Unwetter im Stubai- und Wipptal: Schäden in Millionenhöhe

Der Schlamm im Feld von Markus Gleirscher ist zentimeterhoch.
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STUBAI/WIPPTAL (kr). Regen, der einfach nicht aufhören wollte – die Ruetz, die immer weiter stieg, bis sie über die Ufer trat – Rückhaltebecken, die sich immer weiter füllten –
Feuerwehrmänner, die im Dauereinsatz standen: Das waren Szenen, die sich in der vergangenen Woche im ganzen Stubai- und Wipptal ereigneten. Die bisher bekannte Schadenssumme beläuft sich auf 2,9 Millionen Euro.

Über 1,5 Mio. im Stubai

Der Starkregen und die Wassermassen verursachten im Stubaital Schäden von über 1,5 Millionen Euro.
Die Ruetz überstieg in Neustift und Fulpmes teilweise die Ufer. Die immensen Wassermengen ließen den Pegelstand sogar über die Marke des 30-jährigen Hochwassers hinaussteigen. Die Schadenssumme im Bereich des Schutzwasserbaus beläuft sich nach den Unwettern auf rund 1 Million Euro.
Besonders stark betroffen ist das Feld von Markus Gleirscher neben der Zeggerbrücke: Die Wassermassen hatten den Rand des Flussbetts angerissen und das ganze Feld war überflutet. Als die Pegel sanken, blieb zentimeterhoher Schlamm liegen, der nun entsorgt werden muss.
Knapp geworden ist es beim Café Ingentis in der Scheibe: Dort mussten die Feuerwehrleute mit Sandsäcken anrücken, um Überschwemmungen zu verhindern. Inhaber Stefan Ofer: "Es war wirklich knapp. Durch die schnelle Hilfe der Feuerwehr und auch der Nachbarn konnte jedoch Schlimmeres verhindert werden."
Die Sulzenauhütte haben die Unwetter besonders hart getroffen: Eine Flutwelle ausgehend vom Sulzenausee hat die Trinkwasserfassung und die Wehr für die Stromversorgung zerstört. Auch beim Pinnis-, Oberberg- und Höhlebach sind immense Schäden entstanden, die sich auf 550.000 Euro belaufen.

Sofortmaßnahmen
Die Schadenssumme, die durch die Überflutungen verursacht wurde, beläuft sich insgesamt also auf rund 1,5 Millionen Euro. Wie hoch die Schäden am Gemeindevermögen sind, kann derzeit nicht beziffert werden. Nach den sofortigen Maßnahmen durch die Einsatzkräfte wird nun am Mittwoch damit begonnen, die Rückhaltebecken zu räumen und die Ufer zu sanieren. Peter Schönherr, Bgm. von Neustift: "Ein großes Dankeschön gilt unseren Einsatzkräften – besonders der Neustifter Feuerwehr, die unermüdlich im Einsatz war."

Verunreinigtes Wasser in Mieders
Weil aufgrund der heftigen Unwetter Schwemmmaterial in die Quellwasserversorgungen von Mieders und Schönberg gelangte, war das Trinkwasser für einige Zeit nicht trinkbar und musste abgekocht werden. Bereits nach kurzer Zeit konnte die Wasserqualität aber wiederhergestellt werden. Bgm. Daniel Stern: "Uns ist es dabei vor allem darum gegangen, die Bevölkerung schnellstmöglich zu informieren und auch zu beruhigen."  

1,4 Millionen im Wipptal

Auch das Wipptal befand sich in der vergangenen Woche im Ausnahmezustand: Fünf Muren sind in Gschnitz abgegangen und haben dabei Häuser beschädigt, ein Murenabgang in Mühlbachl führte zu einer Totalsperre der Brennerbundesstraße und ein Erdrutsch legte die Ellbögener Straße lahm. Die Schäden, die daraus entstanden sind und bisher bekannt sind, liegen laut Land Tirol bei rund 1,4 Millionen Euro.

Fünf Muren
Besonders schwer haben die heftigen Unwetter die Gemeinde Gschnitz getroffen: Dort wurden Autos von der Mure mitgerissen und einige Häuser schwer beschädigt. Bgm. Christian Felder: "Rund 40 Schadensmeldungen sind bei der Gemeinde eingegangen. Wir befinden uns im absoluten Ausnahmezustand."
Man geht hier von Schäden im Bereich Wildbach- und Lawinenverbauung in der Höhe von rund 780.000 Euro aus.
Auch in Pfons führten die starken Regenfälle zu Hangrutschen – einer davon rutschte auf eine Hauswand zu, es waren aber keine Gebäude wesentlich in Gefahr.
In Navis kam es im Bereich des Weihrichbachs zu Schäden in der Höhe von rund 60.000 Euro.

Mure Mühlbachl
Bei der Brennerbundesstraße in Mühlbachl kam es zu einem Murenabgang, der eine Totalsperre der Straße nach sich zog. Zur Stabilisierung des Hanges werden nun Erd-anker gesetzt und darüber massive Stahlnetze gespannt – die Arbeiten dafür dauern laut Angaben des Landes Tirol noch bis ca. Ende August.

