"Man sagt, die hat an Poscha"

Als Auslöser für ihre bipolare Störung nennt Karin S. eine "Gewalterfahrung". Mit der Diagnose fiel ihr "ein Stein vom Herzen".

ST. PÖLTEN (jg). Sie hatte sich vertratscht und das Taxi verpasst. Der Fußweg mit drei vollgepackten Taschen war zu lange. In der Polizeiinspektion in der Linzer Straße sollte ihr geholfen werden. Ob ihr jemand ein Taxi rufen könnte, fragte sie dort die Beamten. "Haben Sie kein Handy", bekam sie zur Antwort. Nein, sonst hätte sie selbst zum Hörer gegriffen. Die Frau ging in die Luft. Schimpfte auf die Beamten ein. Die Situation eskalierte.
Eine Verrückte, die auf Beamte losgeht, könnte man meinen. Man kann die Geschichte aber auch aus der Perspektive von Karin S. erzählen. "Ich hatte Glück. Denn hätte ich jemandem eine aufgelegt, wäre ich in der Psychiatrie gelandet", sagt sie über einen ihrer Ausbrüche. "Wenn ich manisch bin und Schmerzen habe, dann werde ich psychotisch, dann ist mir wirklich alles egal."

Gewalterfahrung als Auslöser

Karin S. wuchs in einem gutbürgerlichen Haushalt auf, arbeitete früher bei der Gewerkschaft für Privatangestellte und führte Arbeitsrechtsberatungen durch. Heute wohnt sie in einer betreuten Wohnung, sucht regelmäßig Hilfe beim psychosozialen Dienst und in Gruppentherapien. Die St. Pöltnerin leidet an einer bipolaren Störung. Sie ist manisch-depressiv. Laut Experten erkranken europaweit drei Prozent der Bevölkerung an einer bipolaren Störung. S. schätzt, dass es weit mehr sein dürften, und beschreibt ihre Symptome mit "himmelhoch jauchzend und zu Tode betrübt". Im Jahr 1999 wurde sie von ihrer großen Liebe, einem Ex-Polizisten, mit dem sie nach Amerika auswandern wollte, mit einem Messer verletzt. "Das ist der Ursprung", sagt sie über die "Gewalterfahrung". 2006 wurde eine Depression mit Angststörung diagnostiziert. Die bipolare Störung wurde schließlich vor zwei Jahren erkannt. "Bei der Diagnose war ich erleichtert, weil ich immer das Gefühl hatte, unzulänglich zu sein", sagt S. "Als die Betreuerin sagte, dass es sich um eine schwere Krankheit handelt, fiel mir eine Last von den Schultern".

Wach bis zur Erschöpfung

Mit der Krankheit umzugehen, ist aber dennoch kein Leichtes. S. spricht von einem Tabuthema. "Man sagt, die hat an Poscha, aber keiner weiß, was dahintersteckt" – Dass sie sich in der depressiven Phase versucht zurückzuziehen, in eine finstere Höhle, ohne Zukunftsperspektiven, wo es kalt und nass ist, wo S. einsam ist. In manischen Phasen ist sie hingegen euphorisch, startet häufig unrealisierbare Projekte, gibt mitunter viel Geld aus und ist drei Tage wach. Bis zur völligen Erschöpfung.

"Will Licht ins Dunkel bringen"

Warum macht Karin S. ihre Leidensgeschichte öffentlich? "Ich will Licht ins Dunkel bringen", sagt sie. S. will also anderen Ängste nehmen, aus Scham nicht zum Arzt zu gehen. In Österreich leiden laut Experten etwa 1,2 Millionen Menschen an einer psychischen Erkrankung. 840.000 davon werden mit Medikamenten behandelt.

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