St. Pölten schöpft Hoffnung im SWAP-Prozess

- Bürgermeister Matthias Stadler und Rechtsanwalt Lukas Aigner hoffen das durch das Urteil von Bruck an der Leitha der Prozess eine neue Richtung findet.
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Das Handelsgericht Wien traf eine Entscheidung zur Klage der Stadt Bruck an der Leitha gegen die Raiffeisenlandesbank NÖ Wien AG und bestätigte mit diesem in Österreich richtungsweisenden Urteil die Rechtsmeinung der Stadt St. Pölten.
Mit der Entscheidung des Handelsgerichts Wien liegt nun erstmals ein Urteil eines österreichischen Gerichts in Zusammenhang mit den Swap-Geschäften zwischen Banken und Gemeinden vor.
Die österreichische Judikatur folgt damit der Rechtsprechung des deutschen Bundesgerichtshofes, der die Verletzung der Informations- und Beratungspflichten der Bank gegenüber dem Kunden als zentralen Tatbestand aufgreift. Insofern bekräftigt das vorliegende Urteil des Handelsgerichts auch den Schritt der Stadt St. Pölten, die Unbefangenheit des Richters in Zweifel zu ziehen, hat sich dieser doch mehrmals ohne nähere Begründung dazu geäußert, die deutsche Rechtsprechung nicht berücksichtigen zu wollen.
In dem Swap-Verfahren, das die Stadt St. Pölten gegen die RLB NÖ-Wien führt, sind insbesondere im Punkt negativer Anfangswert und Interessenskonfliktlagen die Sachverhalte gleichgelagert.
„Das Urteil des Handelsgerichts Wien führt dieselben Argumente für die Haftung der Bank an wie die Stadt St. Pölten im Prozess gegen die RLB-NÖ Wien. Wir sehen daher weiterhin – jetzt mit dem Urteil für die Stadt Bruck an der Leitha noch verstärkt – dem gerichtlichen Verfahren gegen die RLB NÖ Wien sehr positiv entgegen“, so Bürgermeister Mag. Matthias Stadler.
Schwerwiegende Beratungsmängel
In seinem noch nicht rechtskräftigen Urteil vom 2. 7. 2014 unter der Geschäftszahl 19 CG 171/11k hat das Handelsgericht Wien festgestellt, dass es plausibel sei, warum den Vertretern der Gemeinde Bruck an der Leitha das Risiko dieses Swap-Geschäfts auf der Basis der Beratung der Bank gering erschien und dass die Gemeinde bei tatsächlicher Kenntnis des Geschäfts und der massiven Interessenkonflikte, in denen die Bank bei der Beratung stand, nie abgeschlossen hätte.
Als haftungsbegründender schwerwiegender Beratungsfehler wurde unter anderem festgestellt, dass
• der Gemeinde der Swap von der Bank angeboten wurde, als Möglichkeit mit geringem Risiko zusätzliche Erträge zu erzielen, obwohl es sich um ein Hochrisikogeschäft handelte
• der Swap bereits bei Abschluss des Geschäfts einen negativen Marktwert aufgewiesen hat, über den die Bank nicht informiert hat. „Aus einem negativen Anfangswert wäre nicht nur das erhebliche finanzielle Interesse“ der Bank am Abschluss hervorgekommen, es hätte sich das Geschäft für die Stadt auch „als viel risikoreicher dargestellt“. Schließlich ist es „gerade bei einem Laien plausibel, dass er kein Geschäft macht, mit dem er etwas verdienen will, wenn er damit bereits am Anfang im Minus ist“
• die Bank den Kunden bei einem derartigen Geschäft auf den selben Wissensstand bringen muss, über den sie selbst verfügt
• negative Entwicklungen in den Informationen der Bank nicht ordnungsgemäß dargestellt worden sind
• selbst für die Verkäufer der RLB NÖ-Wien die finanzmathematische Strukturierung eines derartigen Produkts durch die Treasury-Abteilung nicht nachvollziehbar ist
• es sich bei dem Swap um ein strukturiertes Finanzprodukt mit einem grundsätzlich der Höhe nach unbegrenztem Risiko gehandelt habe
• der negative Marktwert Ausdruck eines schwerwiegenden Interessenskonflikt der Bank ist, und schon daher die Gefahr begründet, dass die Empfehlung der Bank zum Geschäftsabschluss „nicht allein im Kundeninteresse abgegeben wurde“
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