekannt. „Außerdem habe ich gesehen, dass es auch bei weniger gutem Wetter zum fliegen geht. So wie es Chrigel immer wieder macht“. Während andere vermutlich im Schwimmbad waren, sei er etwa trotz Föhnwindes am Patscherkofel weggestartet. Gegen den Wind! Auf die Idee habe ihn eigentlich der Salzburger Helmut Eichholzer gebracht. Dieser war Teilnehmer 2011 und meinte, dass „ich fliegerisch super drauf sei und auch ideale körperliche Eigenschaften (Körpergröße, Athletik) mitbringe“.

Eine Körper-Geist-Kombination

„Ohne gute Grundlage ist ein solcher Wettkampf nicht möglich. Denn ein großer Teil der Strecke muss wettersbedingt meist zu Fuß zurückgelegt werden. Das musste auch Stephan zemlich schnell selbst erfahren“, weiß Sportmasseur Andreas Eder aus Ramsau, der zweimal selbst vor Ort war. Eine optimale Basis sei daher unumgänglich und ganzheitlich zu sehen. „Je besser die Kondition, umso höher ist in der Folge natürlich auch die Konzentration“. Sei man nicht zu 100 Prozent bei der Sache, habe man ein Problem. „In der Luft und am Boden “. Daher habe man in der Vorbereitung mögliche Wettkampfsituationen simuliert und den Körper mit Laktat-Messungen dahingehend gesteuert. Im Lauf des Bewerbs habe sich Gruber sogar gesteigert. „Florian Eder und Christoph Müller haben gekocht und mich bestens unterstützt. Der wenige Schlaf hat mir ziemlich wenig ausgemacht“, sind für Gruber auch Ernährung und Erholungszeiten bedeutend.

Als ein Jäger des Schweizer Seriensiegers entpuppte sich in den letzten Jahren der Österreicher Paul Guschlbauer. An ihm war Gruber in den ersten Tagen ziemlich nah dran. Hat es eine gemeinsame Strategie für Maurers’ Verfolgung gegeben? „Nein. Am ersten Tag bin ich am weitesten von allen geflogen und bin dann mit Chrigel (gleich hinter mir) zur Kampenwand im Chiemgau gegangen. Dort haben wir einige Zeit Pause gemacht und Paul ist zu uns gestoßen“. Nach einiger Zeit zu dritt, habe man sich zur Nachtpause getrennt. Er sei „während der ersten Nacht über Kufstein ins Inntal gewandert. Erst beim Flug zur Zugspitze haben wir uns wieder getroffen“. Immer öfter ist von Teamarbeit die Rede, weniger von Einzelkämpfern.

„Toma Coconea setzt alles auf die X-Alps. Er wirkt unscheinbar. Obwohl man bei ihm Gelenksschmerzen vermutet, kann er ohne die geringste Erschöpfung stundenlang gehen oder laufen. Sebastian Huber und Aaron Durogati sind ähnliche Typen und ihm körperlich bereits überlegen“.

Natürlich wollte jeder so gut wie möglich sein, „aber wenn wir Supporter oder Athleten getroffen haben, hat man den Tag besprochen, sich gegenseitig geholfen oder zusammen gegessen. Wie in einer Familie“, erzählt Supporter Florian Eder. Er machte zusammen mit Christoph Müller Frühstück, packte den Tagesrucksack, recherchierte Routen und bereitete die abendliche Dusche vor. „In der Früh ist immer einer ein Stück mitgegangen, hat den Schirm ausgelegt und ist dann fliegend zurück zum Bus, mit dem wir quer durch die Alpen sind“. Per Live- Tracking und „Pilot-Finder“ wußten sie (wegen teils schlechter Verbindungen leider nicht immer), wo Stephan gerade war.

„So extrem hab ich es nicht erwartet. Trotzdem wäre ein Aufgaben nie in Frage gekommen. Ich hab‘s auch nie bereut“.

„Am schlimmsten war das Gehen im Rhonetal auf Asphalt von Sion über den Pass nach Chamonix. Dieser Untergrund bzw. der Start nach einer Pause waren immer ein Horror. Der gewöhnliche Standardschmerz war okay“. Das meinte er auf die Frage, ob er im Fall von Fußmärschen bei Schlechtwetter auch mal an Autostopp gedacht habe. Es sei wohl für alle irgendwann an der Grenze gewesen. Heikle Startplätze habe es genauso gegeben, wie andere Grenzsituationen. „Ich hab mitbekommen, wie der Schweizer Michael Witschi oberhalb eines Sees über dem Bernina-Paß plötzlich den Rettungsschirm ziehen musste und dann in diesem See gelandet ist. Das waren sehr bange Minuten, denn die Leinen eines Schirms verfangen sich bei so was gerne im Wasser. Ich wollte ihm schnellstmöglich helfen, hatte aber am Ufer mit mir selbst zu tun. Er war Gott sei Dank ‚nur‘ unterkühlt und hat das Ganze eher locker genommen“. Das seien Augenblicke in der Luft, auf die man gut und gern verzichten könne.

„Der letzte Flug von Peille hinunter auf das Floß vor Monte Carlo und das Bad im Meer zum Abschluß waren unglaublich. Aber das muß man ganz einfach selbst erlebt und gespürt haben“.

Dieses ‚letzte große Abenteuer, wie es die Veranstalter gerne bezeichnen, sei für ihn ohne gröbere Probleme oder Verletzungen verlaufen. „Auch wenn wir aus strategischer Sicht noch nicht mit den arrivierten Teams mithalten konnten, können Christoph, Florian und ich (besonders auf die ersten Tage und die Platzierungen unter den Top fünf) ein bisschen stolz“ sein , gibt sich der Finisher bescheiden.

Egal ob Zugspitzmassiv, Brenta, Aletschgletscher, das Gebiet rund ums Matterhorn oder Menschen, die sie begleitet und mit Tipps versorgt haben: Für das „Team Österreich 3“ (offizieller Name) waren es 1.038 überwältigende Kilometer.

Stephan Gruber beendete die Red Bull X-Alps 2015 mit der zwölftbesten Zeit, ist aber wegen Flugraumverletzung kurz vor Monaco auf den 19. Platz rückversetzt worden. „Je weiter alles zurückliegt, umso entspannter werde ich. Gut möglich, dass ich in zwei Jahren wieder starte“.

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