"Es bräuchte eine zentrale Ausrichtung"
Unternehmer Toni Wolligger erzählt über seine Wünsche für die Zukunft und wie es ist Mallnitzer zu sein.
MALLNITZ (aju). Seit den späten 50er Jahren gibt es Wolligger Sports in Mallnitz. In dritter Generation führt Toni Wolligger dieses Geschäft, nebenbei ist er auch als DJ unterwegs und ist stellvertretender Tourismusobmann in Mallnitz. Im WOCHE-Interview erzählt er über den Mann hinter all diesen Aufgaben.
Wie sieht der typische Tagesablauf aus?
Ich bin in der glücklichen Lage, dass ich jede Mahlzeit mit meiner Familie einnehmen kann. Das ist etwas, was für mich auch ein riesiger Luxus ist. Ich kann mit meinen Kindern frühstücken und Mittag essen, da ich im gleichen Haus wohne und arbeite. Eigentlich stehe ich zwischen fünf und sechs auf, zwischen sieben und acht gehe ich dann in die Arbeit. Dann arbeite ich bis 17 Uhr, am Abend dann noch eine Stunde sporteln und das war es. Fernseher und Tageszeitung brauche ich bewusst nicht, weil nichts besonderes drinnen steht. Ich würde eine Zeitung lesen in der drinnen steht, dass heute 250.000 Passagiere mit Flugzeugen sicher gelandet sind. Diese Zeitung würde ich lesen. Ich höre auch keinen Radio weil wer wo stirbt und welche Krankheiten es gibt will ich nicht wissen. Natürlich einen Film oder eine Doku schaue ich mir schon an, aber ich setzte mich nicht als Freizeitbeschäftigung vor den Fernseher. Eher setzte ich mich in meinen Garten zur Feuerschale und trinke einen Aperol.
Dj, Geschäftsführer bei Wolligger Sports, Papa… Welche Aufgaben haben Sie noch?
Ich bin ein Selbstständiger am Weg zum Unternehmer. Weil man als Unternehmer weniger selbst arbeitet. Ich gebe schon ab, aber ich würde gerne noch mehr abgegeben. Ich schätze, ich arbeite so um die 60 Stunden pro Woche. Im Winter mehr, aber ich zähle meine Stunden eigentlich nicht. Ich möchte die Bündelung zwischen Saison mit Vollgas und Nebensaison ein wenig wegbekommen und das geht nur, wenn man abgibt. Das Dj sein ist für mich ein Hobby mit dem ich Geld verdiene. Mittlerweile ist es aber schon fast zum Beruf geworden da ich nahezu jede Woche als DJ unterwegs bin.
Wie ist es, in Mallnitz zu leben?
Das ist schon nicht so ohne. Das Klima ist ein wenig rauer. Die Berge sind vor der Haustüre, wenn man Berge nicht mag ist man sicher falsch. Aber zum Sporteln ist es super. Ich glaube, heute ist man sowieso mobiler und wenn man irgendwo hin will ist man auch gleich überall. Durch den Tourismus hat man noch einige Restaurants aber es ist eben Landleben mit allen Vor- und Nachteilen die das Land so hat. Jeder kennt jeden, jeder weiß alles. Schockierend ist für mich nur, wie viel Geld, auch bei uns, in die Nachmittagsbetreuung gesteckt wird bzw. wie viele Kinder in der Nachmittagsbetreuung sind. Meine Frau ist jeden Tag zuhause und ich bin jeden Tag zuhause. Wir sind in der glücklichen Lage, dass wir bei unseren Kindern sein können. Wenn er in die Schule geht, winke ich ihm nach und mittlerweile haben wir schon eine ganze Reihe von Kindern die zurückschaut, wem er da zuwinkt. Natürlich würde man Kindern eine Glashaube aufsetzen als Eltern aber ich sage immer: Sie brauchen tiefe Wurzeln und große Flügel, aber die Wurzeln müssen tief genug sein.
Was ist Ihr Lebensmotto?
Das Leben ist zu kurz für irgendwann. Also lieber nichts aufschieben und wenn man im Zweifel ist, sollte man es einfach machen. Mit einem Konjunktiv tue ich mir sehr schwer. "Hätte ich doch nur", bei diesen Sagern bin ich ganz schlecht aufgehoben.
