Zeitungsverkäufer nahm behinderten Jugendlichen aus
Der Täter wurde zu einer Freiheitsstrafe von 24 Monaten verurteilt.
ST. PÖLTEN (ip). Besonders niederträchtig nutzte ein 26-jähriger Zeitungsverkäufer die offensichtliche Beeinträchtigung eines 17-Jährigen aus. Der Rumäne schuf gemeinsam mit einem noch gesuchten Landsmann ein Bedrohungsszenario, mit dem er sein Opfer dazu brachte, insgesamt 400 Euro bei einem Bankomat am Bahnhof in St. Pölten abzuheben.
„Raub“ nannte Staatsanwältin Christiane Burkheiser die Vorgehensweise der Rumänen, die dem Behinderten am 5. März 2018 suggerierten, dass ihm etwas passiere, wenn er ihrer „Bitte“ nicht nachkomme. Der 26-Jährige, der mittels Dolmetscher betonte, dass er bereits zehn Jahre in Österreich sei und noch nie Probleme gehabt habe, legte ein Tatsachengeständnis ab, wobei er seine abschwächende Verantwortung jeweils korrigierte, wenn er mit der Aussage des Opfers konfrontiert wurde.
„Ich wusste nicht, dass er behindert ist“
Demnach war der Rumäne mit seinen Zeitungen zielstrebig auf den Burschen zugegangen und habe ihm ein Exemplar in die Hand gedrückt. Der 17-Jährige wollte das Blatt zurückgeben, da meinte der Verkäufer, er müsse es jetzt bezahlen, da er es schon in der Hand gehabt habe. Das Opfer hatte zu wenig Kleingeld bei sich und nachdem ihm der Verkäufer und dessen Kollege so nahe traten, bekam der Jugendliche es mit der Angst und ließ sich zum Bankomat drängen. Mehrmals behob er Geld, insgesamt 400 Euro und wie auf einem Überwachungsfoto zu erkennen, standen die beiden Rumänen dicht bei ihm. Er habe immer nur „bitte, bitte“ gesagt, meinte der Beschuldigte, denn er habe das Gefühl gehabt, der Bursche wollte ihm helfen. „Ich wusste nicht, dass er behindert ist“, behauptete der 26-Jährige, während der Vater des Opfers meinte: „Nach den ersten zwei Worten weiß man, wen man vor sich hat.“
Berücksichtigung der Milderungsgründe
Davon konnten sich sowohl Burkheiser als auch Richter Slawomir Wiaderek bei einer kurzen Einvernahme des 17-Jährigen überzeugen. „Ich habe gezittert und gehofft, dass es bald genug ist“, schilderte dieser. Von gerne oder freiwillig geben, sei keine Rede gewesen.
Trotz des Einwandes von Verteidiger Dan Badea, der die Sache nicht als „Raub“ sah, auf Unbescholtenheit, Geständnis und bereits geleistete Schadensgutmachung seines Mandanten verwies, entschied der Schöffensenat im Sinne der Anklage. Unter Berücksichtigung der Milderungsgründe verurteilte er den Zeitungsverkäufer, der seiner Aussage nach monatlich 1.000 Euro damit verdiene, zu einer Freiheitsstrafe von 24 Monaten, 16 davon bedingt (rechtskräftig).
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