Ziegenbauer hat Grund zu meckern!

Foto: Mair

Wohin mit den Ziegen im Sommer? Diese Fragen werden sich ab sofort mehrere Ziegenbauern stellen müssen! Zwar seit 2005 gesetzlich verboten, wurden erst heuer Ziegenbauern mit einem Bescheid informiert, dass die jahrhundertelange Tradition und ihr im Grundbuch verankertes Recht gesetzeswidrig ist und mit Konsequenzen geahndet wird.

STUBAI/WIPPTAL (mm/tk). Bei der heurigen Forsttagssitzung in Neustift wurde den Ziegenhaltern der Auftrieb auf die Almen nicht mehr genehmigt. Der Leiter der Bezirksforstinspektion Steinach, Helmut Gassebner, und Bgm. Peter Schönherr beriefen sich auf die Tiroler Waldordnung, wonach Ziegenweide im Schutzwald nicht erlaubt ist: „Für uns gibt es keine Alternative, als das Landesgesetz einzuhalten. Alles andere wäre Amtsmissbrauch“, so der Neustifter Ortschef.

Nur leider sind über 90 Prozent des Gemeindewaldes in Neustift – und so auch in vielen anderen Tiroler Gemeinden – Schutzwald. Interessant ist allerdings, dass dieses Verbot seit 2005 Gesetz ist, bisher aber nicht durchgesetzt wurde! Auch dahingehende Information erging vorerst keine. „Das Gesetz besteht in dieser Form schon seit vielen Jahren und müsste bekannt sein“, meint Gassebner dazu und ergänzt: „Weil es rund um dieses Thema aber immer wieder Wickeleien gegeben hat, wurde den Ziegenbauern heuer ein schriftlicher Bescheid zur Kenntnis gebracht.“

Fulpmer Bauer ist sauer!
„Wir haben zwar das Recht der Ziegenweide im Grundbuch stehen, dürfen nun aber die Ziegen nicht mehr auf unsere Almen auftreiben“, ist Ziegenbauer Klaus Krößbacher aus Fulpmes ob der neuen Situation verärgert. Weil Ziegen Sträucher und Jungbäume anknabbern, gelten sie im Vergleich zu Schafen und Rindern als Bedrohung für den Schutzwald. „Man könnte nun allerdings die freien Almflächen durch Zäune von den Schutzwaldflächen trennen, doch abgesehen von der vielen Arbeit würden Begrenzungen nicht nur andere Waldtiere und Wanderer stören, sie würden auch die Weideflächen drastisch verkleinern und selbige wären damit nicht mehr ausreichend,“ meint Krößbacher.

Ziegen als Erhalter der Kulturlandschaft
Ziegen sind als Mischäser prädestiniert zur Wiederherstellung verbuschter Almweiden, da sie neben Kräutern und Gräsern vor allem das Laub von Sträuchern und Zwergsträuchern benötigen. Sie helfen so entscheidend mit, die Almweideflächen offen zu halten und die Kosten und Mühen der mechanischen Schwendarbeit zu reduzieren. Außerdem verursachen die leichten Tiere auf den sensiblen Steilflächen weniger Trittschäden und Bodenverdichtungen wie schwere Rinder. Diese wichtigen Funktionen der Tiroler Bergziegen im ökologischen Gefüge der älplerischen Kulturlandschaft sind nicht nur wissenschaftlich bekannt und belegt, Ziegen wurden zu diesem Zweck seit Jahrhunderten bewusst eingesetzt. Gegen den heuer erhaltenen Bescheid legten die Ziegenbauern Einspruch ein. „Im Juni haben wir den endgültigen Bescheid erhalten, in dem wir aber in allen Punkten abgewiesen wurden,“ berichtet Krößbacher.

Gesetz ist Gesetz
Weitere Rechtsmittel, außer dem Gang zum Veraltungsgerichtshof, sind nicht mehr möglich. Das Bezirksforstinspektorat beruft sich auf das Gesetz und warnt die Bauern vor Konsequenzen. Schönherr bestätigt: „Einzig der Weg, über die Interessensvertretungen im Landtag einzuwirken und eine Gesetzesänderung herbeizuführen, würde daran etwas ändern.“

Verbissschäden nicht nur durch Ziegen verursacht!
Ziegen verbringen drei bis vier Monate im Jahr auf den Almen und das in der vegetationsstarken Zeit. Das Wild hingegen ist das ganze Jahr über im Wald. In der vegetationslosen Zeit im Winter ist die Verbissgefahr für den Schutzwald viel höher. Wie hoch die angerichteten Schäden der Ziegen im Vergleich zu denen des Wildes sind, müsste geprüft werden. Krößbacher ist sich allerdings sicher: „Mit einem übermächtigen Gegner wie der Jägerschaft legt man sich in Tirol nicht an, da diskriminiert man lieber die Minderheit der Ziegenbauern!“

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