Wie läuft es mit dem Tourismus in Mallnitz?
Das ist sehr schwierig. Tourismus glaube ich, hat generell ein großes Problem: alle Komponenten für das Produkt Urlaub kommen aus selbstständigen Verhältnissen. Das heißt wenn jemand heute drei Tage lang in einen Urlaubsort egal wo in Österreich kommt und dort etwas konsumiert, tut er das immer bei einem Unternehmer. Man leiht bei mir Skier aus, trinkt etwas bei einem Gastronom, fährt Taxi bei einem Taxler... Jeder ist für sein Geschäft eigenverantwortlich. Es gibt aber niemanden der denen sagen kann, wie es funktioniert. Wenn man es sich selbst auferlegt das zu machen dann funktioniert das auch. Beispiel: Arlberg. Hier ist das Produkt klar der Skilauf. Auch bei den ganzen Ferienclubs funktioniert das, es gibt ein klares Leistungsversprechen und es gibt einen Chef. Wenn ein Produkt nicht passt, kann einer hingehen und Verbesserungen fordern. Bei uns ist das schwer. Zudem bräuchte es eine zentrale Ausrichtung, ein Produkt das vermarktet wird.
Welches wäre das für Mallnitz?
Langlaufen oder Skitouren. Aber ich bin mittlerweile so weit, dass ich sage: Mir ist egal was, Hauptsache es gibt eine klare Aussage nach dem Motto "Wir sind die besten in...". Und danach muss man den ganzen Ort ausrichten. Mit einer fehlenden Spezialisierung geht es nicht.
Was hat sich in Ihrem Geschäftsfeld über die Jahre geändert?
Verleihen wird immer populärer und das ist super. Die Leute bleiben kürzer und der Verkauf von gewissen Sachen ist sehr schwer geworden, vor allem bei Kleidung und Textil. Gewisse Dinge sind auch nicht mehr finanzierbar. Wenn ich heute mein Geschäft mit Material voll hänge, gehört das alles meiner Firma, das muss ich auch alles kaufen. Wenn ich jetzt rechne, dass auf jeden Kleiderbügel etwas oben hängen soll, das schön ist, eine ansprechende Farbe hat, was man dann wertmindernd verkaufen muss, weil viele im Abverkauf kaufen, dann hat man einmal ein dickes Auto im oberen Stock hängen. Dann verkauft man regulär das wenigste und um den Preis um den du es eingekauft hast das meiste. Das kann man sich heute nicht mehr leisten.
Skandale, lustige Erinnerungen an Ihre Zeit als Skilehrer?
Eigentlich bin ich Anfang der 90er Jahre auf Snowboarden umgestiegen. Als wir die Ausbildung zum Snowboard-Lehrer machten, waren wir drei Leute. Es gab für uns keine eigene Ausbildung, das war alles mit den Skilehrern gemeinsam. In dieser Zeit musste man noch aufstehen und Platz machen auf der Piste, wenn ein Skilehrer vorbeikam. Danach irgendwann hat die damalige Skischulmitarbeiterin gemeint, sie hat Privatstunden für mich aber auf Skiern. Ich konnte natürlich nicht mehr absagen obwohl ich seit 10 Jahren nicht mehr auf Skiern stand. Beim Hinauffahren am Lift hab ich noch Bücher gelesen. Bei der ersten Kurve bin ich natürlich hingefallen. Danach, als ich wieder ins Büro kam hab ich zu meiner Kollegin gesagt, sie solle das nie wieder tun. Nach zwei Stunden kam der Anruf, Privatstunden wurden verlängert.
Wo urlauben Sie?
Am Meer. Der Familienurlaub geht sicher ans Meer und wir schauen auch, dass wir ein verlängertes Wochenende im Jahr ohne Kinder urlauben. Das ist dann meistens Wellness und Skifahren in der Kombination und das immer wo anders hin.
Was wünschen Sie sich für Ihre Zukunft?
