Besonders wichtig: "Verständnis zeigen"

Gerhard Huber | Foto: KK
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Gerhard Huber liest in St. Veit und erzählt über sein überstandenes Burnout.

WOCHE: Im Jahr 2007 hat Sie Burnout mit voller Wucht erwischt. Was war Ihr absoluter Tiefpunkt?
Gerhard Huber: Der absolute Tiefpunkt war der absolute Zusammenbruch. Zu nichts mehr fähig zu sein, kaputt, ausgelaugt, aufgebraucht, fertig, tot zu sein. Körperlich tot, geistig tot, emotional tot, seelisch tot. Es war für mich eine absolute Gratwanderung zwischen Sein und Nichtsein. Eine Zeit zwischen "mir die Pulsadern aufzuschneiden", "unter den Zug zu gehen" oder "mir das Gewehr anzusetzen". Wenn jemand ein Burnout nicht an seinem eigenen Leib erfahren hat, dann hat er keine Ahnung, was da tatsächlich mit einem Menschen geschieht bzw. geschehen kann. Soviel auch in Richtung "Besserwisser" und "besonders gescheite Leute", die glauben, über Betroffene herziehen, sie schlecht machen und kritisieren zu dürfen, obwohl sie gar keine Ahnung.

Heute ist das Thema "Burnout" in aller Munde. War Ihnen damals von Beginn an bewusst, woran Sie litten?
Nein. Ich habe damals wohl schon gewusst, dass es Burnout gibt, doch ich selbst habe mein Burnout bis zum Schluss verdrängt, weil ich immer der Meinung war, das ist nicht so schlimm, das wird schon wieder vergehen, und weil man ja nicht wegen "jeder Kleinigkeit" zum Arzt geht. Ich habe auch immer gedacht, dass mir so etwas nie und nimmer passieren kann. Doch weit mehr als nur gefehlt.

Was waren die ersten Anzeichen?
Zittern, Schweißausbrüche, Herzstechen, Schlafstörungen, die immer schlimmer geworden sind, Vergesslichkeit.

Wie ist Ihre Familie mit der Situation umgegangen?
Meine Frau und meine Kinder wollten mir immer helfen, doch ich habe ihnen immer gesagt, dass alles in Ordnung sei. Auch, weil ich meine Probleme nicht auf meine Familie überwälzen wollte, ich auch immer gewohnt war, meine Probleme selber auf die Reihe zu bekommen, wie wir alle es immer wollen. Doch es war ein großer Fehler. Viel besser und leichter wäre es gewesen, wenn ich meiner Familie sofort gesagt hätte, wie dreckig es mir geht. Gemeinsam geht nämlich alles einfacher. Man muss es auch nicht alleine durchstehen. Insgesamt war es auch für meine Familie die gleiche Gratwanderung wie für mich. Doch ich habe Hilfe bekommen, meine Familie leider nicht. Ich hoffe sehr, dass in Zukunft nicht nur der Betroffene alleine gesehen wird, sondern auch seine ganze Familie, weil niemand annehmen darf, wenn jemand in der Familie die Diagnose Burnout erhält, der Rest der Familie gleich weitermachen und seine Leistung im Alltagsleben, in der Schule oder im Beruf wie bisher erbringen kann. Das geht gar nicht.

Wie kann man einem möglichen Burnout entgegenwirken?
Das soll jetzt nicht überheblich klingen, doch ich glaube, dass meine drei Bücher die beste Prävention überhaupt sind. Wenn man sie rechtzeitig liest. Ich glaube aber auch daran, dass meine Bücher auch Betroffenen und deren Lebenspartnern samt Familie helfen. Ein ehemals Betroffener sieht die Dinge halt viel tiefgründiger und spricht nicht von Ärzte-Ebene zu Patienten-Ebene, sondern mit den Betroffenen auf Augenhöhe. Das schafft zusätzliches Vertrauen und gibt zusätzliche Hoffnung, Mut und Zuversicht.

Wie sollten Angehörige von Betroffenen mit dem/derjenigen umgehen?
Obwohl alle Angehörigen nur das Beste für den Betroffenen wollen, so können sie sicher sein, dass sie in 99,9 Prozent der Fälle genau das Falsche sagen und das Falsche tun. Und irgendwann kann der Betroffene all diese Dinge, die ihm gesagt werden, was er angeblich tun muss, nicht mehr hören. Er beginnt eine Mauer um sich aufzubauen. Und irgendwann erreichen sie ihn dann überhaupt nicht mehr. Also einfach nur Verständnis zeigen, für ihn da sein, ihn in den Arm nehmen. Für alles andere gilt "weniger ist mehr".

Wann sollte ein Arzt aufgesucht werden?
So früh wie nur möglich, um größeres Leid vermeiden zu können. Doch auch bei den Ärzten (und Ämtern) ist leider nicht alles Gold was glänzt - so meine eigenen Erfahrungen und die ganz vieler meiner Mitpatienten. (Ohne hier irgendjemanden kritisieren oder gar nahetreten zu wollen.) Doch leider wurde ich auch von solchen "abgestempelt". Es kam null Verständnis, ich wurde als Tachinierer und Arbeitsverweigerer hingestellt. Ich bin beleidigt, wie ein Schwerverbrecher verhört worden. Da geht es einem so was von dreckig und dann wird noch immer auf einen "eingetreten". Das gehört sich nicht.

Wenn man ein Burnout überstanden hat. Wie schafft man es, nicht wieder "hineinzuschlittern"?
Da gibt es viele Antworten. Eine davon ist, all diese Dinge erkennen zu lernen, die einem in dieses Burnout gebracht haben und dann versuchen, all das nicht mehr zu tun bzw. all diese Dinge nicht mehr zuzulassen. Egal ob diese von der beruflichen Seite kommen, der privaten, der gesellschaftlichen, der wirtschaftlichen oder von sonst wo her.

ZUR SACHE:
Lesung: "Zeichen oder der Flug der Schwalben", 3. Buch von Gerhard Huber
Mittwoch, 19. Februar, 19 Uhr, Buchhandlung Besold, Hauptplatz 14, St. Veit

ZUR PERSON:
Name: Gerhard Huber
Alter: 53
Wohnhaft in: Feldkirchen
Beruf: Schriftsteller, Autor, Vortragender
Familienstand: glücklichst verheiratet mit meiner grandiosen Sabine und zwei super-tolle Kinder namens Oliver und Benjamin
Hobbys: Leben, Sein, Wahrnehmen, Spüren, Fühlen, Geben
Lieblingsbuch: "Zeichen oder Der Flug der Schwalben" ohne jetzt für mein Buch Werbung machen zu wollen, weil es wie gesagt, pure Dankbarkeit ist.
Lebensmotto: siehe Hobbys

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