"18 Not-Betten sind lächerlich"
Die Notschlafstelle Auffangnetz gibt es seit 20 Jahren. Der Leiter zieht Bilanz und blickt pessimistisch in die Zukunft.
ST. PÖLTEN (ah). Es hat minus neun Grad, als ich auf die Temperaturanzeige in meinem Auto schaue, bevor ich in der Nähe des Alpenbahnhofs parke, ehe ich mich zu Fuß zum Tageszentrum der Emmaus begebe. Kurz vor der Eingangstüre kommen mir zwei Männer entgegen. Sie grüßen mich freundlich, schauen aber ein bisschen misstrauisch. Im Eingangsbereich empfängt mich Werner Stöß, Leiter der St. Pöltner Notschlafstelle "Auffangnetz". "Kommens mal mit, ich zeig Ihnen a bissl das Haus!"
Im Warmen
Einige Männer sitzen im hausinternen Café, wo man alkoholfreie Getränke kaufen und den kalten Tag im Warmen verbringen kann. Ein Mann raucht gerade einen Zigarette, ein anderer liest Zeitung. Wir begeben uns in das Büro des "Hausmeisters", wie sich Leiter Stöß selbst mit Augenzwinkern nennt. 2016 feiert die soziale Notschlafstelle, die von der Sozialhilfe des Landes Niederösterreich finanziert wird, 20 Jahre. Es war vor Weihnachten im Jahr 1996, als sich die Stadt St. Pölten, das Land Niederösterreich und die Emmausgesellschaft zusammengetan hatten und eine menschenwürdige Nächtigungsmöglichkeit für Obdachlose schufen. Von Anfang an ist Stöß dabei und erklärt, dass sich die Situation der Armut und der Obdachlosigkeit seither nicht wirklich verändert hat. "Nur die Anzahl der Hilfesuchenden. Früher musste ich nur ein Mal im Jahr jemanden aufgrund Platzmangels wegschicken. Heute schon zwei Mal im Monat", gibt sich der Sozialhelfer verärgert. "Die Relation von 18 verfügbaren Betten zu 800.000 männlichen Einwohnern ist wohl selbsterklärend. Das Land muss dahingehend endlich handeln."
Hausmeister in der Nacht
Die Notschlafstelle "Auffangnetz" in der Kunrathstraße 33 hat täglich von 19 Uhr bis 7 Uhr morgens geöffnet. "Die Regeln sind simpel: Gewaltverzicht bei Streitereien, Drogen- und Alkoholabstinenz innerhalb der Einrichtung. Unser System funktioniert wirklich gut, das einzige Problem habe ich schon erwähnt. Es gibt einfach zu wenig Plätze. Unsere Stelle würde die Kapazitäten des Zentralraums leicht stemmen. Ganz Niederösterreich ist aber einfach zu viel. Ich poche darauf, dass jedes Viertel eine Notschlafstelle braucht." Gegenwärtig gibt es in ganz Niederösterreich nur die St. Pöltner Notschlafstelle. In Oberösterreich beispielsweise gibt es vier Notschlafstellen, die momentan überlaufen sind.
"Ich bin mir sicher, wenn es in Niederösterreich weitere Stellen mit 15 bis 20 Betten gäbe, würden diese keinesfalls leerstehen", so Stöß. Abschließend deckt er einen weitverbreiteten Irrtum auf. "Egal ob Sommer oder Winter - unsere Schlafstelle ist zu allen Jahreszeiten gleich stark belegt."
Auffangnetz
Seit 1996 gibt es die St. Pöltner Notschlafstelle für Obdachlose. Den Männern stehen 18 Betten zur Verfügung. Im Jahr 2016 verzeichnete die Organisation insgesamt 200 Aufnahmen. Seit der Eröffnung war die Stelle keine einzige Nacht geschlossen.
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