Das Ziel ist daran zu arbeiten, dass ich mein Unternehmertum ausbaue. Ich möchte meine Gebiete etwas mehr streuen und zusehen, dass es auch Dinge gibt die funktionieren, ohne dass ich meine körperliche Arbeitsleistung dort einsetzte und trotzdem ein Ertrag herauskommt. Das heißt, dass ich ein wenig mehr Zeit haben möchte, denn Zeit ist für mich das wichtigste Luxusgut das wir haben. Und dass ich mein Eventbusiness auf das ganze Jahr ausdehne, auch auf die Zeit wo wir Zwischensaison haben.
Nennen Sie drei Adjektive, die Sie am besten beschreiben?
Wissenshungrig, ehrgeizig, fleißig.
Was ist Ihr Laster?
Rauchen und ich bin schwer kritikfähig. Mein Trainer hat zu mir gesagt ich hätte die Geduld einer Ameise, also bin ich oft vielleicht ein wenig zu ungeduldig.
Welche Entscheidung würden Sie - wenn Sie könnten - heute anders treffen als in der Vergangenheit?
Keine. Das ist ein Werdeprozess den man durchläuft. Im Nachhinein weiß man natürlich immer was das richtige gewesen wäre. Wo wir wieder beim Konjunktiv wären. Eine Entscheidung die du aus tiefstem Herzen triffst ist meiner Meinung nach immer richtig.
Mit wem - egal ob bereits gestorben oder noch lebendig - würden Sie gerne einmal zu Abend essen?
Danzel Washington.
Helfen Sie im Haushalt mit?
Nachdem meine Frau gerade eine Ausbildung zur Kleinkinderzieherin macht, mehr denn je. Ich koche sehr gerne und sehr viel, ich koche mindestens einmal in der Woche, eher sogar zwei Mal. Hühnercurry mit Quinoa ist ein typisches Gericht, dass ich koche. Nudeln koche ich auch gerne und natürlich Grille ich oft. Geschirrspüler ausräumen kann ich auch von der Gastronomie her echt gut, Staubsaugen geht so, Bügeln geht nicht (lacht). Meine Sportwäsche wasche ich auch selbst. Das bringe ich aber auch meinen Kindern bei: Es ist nicht die Aufgabe der Mama uns von vorne bis hinten zu bedienen.
Welches Buch lesen Sie gerade?
Bodo Schäfer
Was ist für Sie Luxus?
Zeit.
Meine letzten Worte sollen sein?
Gonz schen steil do (lacht)... Schön war es vielleicht. Das schlimmste was einem passieren kann ist, glaube ich, wenn man am Sterbebett etwas bereut, da noch einmal einen Konjunktiv zu haben wäre sehr schlimm für mich.
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Zur Person
Steckbrief
- Geburtstag: 7. November 1975
- Wohnort: Mallnitz
- Heimatort: Mallnitz
- Familie: Verheiratet, zwei Kinder (acht und drei Jahre alt)
- Beruf: Selbstständiger am Weg zum Unternehmer
- Hobbies: Sporteln, Musik und Familie, wobei Familie von der Wertigkeit her an erste Stelle gehört
- Vorbilder: Richard Branson - weil er Millionär ist (lacht), coole Ansätze hat und eigentlich aus dem Nichts kommt.
- Lieblingsspeise: Alles außer Innereien, und am liebsten Italienisch
- Lieblingsplatz: Irgendwo am Wasser, aufs Wasser zu schauen ist einfach schön
- Lebensmotto: Das Leben ist zu kurz für irgendwann - also nichts aufschieben .
Word-Rap:
- Steak oder Spinatlasagne? Steak
- Wein oder Hollunderwasser? Wein
- Strand oder Berg? Strand
- Schlager oder Heavy Metal? Heavy Metal
- Buch oder Ipad? Buch
- Theater oder Kino? Kino
- Turnschuhe oder Flip Flops? Turnschuhe
- Hemd oder Trainingsanzug? Hemd
- Auto oder Fahrrad? Fahrrad
- Campingplatz oder Hotel? Hotel
- Hund oder Katze? Keines von beiden
- Whats App oder Telefonat? Telefonat
- Fleisch oder Fisch? Fisch
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