Weitensfeld
Das Kranzelreiten findet ohne Besucher statt
Das Kranzelreiten zu Pfingsten findet heuer aufgrund der CoV-Pandemie in kleinem Rahmen und ohne Besucher statt. Ausfallen lassen kann man die Veranstaltung nicht, denn ansonsten bricht laut Überlieferung Unheil über den Markt herein: In der Nacht stehen die Pesttoten auf und reiten über die Marktstraße.
WEITENSFELD. Zu Pfingsten findet in Weitensfeld das weit über die Grenzen Kärntens bekannte Kranzelreiten, von der Unesco als Immaterielles Kulturerbe anerkannt, statt. Tausende Besucher kommen jährlich ins Gurktal, wo vier Tage im Zeichen von Unterhaltung, Spaß und Brauchtum stehen. Höhepunkt der Feierlichkeiten: Am Pfingstmontag stürmen die Reiter durch den Ort, bevor der Wettlauf von drei Burschen um den Kuss der steinernen Jungfrau startet. Viele ehemalige Weitensfelder kehren zu Pfingsten in ihre alte Heimat zurück, um Bekannte zu treffen und Familien zu besuchen. Disco, Volkstänze, Gstanzelsingen, Pfingstreiter, Platzkonzert und der eigens für das Kranzelreiten komponierte "Gurktaler Walzer", aus all dem wird heuer nichts. Denn die Auswirkungen der neuartigen Lungenkrankheit machen auch vor jahrhundertealtem Brauchtum nicht Halt.
Damit die Pesttoten nicht wiederkehren
Seit dem 16. Jahrhundert findet in Weitensfeld das Kranzelreiten statt. Bisher ohne Unterbrechung. Denn das Brauchtumsfest muss jedes Jahr stattfinden, heißt es in der Überlieferung; sonst bricht der Sage nach Unheil über den Markt herein: In der Nacht stehen die Pesttoten auf und reiten über die Marktstraße.
Statt des großen Brauchtumsfestes wird es daher heuer zu Pfingsten nur einen symbolischen Ritt einiger Kranzelreiter durch den Ort geben. Damit wird der Symbolik des Kranzelreitens, des „Austreibens der Pest“, Genüge getan. Der Wettlauf um die Jungfrau kann heuer nicht stattfinden.
"Die zur Eindämmung von Covid-19 bestehenden gesetzlichen Vorgaben stellen uns vor große Herausforderungen. Leider fällt auch das traditionelle Kranzelreiten zu Pfingsten unter die von der Bundesregierung gesetzten Vorgaben, welche unter anderem das Abhalten von größeren Veranstaltungen im Freien untersagt", heißt es aus der Gemeindestube.
Daher hat der Gemeindevorstand der Marktgemeinde Weitensfeld in Absprache mit der Pfarre Weitensfeld, dem Pfingstausschuss, der Freiwilligen Feuerwehr Weitensfeld, der Trachtenkapelle Zweinitz, der Trachtengruppen Weitensfeld und Zweinitz, dem Marktrichter, der Polizeiinspektion Weitensfeld und dem Obmann der Weitensfelder Wirtschaft den Ablauf für das Kranzelreiten 2020 im kleinen Rahmen geplant.
Der Ablauf des Kranzelreitens 2020
Für den Pfingstmontag ist am Vormittag die Feier einer Heiligen Messe im kleinen Rahmen geplant. Der Heiligen Messe werden Abordnungen von Vereinen und Gruppen beiwohnen. Im Anschluss werden über die Zeitdauer von 15 Minuten die Kirchenglocken läuten. Dieses „mahnende Geläut“ sollte auf die aktuelle Situation hinweisen, erklärt Bürgermeister Franz Sabitzer.
Um das Unheil vom Markt abzuwenden, werden maximal fünf Kranzelreiter im „scharfen“ Galopp die „Pest“ austreiben. Sonst stürmen 40 Reiter durch den Markt. "Laut der aktuell geltenden Bestimmungen sind Ansammlungen im öffentlichen Raum verboten. Besucher sind am Pfingstmontag beim Kranzelreiten ausdrücklich nicht erwünscht", appelliert Bürgermeister Franz Sabitzer. Beamte der Polizeiinspektion Weitensfeld würden dies kontrollieren.
Sonderausgabe für die Bürger
Für die Bürger hat die Marktgemeinde Weitensfeld zudem eine extra angefertigte Sonderausgabe herausgebracht. "Zur Tradition verpflichtet in außergewöhnlichen Zeiten" lautet der Untertitel. In der Schrift legen der Bürgermeister, der Obmann des Pfingstausschuss Peter Bretis und der Obmann der Weitensfelder Wirtschaft Max Strohmaier dar, in welcher Form das Kranzelreiten heuer über die Bühne geht. Außerdem gibt es eine umfangreiche und detaillierte Beschreibung des Brauchtums.
Das Kranzelreiten zu Weitensfeld
Der mündlichen Überlieferung folgend entstand der Brauch im 16. Jh. 1567 wurde Weitensfeld von einer Pestepidemie heimgesucht. Nur drei Bürgersöhne und das Burgfräulein aus dem Schloss "Thurnhof" überlebten. Da alle drei Männer um ihre Hand anhielten, forderte sie das "Edelfräulein" zu einem Wettlauf auf. Der Sieger bekam sie zur Frau.
"Unheil über den Markt"
Als Erinnerung an diese Begebenheit entstand das Kranzelreiten, das jährlich abgehalten werden muss, um den Markt vor Unheil zu bewahren. Das Kranzelreiten wurde auch in Kriegs- und Krisenjahren abgehalten, wenn auch mit weniger Pferden und in einfacher Form. Bis dato gab es keine Unterbrechung.
Die "echte" Jungfrau
1911 wurde festgesetzt, dass eine lebende Jungfrau jene steinerne ersetzen soll. Ursprünglich alle 50 Jahre – heute alle 25 Jahre – wird die „schönste" Tochter des Marktes als Jungfrau ausgewählt. Dazu kam es erstmals 1922. Erst 2022 wird wieder eine lebende Jungfrau geküsst.
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