Verzweiflung nach der Geburt
15 Prozent der jungen Mütter leiden an postpartaler Depression. Hebamme Elisabeth Winter kämpft in St. Pölten für die Enttabuisierung der Krankheit.
ST. PÖLTEN (red). Elisabeth Winter sitzt im Haus der Caritas in der Brunngasse 23 in St. Pölten. Dritter Stock, ein Seminarraum wie viele andere. Im Regal ein Buch mit dem Titel "Therapie in der Gesellschaft". Genau darum geht es hier jeden letzten Donnerstag im Monat. Unter dem Titel "Lachen & Weinen – Ein Baby...und alles läuft anders als erwartet" soll jungen Müttern, die an einer postpartalen Depression leiden, die Möglichkeit zum Austausch gegeben werden.
15 Prozent der Frauen leiden unter einer postpartalen Depression. Zieht man die über 700 Babys, die heuer bis Oktober im Universitätsklinkum St. Pölten das Licht der Welt erblickten, heran, dürften in St. Pölten rund 105 Frauen von der Krankheit betroffen sein. In vielen Fällen ergeht es diesen wie Theresa. Sie litt nach der Geburt ihres Sohnes an Schlaflosigkeit, Erschöpfung, Antriebslosigkeit und Verzweiflung. Erst Suizidgedanken wurden ernst genommen. Theresa selbst rief daher in St. Pölten eine von Winter begleitete Selbsthilfegruppe für junge Mütter, die an einer postpartalen Depression leiden, ins Leben.
Nach wie vor ein Tabuthema
Laut Winter, die auf 30 Jahre Erfahrung als Hebamme zurückblickt, bliebe die Depression in vielen Fällen unbehandelt. Die Krankheit, die so gar nicht in das Bild des Babyglücks passt, sei nach wie vor ein Tabuthema und in der Gesellschaft nicht akzeptiert – nicht zuletzt, weil das Anforderungsprofil an junge Mütter gestiegen sei. "Sie müssen stillen, gut aussehen und am besten im Job erfolgreich sein. Hier ist man nicht im 21. Jahrhundert angekommen", sagt Winter. Die Tabuisierung würde Betroffene zudem weiter in die Isolation treiben.
Genau hier will Winter ansetzen: In der Gruppe können sich Mütter Tipps geben. Der große Benefit dabei: "Zu sehen, dass man nicht alleine ist", so Winter.
Selbsthilfegruppe
Die Selbsthilfegruppe für Mütter, die an postpartalen Depressionen leiden, trifft sich jeden letzten Donnerstag im Monat in Brunngasse 23 in St. Pölten. Anmeldung bei Elisabeth Winter wird unter 0664/914 96 35 erbeten.
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