Arisierungen in Oberkärnten und Klezmermusik
Auftakt der Reihe "salonfähig" von Andreas Staudinger in der Villa Waldheim
MILLSTATT. Weil heuer die schon (beinahe) traditionellen Nightwalks in der Marktgemeinde ausgefallen waren, ersann Andreas Staudinger die Reihe "salonfähig". Der Autor und Regisseur notiert: "Die große Zahl an repräsentativen Millstätter Sommervillen dienten seit der Mitte des 19. Jahrhunderts dem aufstrebenden Bürgertum als Ausdruck seines Selbstbewusstseins und als Orte der Zelebration der 'Sommerfrische'. Heute sind sie größtenteils aus der öffentlichen Wahrnehmung verschwunden und damit die darin immer wieder stattfindenden Soireen, Abendgesellschaften und Festlichkeiten.
Nach dem Zweiten Weltkrieg und dem Holocaust, der die jüdische Kultur in Europa fast völlig vernichtete (die 'Parkvilla' von Mina Blum in Millstatt beispielsweise wurde 'arisiert' und sie und ihre familie vertrieben) und den neuen Formen der staatlichen Subventionierung von Kunst und Kultur seit den siebziger Jahren des zwanzigsten Jahrhunderts kamen sie aus der Mode oder gingen in einer mondänen Unterhaltungskultur auf.
Die Idee der 'Kunstsalons' wird im Rahmen von „SALONfähig“ in den Millstätter Sommervillen in zeitgemäßer Form durch eine Vielzahl von Konzerten, Performances, Lesungen und Talks wiederbelebt. Wesentlich ist dabei jedoch, den Begriff des Salons nicht nur baugeschichtlich zu fassen (und ihn auf historische Villen zu beschränken), sondern ihn als Arbeitsmittel zu betrachten. Darum finden sich unter den Spielorten auch moderne architektonische Weiterentwicklungen des bürgerlichen Villenbaus, Gärtnereien, Hotels, Museen, etc."
Den Auftakt machte nun in der "Villa Waldheim von Karina und Alfred Mansbart ein Gespräch mit dem 33-jährigen Zeithistoriker Alexander Verdnik aus Wolfsberg. Just am jüdischen Neujahrstag las er aus zum Teil noch unveröffentlichten Aufzeichnungen über die jüdische Salonkultur und Arisierungen in Oberkärnten. Umrahmt wurde der Vortrag von Klezmermusik des Nürnberger Trios "Mame Loshn". Zufällig hatte Karina Mansbart-Povel Leonid Khenkin (Klarinette), Mykhaylo Vinnitskyy (Knopfakkordeon, Gesang) und Ilya Khenkin (Eyphonium) auf dem Münchner Marienplatz gehört und jetzt für den Salon-Auftakt gewinnen können. Die Spezialisten für die Musik der osteuropäischen Juden spielten auch noch anschließend in der Villa Parkschlössl von Peter Unterkofler und Nina Zechmeister auf, in der am Abend ein Literatursalon sowie der "Discosalon d'amour" folgten.
Dem historischen Vortrag wohnten Gisela Kerschbaumer, Obfrau der KulturInitiative Millstatt, Marietta Weißner, Obfrau des Kulturvereins Feldkirchen, die früheren Lehrer Günther Mosier mit Gattin Christine und Stefan Hanzer mit Gattin Ingrid, Bürgermeister Johann Schuster, Gemeinderätin Dora Gmeiner-Jahn, Britta Staudinger, Inna und Peter Sichrowsky ("Familienhotel Post") sowie Gerhard Weihs, Obmann der Galerie Kulturimpuls, Seeboden, bei.
Das ORF strahlt einen Beitrag über die Veranstaltung am Dienstag, 15. September, um 9 Uhr in ZIB und um 19 Uhr in "Kärnten heute" aus.
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