Berauschende Premiere von „Ambrosia“ in Telfs

Traurige Ritter der Tafelrunde: Alfred Kleinheinz, Hannes Perkmann, Helmuth A. Häusler, Harald Windisch, Alexander M. Virgolini, Lorenz Gutmann, Gabi Geist und Joseph Holzknecht
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  • Traurige Ritter der Tafelrunde: Alfred Kleinheinz, Hannes Perkmann, Helmuth A. Häusler, Harald Windisch, Alexander M. Virgolini, Lorenz Gutmann, Gabi Geist und Joseph Holzknecht
  • hochgeladen von Hansjörg Pichler

Der Mensch will seine Probleme ertränken, ebenso hundert- wie hochprozentig. Das Blöde dabei: sie können schwimmen. Diese Erfahrung machen auch die Protagonisten von Roland Schimmelpfennigs „Ambrosia“, das am vergangenen Samstag unter der Regie von Guntram Brattia bei den Tiroler Volksschauspielen in Telfs Premiere feierte. Ein dichter Theaterabend im Wortsinn an einem Spielort, wie er passender nicht sein könnte: im Stadel des mehrfach preisgekrönten Schnapsbrenners Kranewitter.

Klar ist hier auf der Bühne nur das Destillat in der Flasche. Dazu gesellen sich trübes dunkles und helles Bier sowie roter und weißer Wein in wechselnden, jedenfalls rauen Mengen, serviert von einer Kellnerin namens schlechtes Gewissen. Hier, hinter all den bunten Flaschen und Gläsern sitzen sie in ihren schwarzweißen Welten, die archetypischen Vertreter des gesellschaftlichen Mittelstandes, allesamt angekratzt, verbeult, leicht blutend und eitrig. Hier, im Schutz des kollektiven Rausches, pflegen sie ihren durchalkoholisierten „Lifestyle“ in wortgewaltigen Ansprachen und in Liedern aus längst weggesoffenen Tagen. Nicht zusammen, jede(r) für sich. Und doch alle für, nein, gegen einander. Sie hauen auf den Tisch, jawoll! Bis der erste weint! Denn letztlich sind sie es, die im Laufe der Nacht untergehen, während all das Ungetane, das Ungesagte, das Unerlebte und Unerliebte nach oben schwimmt. Ob mit Kleidung oder ohne, sie alle hocken am Ende nackt an der Tafel, auf der sie sich selbst opfern. „Nur ein Wort“ schallt es aus dem Radio, die Kellnerin trällert und tanzt das Lied beim Abservieren. Und wenn nach dem Kater erneut die Nacht anbricht, sind wir alle wieder Helden!

Kollektiver Rausch mit nüchterner Regie
Guntram Brattia stellt „Ambrosia“ mit einem enorm spielfreudigen Ensemble auf Karl-Heinz Stecks schlichte Bühne der Selbstinszenierung. Das Publikum sitzt mit dem Podiumsgelage auf Du und Du im muffig-heißen Stadl und wer je weit nach Mitternacht an einem Stammtisch saß, wird die Realitätsnähe des Stückes mit Kopf(weh) und Magen(flauheit) spüren. Kein Lallen macht den Text lächerlich, kein Schwanken die Regie volksbühnenartig. Die Komik ist grausig, denn Brattia bleibt bei der Sache: Stolpern über sich selbst, ein Sich-Ankotzen, ein Sich-Verletzen, ein Sich-Ausziehen. Autoaggression als Triebfeder für Alkoholismus – „Ambrosia“ zeigt diese schonungslos. Die Tiroler Volksschauspiele beweisen einmal mehr mit Mut und Selbstbewusstsein, wie sie anno 2011 Volkstheater definieren. Eine Produktion, die den Spielplan des heurigen Theatersommers hervorragend ergänzt.

Premieren-Feier mit Wein,… und Gesang
Ensemble, Mitarbeiter, Freunde und Sponsoren der Tiroler Volksschauspiele feierten im Hof vor dem Kranewitterstadl bis lange in die Nacht den gelungenen Theaterabend. Regisseur Guntram Brattia konnte mit zahlreichen Schauspiel-KollegInnen aus nah und fern anstoßen, darunter Rufus Beck und Nina Proll. Über die Anwesenheit der Förderer Helmut Krieghofer (Uniqa) und Christan Mader (Gemeindewerke Telfs) freute sich Geschäftsführerin Silvia Wechselberger ebenso wie Obmann Markus Völlenklee. Bereits vor Beginn der Premiere hatte Bgm. Christian Härting das Publikum begrüßt, darunter politische Ehrengäste wie Franz und Heidi Fischler sowie Fritz und Heidi Dinkhauser. Auch Amtsvorgänger Stephan Opperer genoss den Abend in Begleitung von Schauspielerin Laila Alina Reischer. Sie stießen nach dem Schlussapplaus unter anderem mit Felix Mitterer und seiner Begleitung, der Künstlerin Agnes Beier, an. Zu späterer Stunde packte Musiker Frajo Köhle dann auf vielfachen Wunsch noch die Gitarre aus. Und die Nacht endete, wie sie begonnen hatte: mit rotem und weißem Wein, mit klarem und trüben Bier, mit guter Speis und edlem Destillatentrank der Gastgeber Helmut und Gerda Kranewitter…

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