Pflegekräfte orten Ungerechtigkeiten beim Bonus
Viele Alltagshelden/innen fallen "durch den Rost"

Im Altenwohnheimverband Telfs schaut kein(e) Mitarbeiter(in) durch die Finger, dafür haben die Verbandsgemeinden gesorgt.  | Foto: MG Telfs/ Pichler
  • Im Altenwohnheimverband Telfs schaut kein(e) Mitarbeiter(in) durch die Finger, dafür haben die Verbandsgemeinden gesorgt.
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REGION. Viel Applaus gab's für die Helden/innen in der Corona-Zeit, sie hatten die größte Belastung zu tragen und waren Gefahren durch eine Ansteckung durch COVID-19 ausgesetzt. Nun sollen die Pflegekräfte in den Altenwohnheimen für die teilweise enorme Belastung auch finanziell entschädigt werden. Dafür hat das Land Tirol eine Bonusauszahlung beschlossen, diese ist seit 1. Juli 2020 in Kraft. Bei den Antragsstellungen stoßen die Heim-Erhalter allerdings auf Schwierigkeiten, denn nicht das gesamte Personal in den Altenwohnheimen bekommt auch das Geld.

Anerkennung

"Als Wertschätzung und Anerkennung für die Leistungen der MitarbeiterInnen der Krankenanstalten, der Wohn- und Pflegeheime und der Mobilen Dienste während der Coronakrise stellt das Land Tirol für eine diesbezügliche Bonus-Zahlung insgesamt 7,5 Mio. € zur Verfügung",

heißt es von Seiten des Landes Tirol: "(...) Letztlich obliegt es dem jeweiligen Rechtsträger, den Bonus zu beantragen und auszuzahlen." (Siehe "Zur Sache" unten)
Das sind vielversprechende Worte aus dem Landhaus, die sorgen bei näherer Betrachtung allerdings für einigen Unmut: Viele der Angestellten bzw. deren Helfer erfüllen die Anspruchsvoraussetzungen des Landes nicht und fallen durch den "Rost"! So wird Personal in Anstalten nicht "entschädigt", wenn dieses keinen direkten Kontakt zu Covid-19-Erkrankten hatten, wie zum Beispiel Reinigungspersonal oder Verwaltung.

Ein Drittel geht leer aus

Im Altenwohnheimverband Telfs, der sich von Rietz bis Flaurling, Pettnau sowie über das gesamte Seefelder Plateau erstreckt, gab es bis auf eine bekannte Ausnahme (vom anderen Heim) keinen COVID-19-Erkrankten, damit erhält etwa ein Drittel des Personals in der Region kein Geld vom Land, macht Verwaltungsdirektor Matthias Kaufmann klar:

"Obwohl auch das Reinigungs, Küchen- und Verwaltungspersonal die psychische und physische Belastung hatte. Es war für alle eine emotionale Belastung besonders während der Quarantäne-Phase, keiner wusste ob er den Virus nach Hause trägt, ins Heim oder auch wie sich der Virus überträgt."

Verbandsgemeinden halfen

Das Personal im Altenwohnheimverband der Region Telfs ging trotzdem nicht leer aus, denn die Verbandsgemeinden haben bereits am 26. Mai 2020 unabhängig vom Land Tirol eine Auszahlung von € 500,- beschlossen und im Juni in Form von Telfer Gutscheinen und Gehalt ausbezahlt, und zwar an das gesamte Personal, an alle "AlltagsheldenInnen", so Kaufmann: "Alle hatten dieselbe Belastung, daher gebührt allen diese Entschädigung."

