Gericht

St. Pöltner Anwältin punktete in Salzburg

ST. PÖLTEN/SALZBURG (ip). Als sich im vergangenen Oktober ein 42-jähriger Pensionist aus dem Bezirk St. Pölten Land wegen Mordversuchs in Salzburg vor einem Schwurgericht zu verantworten hatte, musste er auch eine lebenslange Freiheitsstrafe ins Auge fassen. Doch in wenigen Wochen könnte der Verurteilte nun mit Fußfessel aus der Haft entlassen werden.

Am 23. April 2021 verständigte der Pensionist, der mit seiner 45-jährigen Partnerin in Zell am See (Slzbg) lebte, die Rettung und erklärte, er habe gerade seine Frau umbringen wollen. Trotz akut lebensgefährlicher Messerstiche im Brustbereich konnte die Frau gerettet werden. Ihrer Aussage nach sei es zu einem Streit gekommen, bei dem der Mann schließlich auf sie eingestochen habe.
Das Paar lernte sich bei einem Alkoholentzug 2017 kennen, schließlich übersiedelte der Niederösterreicher zu der Frau, wo sich beide abermals dem Alkohol zuwendeten. Am 23. April hatte der Pensionist bereits mehr als zwei Promille, auch die Frau war erheblich alkoholisiert. Zunächst lieferte der 42-Jährige unterschiedliche Versionen, sprach von einer dritten Person als Täter und behauptete zuletzt, die Frau habe sich die Messerstiche selbst zugefügt. Er habe ein Messer aus ihrer Brust gezogen, als er aufwachte und sie damit auf der Couch liegend vorfand.

Als Verteidigerin zog die St. Pöltner Anwältin Maria Dieterich-Strohmayer alle Register, sprach von emotionaler Abhängigkeit und massivem Alkoholmissbrauch des Paares. Die Frau habe psychische Probleme gehabt, Übergriffe auf sich erfunden und oft von Suizid gesprochen. „Mein Mandant geht davon aus, dass sich das Opfer die Verletzungen selbst zugefügt hat“, meinte Dieterich-Strohmayer und verwies auf das medizinische Gutachten, wonach dies durchaus möglich gewesen wäre. Vor allem habe der Beschuldigte kein Motiv gehabt, seine Lebensgefährtin umzubringen. Als Entlastungszeugin nannte die Verteidigerin die geschiedene Frau des Angeklagten, die erklärte, dass ihr Ex-Mann nicht einmal einer Fliege etwas zu leide tun könne. Eindringlich warnte die Anwältin die Geschworenen davor, aufgrund der Häufung von Gewalttaten an Frauen nicht alle über einen Kamm zu scheren, sondern mit der nötigen Distanz zu urteilen.

Eine Selbstverletzung schlossen die Geschworenen aus, ebenso war aber auch eine Tötungsabsicht für sie nicht erkennbar. Mit zweieinhalb Jahren Haft (die U-Haft wird eingerechnet) wegen absichtlich schwerer Körperverletzung rückte schließlich die Freiheit für den St. Pöltner in greifbare Nähe.