Greifenburg-Neo-Ortschef: "Zeit für Wechsel war reif"
Greifenburg: Neo-Bürgermeister Josef Brandner (ÖVP) im WOCHE-Interview über seinen Vorgänger, seinen Zivilberuf und die Drautaler.
GREIFENBURG (schön). WOCHE: Selten kommt es vor, dass ein Bürgermeister, der zwölf Jahre in dieser Funktion war, abgewählt und durch einen Kandidaten einer anderen Partei ersetzt wird - warum konnten Sie sich am 1. März gegen Franz Mandl (FPÖ) durchsetzen?
BRANDNER: Ich habe bereits in der Vorwahlzeit eine gewisse Strömung und Bewegung in der Bevölkerung verspürt. So ist zu Tage getreten, dass die Bürger für etwas Neues offen und der Meinung sind, dass es Zeit für einen Wechsel ist. Zudem war ich zwölf Jahre Vizebürgermeister, ich habe ein fantastisches Team um mich, das - ebenso wie ich - Konstanz und Toleranz lebt und somit für die Menschen gut einschätzbar ist.
Was schätzen Sie an Franz Mandl und was waren größere Fehler?
Er ist ein geradliniger Mensch, der auch unliebsame Dinge angesprochen hat. Er hat es auch verstanden, die Gunst der Stunde der FPÖ/FPK/BZÖ-Regierung zu nutzen. Weiters wurde sein direkter Zugang zur Landesregierung seitens der Bevölkerung gut geheißen. Als amtierender Bürgermeister hat man in der Vorwahlzeit zwar einen großen Bonus, doch womöglich hat er diesen überschätzt, die Zeichen der Zeit nicht erkannt und im entscheidenden Moment zu wenig nachgesetzt.
Zwölf Jahre lang war Greifenburg also eine blaue Gemeinde. Können Sie sich in irgendeiner Art und Weise mit der blauen Politik identifizieren?
Die blaue wie auch die schwarze Politik ist bürgerlich ausgerichtet - die FPÖ ist zwar eher mittig rechts angesiedelt, doch in Greifenburg ist die blaue Politik nicht als rechtsradikal zu bezeichnen. Außerdem ist die Zeit der Blockbildung nahezu vorbei und die Bereitschaft, zu wechseln, sehr groß. Vier Jahrzehnte gab es mit blau, rot und schwarz drei gleich starke Blöcke, seit 2013 sind blau und schwarz stärker.
Was wollen Sie als Ortchef anders machen als ihr Vorgänger Franz Mandl?
Wir sind ein gutes Team, das sämtliche Berufssparten und Bevölkerungsschichten mehr mitnehmen will. Wir wollen, dass die Bürger sowohl in Bezug auf ihre Pflichten als auch auf ihre Rechte aktiv am kommunalen Geschehen teilnehmen - darunter hat Greifenburg in den letzten Jahren gelitten.
Eine Verjüngung, wie sie sich die ÖVP bundesweit auf die Fahnen heftet, hat durch Ihre Gemeindeführung nicht stattgefunden - Ihr Statement dazu?
Zwar bin ich mit 54 Jahren nicht der Jüngste, jedoch bin ich junggeblieben, leistungsfähig und offen für Traditionelles wie auch Neues. In unserem Team sind viele, junge Menschen aktiv - ich bin jedoch der Meinung, dass man als Bürgermeister ein bestimmtes Alter haben sollte, das Routine und Weitsicht mit sich bringt. Ein Bürgermeister, der zwischen 50 und 60 Jahre alt ist, befindet sich meiner Meinung nach im besten Alter für dieses Amt.
Sie sind Inspektionskommandant: Polizeidienst versus Bürgermeister. Kein Interessenskonflikt?
Einen Interessenskonflikt gibt es deshalb nicht, da meine Arbeitsstelle - obwohl ich 20 Jahre lang als Polizist in Greifenburg tätig war - heute in Spittal ist. Jedoch glaube ich, dass man, wenn man als Polizist auch Bürgermeister ist, noch mehr in der Auslage steht als Bürgermeister, die einen anderen Beruf ausüben. So ist man noch mehr gefordert, im Dienst sowie außerhalb des Dienstes korrekt zu leben und zu handeln.
Im Juli 2014 sagte Kräuterdorf-Gründer Eckart Mandler im WOCHE-Interview folgendes über das Drau- bzw. Mölltal: „Die Drautaler sind ein gelassenes, zufriedenes und, was das Organisieren betrifft, selbstständiges "Volk". Im Gegensatz zu beispielsweise den Mölltalern sind wir auch offener und haben einen größeren Weitblick. Man könnte sagen. "Umso höher die Berge, desto enger das Denken.“ Was sagen Sie dazu?
