Fulpmes
Letzte Handgriffe in der Drechslerei

Chef Christian Meyer (l.) mit Bruder Walter, der wie so oft in der Werkstatt auf einen Ratscher vorbeigeschaut hat. | Foto: Kainz
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  • Chef Christian Meyer (l.) mit Bruder Walter, der wie so oft in der Werkstatt auf einen Ratscher vorbeigeschaut hat.
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FULPMES.Die Drechslerei Meyer ist der letzte Betrieb seiner Art im Stubai- und Wipptal. In ein paar Jahren wird auch er Geschichte sein.

"Ich habe zwei Söhne, aber die haben sich beruflich anderweitig orientiert", erklärt Christian Meyer, dass es für seine Drechslerei keinen Nachfolger gibt. Der heute 56-Jährige wird jetzt noch bis zu seiner Pensionierung weitermachen, dann wird er den Traditionsbetrieb zusperren. Das freilich auch mit einem weinenden Auge – immerhin führt er die Werkstatt bereits in dritter Generation. 1896 kam Christians Großvater von Sachsen nach Fulpmes und begann hier Holzgriffe für die Erzeugnisse der Stubaier Werkzeugindustrie zu fertigen: "Damals gab es im Tal noch vier Drechsler", weiß Meyer. "Durch den zunehmenden Gebrauch von Kunststoff und Kork, aber auch weil vermehrt Billigware aus China auf den Markt kam, haben nach und nach alle dicht gemacht."

Geblieben ist ein Einmannbetrieb

Natürlich hat auch die Drechslerei Meyer wirtschaftlich schon bessere Zeiten erlebt. Christians Vater beschäftigte noch acht Angestellte, heute drechselt der Chef alleine. In Spitzenzeiten wird er von den Brüdern Wolfgang und Bernhard unterstützt. Dass er darüber hinaus keine Mitarbeiter mehr hat, hängt allerdings auch mit den gestiegenen Auflagen zusammen: "Unser Job ist eine staubige Angelegenheit. Von Absauganlagen über neue Toiletten bis hin zu Investitionen in der Lackiererei hätte ich viel Geld in die Hand nehmen müssen. Das hätte sich nicht mehr rentiert. Auf der anderen Seite darfst du unter solchen Bedingungen heute niemanden mehr arbeiten lassen."

Funktionales und Schönes

Die "Såxn's", wie die Familie in Fulpmes bis heute genannt wird, produzieren immer noch Griffe etwa für Schnitzmesser, Bildhauerknüppel oder Drechseleisen. Das eine wird aus deutscher Buche, letzteres aus heimischem Erlenholz hergestellt, das Meyer selbst schlägt. Daneben bilden inzwischen auch Souvenirs und Dekogegenstände aus regionalem Zirbenholz wie Schüsseln, Brotdosen oder Teller ein wichtiges Standbein. Jedes Stück steht für reinste und feinste Handarbeit. Zwar gibt es ein paar Maschinen zwischen den Bergen von Sägespänen, die haben aber durch die Bank 50 Jahre und mehr am Buckel. Der an die Drechslerei angeschlossene Laden mit vielen Artikeln rund um die Handwerkskunst ist während der Arbeitszeiten geöffnet. Ein paar Jahre noch, "dann ist unsere Zeit vorbei", wie der Meister sagt.

Zur Sache

ORF III hat vor kurzem für seine Sendung "Heimat Österreich" im Stubaital gedreht. Neben der Drechslerei Meyer wurde dabei auch der Glockenschmiede Stubai von Johann Hofer, der Handweberei von Martin Stern, dem Bergführerbüro Stubai Alpin und der Bröllerhofmusik ein Besuch abgestattet. Der Streifzug durch die Region wurde außerdem von Luis Töchterle begleitet. Ein Termin für die Ausstrahlung des Beitrags steht aktuell noch nicht fest – er soll aber noch vor dem Sommer über die Bildschirme gehen.
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