Hangrutsch Ellbögen
Erdrutsche und Muren verursachten in Ellbögen ebenfalls eine Straßensperre – kurzzeitig war das Wipptal also lediglich über die mautpflichtige A13 Brennerautobahn erreichbar. In Ellbögen war besonders der Bereich "Hennenboden" betroffen. Hier soll nun eine 40 Meter lange und vier Meter hohe Holzankerwand zur Sicherung der Straße gebaut werden.
Die Schäden bei der Brennerbundesstraße und der Ellbögener Straße betragen insgesamt rund 500.000 Euro.
Durch die schweren Unwetter leiden die betroffenen Gemeinden unter einem verheerenden Schadensausmaß – besonders betroffen sind tirolweit die Regionen Wipptal und Stubaital, aber auch das Zillertal, Osttirol und das Oberland. 

Tagelange Einsätze der Feuerwehren

Die Einsatzkräfte, allen voran die Feuerwehren der Gemeinden, standen in den letzten Tagen beinahe jeden Tag im Einsatz – und leisteten dabei Unbeschreibliches: Mit Sandsäcken sicherten sie Stellen, die überzugehen drohten. Sie pumpten Keller aus, sie räumten Straßen frei und sie waren immer und überall zur Stelle. Der einhellige Tenor seitens der Bürgermeister lautete auf Nachfrage der BEZIRKSBLÄTTER: "Die Feuerwehren leisteten vollen Einsatz und trugen wesentlich dazu bei, die Lage so gut es ging unter Kontrolle zu halten. Dafür gilt es im Namen der Gemeinden ein großes 'Danke' zu sagen!"

Maßnahmenpaket des Landes

Um den betroffenen Gemeinden unter die Arme zu greifen und schnelle Hilfe zu ermöglichen, verabschiedet die Tiroler Landesregierung morgen, Dienstag, ein Maßnahmenpaket zur Bewältigung der massiven Unwetterschäden. Dieses Paket soll die Wiederherstellung von Straßen, Brücken und infrastrukturelle Einrichtungen mit Schutzfunktion, aber auch die Unterstützung privater Elementarschäden umfassen.
LHStv. Josef Geisler: "Wir lassen die betroffenen Bürgerinnen und Bürger und die Gemeinden nicht alleine. Das Land Tirol wird die notwendigen Finanzmittel bereitstellen und für die privaten Elementarschäden sowie für die Schäden im Vermögen der Gemeinden eine rasche Schadenserhebung und -abwicklung sicherstellen."

Beihilfen des Landes
Um eine rasche Vorgehensweise zu gewährleisten und damit die Sanierungsarbeiten rasch in Angriff genommen werden können, wird die Hälfte der Beihilfen aus dem Katastrophenfonds als Vorschuss gewährt, heißt es seitens des Landes Tirol. Für die Sanierung von Schäden bei Privatpersonen und Unternehmen werden Beihilfen in der Höhe von 50 % gewährt. Zusätzlich sollen Mittel aus der Wohnbauförderung zur Förderung von Kosten baulicher Maßnahmen im Zusammenhang mit der Instandhaltung oder -setzung von Wohngebäuden zur Verfügung gestellt werden, sofern diese nicht vom Katastrophenfonds oder der Versicherung getragen werden.

Private Elementarschäden
Die Anzahl der betroffenen Privatprojekte und auch die dazugehörigen Schadenssummen liegen derzeit noch nicht vor. Diesen Mittwoch beginnt die Schadenserhebung der privaten Elementarschäden im Stubai- und Wipptal. Im Vergleich zu den Schadenssummen in Sellrain/See 2015 werden sich diese aber wahrscheinlich in Grenzen halten, so das Land.
Wenn man selbst von den Unwettern betroffen ist, dann gilt folgende Vorgehensweise:

  • Schäden am Gebäude bei der zuständigen Gemeinde melden
  • Gemeinde meldet Anzahl der geschädigten Objekte an die Geschäftsstelle für private Elementarschäden beim Land Tirol.
  • Alle beschädigten Gebäude werden von den Sachverständigen des Landes vor Ort besichtigt und die Schäden bewertet. Formulare zur Antragstellung werden ausgehändigt.
  • Für die Berechnung der Schadenssumme werden Durchschnittssätze für Substanz und Inhalt (angemessene Wiederherstellungskosten) herangezogen
  • Beihilfenanträge werden bei der Gemeinde eingereicht, von der Bezirkshauptmannschaft auf Vollständigkeit überprüft und an die Geschäftsstelle weitergeleitet. Die Anträge auf Beihilfe für private Elementarschäden müssen innerhalb von sechs Monate nach dem Schadensereignis eingebracht werden.
  • Liegen Antrag und Schätzgutachten vor, wird eine 50-prozentige Vorauszahlung gewährleistet.
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  • Jeder einzelne Beihilfenantrag wird von der Landeskommission für private Elementarschäden bearbeitet und entschieden
  • Die Auszahlung des Gesamtbetrages abzüglich der geleisteten Vorauszahlung erfolgt mit Vorliegen der Endabrechnung.
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