Mindestens 220 Stunden

Die Auszahlung des Landesgeldes ist an einige Bedingungen geknüpft: Pflegekräfte müssen für den vollen Erhalt der 500 € im Zeitraum vom 15. März bis 30. Juni 2020 mindestens 220 Stunden in diesem Bereich tätig gewesen sein, bei weniger Stunden wird nur anteilsmäßig ausbezahlt.
So hatte auch das Reinigungspersonal erschwerte Bedingungen durch die Schutzmaßnahmen zu tragen. "Sie wussten oft nicht, ob der Schmutz nun von einem(r) infizierten Klienten/in stammt oder nicht, oder wie sich der Virus überträgt. Viele waren im Ungewissen und machten trotzdem ihren Job", erklärt dazu auch Verena Herbst, Geschäftsstellenleiterin in Zirl der ARGE Tiroler Altenheime: "Die Vorsichtsmaßnahmen sind bei gesunden wie bei kranken Personen die selben. Das trifft auch auf das Verwaltungspersonal in den Heimen zu." Herbst weist auch darauf hin, dass Pflegeheime in "finanzärmeren" Gemeinden manchmal leer ausgehen. Im Altenwohnheimverband Telfs, in dem es ebenso finanzschwächere Gemeinden gibt, hat man in diesem Falle viel Solidarität bewiesen, fügt Kaufmann hinzu.
Jetzt hofft man, dass das Land Tirol die Modalitäten nachbessert, dann würde dem Personal im Verband nochmals 500 € ausbezahlt werden, so Kaufmann: "Das entscheiden aber die Vertreter der Verbandsgemeinden. Wir beantragen das Geld jedenfalls für alle und hoffen auf die gesamte Summe."

"Pflegebonus muss für alle gelten"

LABg. Claudia Hagsteiner, Pflegesprecherin der SPÖ Tirol, kritisiert den vom Land Tirol konzipierten Pflegebonus: "Es kann nicht sein, dass viele Menschen aus dem Bereich Gesundheits- und Krankenpflege leer ausgehen. Ich fordere Landesrat Tilg dazu auf, hier umgehend im Sinne der Wertschätzung und der Fairness nachzubessern." Natürlich sei, so Hagsteiner weiter, auch das sog. Funktionspersonal, wie Reinigungskräfte, Angestellte der Wäscherei, der Küche oder Hausverwaltung einem erhöhten Infektionsrisiko ausgesetzt gewesen. Dazu komme das außergewöhnliche Stresslevel sowie die Herausforderungen, sich in einer völlig neuen Arbeitssituation wiederzufinden. "Alle Menschen, die im Pflege- und Gesundheitswesen tätig sind, haben einen wesentlichen Beitrag zur Bewältigung der Krise geleistet. Entsprechend verdienen alle eine Entschädigung." Wie das gehen könne, habe der Verband der österr. Sozial- und Gesundheitsunternehmen in seinen Erläuterungen zur Corona-Gefahrenzulage dargelegt. "Hier könnte sich Landesrat Tilg ein Beispiel nehmen. Dem zuständigen Landesrat Tilg fehlt ganz offensichtlich jegliches Feingefühl dafür, wie der Pflege- und Gesundheitsbereich funktioniert - und jegliche Wertschätzung für die Menschen, die diese Aufgabe in der Gesellschaft übernehmen." Sollte die Landesregierung keine Einsicht zeigen, kündigt Hagsteiner einen Dringlichkeitsantrag im Oktober-Landtag an.

Zur Sache:

"Basierend auf der Beschlussfassung des Tiroler Landtages vom 16. April 2020 hat die Tiroler Landesregierung Richtlinien für die Ausschüttung des 500 Euro-Bonus beschlossen. Neben Angehörigen der Gesundheits- und Pflegeberufe, die im Zeitraum von 15. März bis 30. Juni 2020 in Tirol bei einer öffentlichen Krankenanstalt, einem Alten- und Pflegeheim oder einer Einrichtung der Mobilen Dienste im Pflegebereich, die mit dem Land Tirol eine bestehende Leistungsvereinbarung haben, tätig waren, werden auch PraktikantInnen sowie Funktionspersonal, das in unmittelbarem Kontakt mit Covid-19 PatientInnen stand, berücksichtigt. Das gilt auch für Gemeindebedienstete. Damit hat das Land Tirol die grundsätzlichen Voraussetzungen geschaffen, um den Bediensteten der Wohn- und Pflegeheime einen entsprechenden Bonus zukommen zu lassen. Letztlich obliegt es dem jeweiligen Rechtsträger, den Bonus zu beantragen und auszuzahlen."

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