PISA-Flop: Kampf um Schulreform tobt
Das miese Abschneiden der österreichischen Schüler beim jüngsten PISA-Test ruft nun die Politik auf den Plan: Während die Roten auf einer Aufhebung der 10 %-igen Deckelung der „Neuen Mittelschule“ beharren, schnürt VP-LR Johann Heuras ein Bildungsangebot ...
NÖ (HL). Bücher entwickeln sich zur Vorweihnachtszeit einmal mehr zum Verkaufsschlager: Fragt sich nur, wer die lesen soll? Schließlich erwies sich die Jugend der Alpenrepublik beim aktuellen PISA-Test (Schwerpunkt: Lesen und Verstehen von Texten) als Literatur-resistent: Als 31. von 34 OECD-Ländern rangieren wir gerade noch vor Chile, Mexiko und der Türkei. „Jetzt ist die Zeit gekommen, der Neuen Mittelschule flächendeckend den Weg zu ebnen. Sie ist das zukunftsträchtige Bildungsmodell, jeder sollte die Chance erhalten, eine Schule dieses Typs besuchen zu können“, betont SP-LHStv. Sepp Leitner.
Der Hintergrund des Leitner’schen Vorpreschens: Nur zehn Prozent der blaugelben Bildungsstätten ist es erlaubt, sich der roten Schul-Ideologie auch zu verschreiben. „Ein durch und durch undemokratischer Zustand“, ärgert sich SP-Landesgeschäftsführer Günter Steindl, „der Bildungsweg ist nicht frei wählbar, jene, die nicht in unmittelbarer Nähe eines Neuen Mittelschul-Standorts wohnen sind gezwungen, das alte Schulmodell zu akzeptieren.“ Rückendeckung erhält Steindl von Bildungsministerin Claudia Schmied („Wir müssen den begonnenen Weg der Bildungsreform konsequent weiterführen“) und Jakob Winter, seines Zeichens Landesvorsitzender der „Aktion kritischer SchülerInnen NÖ“. „LH Erwin Pröll provoziert einen völlig unnötigen Kompetenzstreit, wir sind die Leidtragenden“, schlussfolgert Winter – und fordert ebenso die landesweite Einführung der Gesamt-/Ganztagsschule der 10- bis 15-Jährigen. Als Vorteile des roten Modells werden im Übrigen Teamteaching (zwei Lehrkräfte bei Hauptgegenständen), Individualisierung (intensiviertes Eingehen auf den einzelnen Schüler) sowie das Durchziehen der Maxime „Fordern und Fördern“ genannt – Kriterien, denen auch VP-Bildungs-LR Johann Heuras höchste Priorität einräumt.
Bildungsangebot geschnürt
Zwar stellt sich Heuras gegen das Vorantreiben der Gesamtschule („Ist nicht der Stein der Weisen“) und ortet im PISA-Ergebnis einen neuerlichen Beweis fürs Versagen Schmieds („Bei Reformen ist nicht viel weitergegangen“), Teamteaching & Co. bezeichnet er jedoch ebenfalls als „pädagogisch wertvolle, zu forcierende Aspekte“. Mehr noch: Auch Heuras wünscht sich eine Aufhebung der 10 %-igen Schulmodell-Limitierung.
Heuras: „Die ist aber auf Grund fehlender Finanz-Ressourcen des Bundes nicht in Sicht, wir sind einmal mehr gezwungen, einen eigenständigen Weg zur Aufwertung unserer Schulen einzuschlagen.“ Vorbereitungen zum Beschreiten besagten NÖ-Wegs haben zudem schon eingesetzt: Ein Bildungspaket nach dem Muster der Mittelschule mit VP-Prägung wird zur Zeit geschnürt (darin inkludiert: pädagogische Konzepte wie Teamteaching, Plus an schulischer Eigenverantwortung und Individualität vor Ort), läuft alles plangemäß, geht das Angebot an NÖs Bildungsstätten zu Beginn nächsten Jahres raus. „Wir können und wollen Reformen des Bundes nicht abwarten, wir nehmen es selbst in die Hand“, meint Heuras – und erhofft sich davon auch einen „Schub zur Aufwertung der Hauptschulen“.
Steindl zeigt sich dennoch wenig beeindruckt. „Offenbar übernimmt Heuras nun die Position der SPÖ. Löblich – doch sollte er versuchen, auch seinen Parteichef endlich von der Aufhebung der 10 %-igen Deckelung zu überzeugen. Die schulische Blockadepolitik hat augenscheinlich doch einen Namen: Erwin Pröll.“
Das will der Bund
Nach dem jüngsten PISA-Absturz der heimischen Schüler legte Bundesministerin Claudia Schmied (SPÖ) ein 10-Punkte-Programm vor, das folgende Handlungsfelder umfasst:
- Sprachförderung bereits ab dem Kindergarten
- kleinere Klassen und Individualisierung im Unterricht
- zusätzliche Offensivmittel für städtische Schulen
- Ausbau der Neuen Mittelschule mit zwei LehrerInnen in Deutsch, Mathematik und Englisch
- Ausbau der ganztägigen Schulangebote mit verstärkter Förderung
- Investitionen in LehrerInnenbildung und -fortbildung
- Einsatz von Bildungsstandards mit begleitender Feedback-Kultur in 4. und 8. Schulstufe
- Weiterentwicklung der österreichweiten Schulaufsicht in Richtung Qualitätsmanagement
- Gezielte Unterstützung für LehrerInnen, Einführung eines attraktiven Dienst-/Besoldungsrechts
- Gesprächskultur mit Schulpartnern/Bildungsverantwortlichen
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