Rückkehr des Wolfs macht Almbauern große Sorgen
Start in eine herausfordende Almsaison
Die begonnene Almsaison auf den knapp 2.000 Kärntner Almen ist angesichts des zurückgekehrten Wolfs von großen Sorgen der Almbauern gekennzeichnet.
OBERVELLACH. Darauf machten Landesrat Martin Gruber, der Präsident der Landwirtschaftskammer (LK) Kärnten, Siegfried Huber, sowie Almwirtschaftsvereins-Obmann Josef Obweger in einer gemeinsamen Pressekonferenz im Almgasthof "Himmelbauer" aufmerksam. Eindringlich appellierten die Drei an die breite Bevölkerung, sich bewusster mit der Problematik zu befassen, da über die Landwirtschaft hinaus auch der Tourismus betroffen sei.
Bereits 35 Risse
Agrar- und Jagdreferent Gruber belegte die Sorgen mit folgenden Zahlen: Im vergangenen Sommer seien in Kärnten 123 Nutztiere von Wölfen gerissen worden, heuer im Möll-, Drau- und Gailtal bereits 35. Obwohl die politischen wie auch rechtlichen Rahmenbedingungen mit der kürzlich von ihm weltweit einzigartigen Wolfsverordnung gegeben seien, die unbürokratische Maßnahmen gegen so genannte Problemwölfe ermögliche, sei die Angst nicht vom Tisch. Gruber berichtete von besorgten Müttern, ihre Kinder allein zum Bus gehen zu lassen. Oder auch von Drohungen aufgebrachter Bauern.
"Wolf vermehrt sich prächtig"
Huber betonte, nicht der Wolf, sondern die Almwirtschaft sei vom Aussterben bedroht. In Europa gebe es rund 20.000 Wölfe, die sich "prächtig vermehren" - doppelt so viele wie in den USA. Obweger ergänzte, auf den Almen gehe ein Fünftel der Tiere verloren. Deshalb hätten einige Kollegen bereits angekündigt, ihre Tiere nicht mehr auf die Alm zu treiben bzw. bei anhaltenden Problemen vorzeitig abzutreiben. Damit sei die "wertvolle Biodiversität", wie sie nur noch in Österreich, Bayern und Südtirol existiere, bedroht.
Schutz rechnet sich nicht
Herdenschutzmaßnahmen wird unisono, vornehmlich aus Kostengründen, eine Absage erteilt. So koste eine Behirtung rund um die Uhr mindestens 50.000 Euro pro Saison, eine Elektrifizierung der durchschnittlich 2.000 Meter Zaun pro Alm einschließlich Auf- und Abbau jährlich 7.500 Euro. Und die Anschaffungs-, Ausbidungs- und Versorgungskosten pro Herdenschutzhund würden auf 8.000 bis 10.000 Euro geschätzt. Summasummarum sei für einen umfassenden Schutz aller Kärntner Almen von bis zu 110 Millionen Euro auszugehen - eine Summe, die den Produktionswert der Tiere übersteige.
"Dialog nicht möglich"
LK-Präsident Huber, der mit seinen Gesprächspartnern in 1.281 Meter Seehöhe einen vermeintlich wolfssicheren Zaun in Augenschein nahm, verdeutlichte am Schweizer Beispiel, wie wenig effektiv Schutzmaßnahmen seien. Obwohl das Nachbarland mehr als 100.000 Franken pro Wolf ausgebe, hätten sich die Nutztierrisse in den vergangenen zehn Jahren auf 900 im Jahr 2020 verfünffacht. Ein konstruktiver Dialog mit Natur- und Artenschützern ist nach Grubers Worten ob deren "romantischer" Sichtweise nicht möglich. Der Landesrat forderte die Wolffreunde vielmehr dazu auf, sich vor Ort auf der Alm mit der Problematik zu befassen. Obweger schloss: "Ein friedliches Nebeneinander von Nutztier und Wolf hat es nie gegeben und wird es nie geben!"
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