Vor den Vorhang
Frauen-Power am Landesgericht St. Pölten
Als erste Frau übernahm Hofrätin Mag. Andrea Humer am 1. September 2021 die Leitung des Landesgerichts St. Pölten. Sie ist damit gleichzeitig auch die Präsidentin der zehn Bezirksgerichte des Sprengels. Beginnend mit Johann Ranzoni (1854-1866) reiht sie sich nun als 22. Präsidentin in die Galerie ihrer Vorgänger.
ST. PÖLTEN (ip). Die gebürtige St. Pöltnerin, die nach der Matura zunächst in einer Handelsagentur arbeitete, beschloss während ihrer ersten Mutterkarenz ihren Interessen entsprechend Jura zu studieren. Im Jahr 1998 erhielt sie ihre erste Anstellung am Landesgericht St. Pölten, wo sie zunächst als Untersuchungsrichterin unter anderem nach der tragischen Gasexplosion in einem Mehrparteienhaus in Wilhelmsburg, die zehn Menschen das Leben kostete, tätig war. Zielstrebig fungierte sie danach als Strafrichterin, bemüht, sowohl als Einzelrichterin bei „kleineren Delikten“, wie auch als Vorsitzende bei Geschworenenprozessen ihrer Verantwortung als Richterin nachzukommen. „Alle sollen sich darauf verlassen können, dass alles entsprechend geprüft wird“, so Humer in ihrem Interview mit den Bezirksblättern.
Besondere Herausforderung
Eine besondere Herausforderung war für sie natürlich die Leitung des Prozesses um den Amstettner Josef F., der als „Inzestvater“ weltweites Medieninteresse hervorrief, wobei es nicht nur im Landesgericht, sondern auch im gesamten Areal insgesamt fünf Verhandlungstage von Pressevertretern wimmelte. Eine logistische Herausforderung ohnegleichen, jedoch bedurften auch die vergangenen eineinhalb Jahre organisatorischer Maßnahmen aufgrund der Pandemie, wie man sie sich bis dahin noch nicht vorstellen konnte.
„Covid“, so die Präsidentin, „hat bei uns vor allem auch die Digitalisierung beschleunigt.“ Wir haben für die Bevölkerung Möglichkeiten geschaffen, um deren Sicherheit und die aller Mitarbeiter zu optimieren, betont Humer.
Digitalisierung voran treiben
Ihr Ziel sei es, bis zu ihrer Pensionierung nicht nur das Landesgericht selbst, sondern auch alle zugehörigen Bezirksgerichte elektronisch auf den neuesten Stand zu bringen. Darüber hinaus möchte sie vor allem das hohe Niveau ihres Sprengels aufrecht erhalten und ihren Beitrag zu dem gewohnt guten Betriebsklima leisten. Dieses zeige sich unter anderem dadurch, dass es kaum Richter gebe, die bestrebt seien, an einen anderen Standort zu wechseln.
Als Richterin, die sich über einige Jahre hauptsächlich mit dem Sexualstrafrecht auseinandersetzte, blickte sie oft in die tiefsten Abgründe von Menschen. Dazu sei es notwendig einen emotionalen Selbstschutz aufzubauen. Als Ehefrau, Mutter von zwei Kindern und Großmutter müsse sie imstande sein, das berufliche Grauen aus ihrem Privatleben herauszuhalten. Ihre beiden Hobbies, Gartenarbeit und Kochen, bieten ihr dabei die beste Gelegenheit, die schönen Dinge des Lebens zu genießen.
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