Da ich mich selbst dem Bergsport verschrieben habe, denke ich: Desto höher die Berge und desto weiter die Täler, desto weiter ist auch der Horizont der Menschen. Deshalb muss ich hierbei Eckart Mandler widersprechen. Gerade die hohen Berge bieten engagierten Menschen zahlreiche Komponenten, die sie mit nach Hause nehmen und in den engen Tälern vielfältig einsetzen können.
Was zeichnet die Mölltaler und was die Drautaler aus?
Die Mölltaler zeichnet aus, dass sie einen guten Weg einschlagen und diesen konsequent, von A bis Z, zu Ende gehen. Weiters verfügen sie über eine Gemeinsamkeit und Gemeinschaft, die man im Drautal nicht antrifft. Die Drautaler haben ebenfalls viele gute Ideen, jedoch gehen sie ihren Weg oftmals nicht bis zur letzten Konsequenz.
Wie sehen Sie die Zukunft der Emberger Alm?
DIe Emberger Alm ist einzigartig und ist bin der Meinung, dass ihr Wert bis heute nicht erkannt ist. Es handelt sich um ein Naherholungsgebiet für Familien in einer höheren Lage, das von nahezu allen genutzt werden kann. Da sich die Emberger Alm durch eben diese Familienfreundlichkeit auszeichnet, müsste sie auch von Einheimischen verstärkt genutzt werden. Infolge der Mundpropaganda, die dadurch entstehen würde, wäre sie auch für Gäste lukrativer.
Welche drei Projekte werden in den nächsten sechs Jahren fix umgesetzt?
1. Thermische Sanierung des Amtsgebäudes inklusive Schaffung eines behindertengerechten Zugangs
2. Implementierung einer Trinkwasserleitung in das Trinkwasserkraftwerk
3. Erweiterung der Friedhofsanlage
WORDRAP:
Neo-Bürgermeister Josef Brandner (ÖVP) im WOCHE-Wordrap über die präferierten Politiker der anderen Fraktionen, sein Lieblingsauto und seine Lieblingssportart:
ÖVP: Wilhelm Pacher (Bürgermeister Obervellach) oder Ferdinand Hueter (Bürgermeister Berg/Drau), also "leise Töne" oder "auf den Tisch klopfen"?
BRANDNER: Ferdinand Hueter, da er auf sein Art und Weise über die Gemeindegrenzen hinaus sehr vielen Leuten geholfen hat
SPÖ: Heinrich Gerber (Bürgermeister Baldramsdorf) oder Peter Ebner (Bürgermeister Stall)? Heinrich Gerber, da er Baldramsdorf seit langer Zeit bestens führt und Außenwirkung zeigt
FPÖ: Erwin Angerer (Bürgermeister Mühldorf) oder Peter Suntinger (Bürgermeister Großkirchheim)?
Erwin Angerer, da er beispielhaften Einsatz beim interkommunalen Gewerbeparkplatz gezeigt hat
Neos oder Grüne?
Grüne, da die eigentliche Form der Umweltpolitik große Berechtigung hat
Wirtschaft oder Soziales?
Wirtschaft: Wenn man etwas geleistet hat, kann man sich auch etwas leisten - dann haben die Stärkeren die Pflicht, auf die Schwächeren zu schauen
Ferrari oder Land Rover? Land Rover
Golf oder Fußball? Fußball, da ich jahrelang selbst im Teamsport aktiv war
Zur Sache:
Bei der Bürgermeisterwahl am 1. März konnte sich Josef Brandner (ÖVP) mit 53,39 Prozent gegen Franz Mandl (FPÖ), der 46,61 Prozent erreichte, durchsetzen.
Brandner war jahrelang als stellvertretender Polizeiinspektionskommandant in Greifenburg tätig. 2013 wechselte er zum Bezirkspolizeikommando Spittal, wo er die Aufgaben der Alpinpolizei im Bezirk ausübte.
Ebenfalls 2013 wurde er vom Bundesministerium für Inneres mit der höchsten Lebensrettermedaille der Republik, der "Goldenen Medaille am roten Band" ausgezeichnet.
Seit Oktober 2013 ist Brandner mit der Führung der Polizeiinspektion betraut und seit 1. Jänner 2014 ist er Inspektionskommandant der Dienststelle Spittal.
Zur Person:
Name: Josef Brandner (ÖVP)
Geboren am: 20. September 1960
Familienstand: Verheiratet, zwei Kinder
Beruf: Inspektionskommandant der Dienststelle Spittal
Hobbys: Outdoor-Sportarten wie Radfahren, Bergwandern sowie Autos
Lebensmotto: Zuerst muss man etwas leisten, bevor man sich etwas leisten kann
Die Kärntner Politik ist: spannend
Als Bürgermeister: ...hat man eines der schönsten Ämter inne, bei dem man hautnah am Bürger und am Geschehen ist
Kommentare
Du möchtest kommentieren?
Du möchtest zur Diskussion beitragen? Melde Dich an, um Kommentare zu verfassen.