Widerstand gegen geplante Flüchtlingsunterbringung in Telfs - Infoabend für Anrainer
Die Verhandlungen zwischen den Tiroler Sozialen Diensten (TSD), der Bildungs GmbH Ibis Acam und dem Eigentümervertreter zur Unterbringung von 21 unbegleiteten jugendlichen Flüchtlingen in der ehemaligen Jacoby-Schule in der Telfer Bahnhofstraße stehen kurz vor dem Abschluss. Um die Anrainer von Beginn an aktiv einzubinden, findet am 17. August ein Informationsabend statt. Unterdessen regt sich Widerstand gegen das Vorhaben: Die Gemeinderatsfraktionen Telfs Neu, FPÖ, ÖVP und die Bürgerliste Klieber starten eine Unterschriftenaktion. Auch die SPÖ Telfs stellt sich gegen das Vorhaben.
TELFS. „Ich möchte, dass die Nachbarn in der Bahnhofstraße alle Informationen direkt von den Projektbeteiligten bekommen und eventuelle Unklarheiten geklärt werden können", unterstreicht der Telfer Bgm. Christian Härting zu den Plänen, in der ehemaligen Jacoby-Schule in der Bahnhofstraße 9 im Telfer Zentrum 21 Jugendliche Asylwerber unterzubringen.
Bericht dazu siehe auch hier:
http://www.meinbezirk.at/telfs/lokales/ehemaliges-telfer-jacoby-schulhaus-soll-heim-fuer-21-asylwerber-werden-d1796435.html
Die Einladungen für den Informationsaben am 17. August um 19 Uhr im Hotel Munde wurde bereits versandt. Vertreter aller Projektbeteiligten werden für Auskünfte zur Verfügung stehen.
Bessere Betreuung in kleineren Unterkünften
Die einundzwanzig 14- bis 18-jährigen Jugendlichen sollen im neuen Heim rund um die Uhr von sechs Vollzeit- und drei Teilzeitkräften am Tag und in der Nacht betreut werden.
Bürgermeister Christian Härting: „Ich halte dieses Projekt mit einer außerordentlich hohen Betreuerquote für eine gute Möglichkeit, der Erfüllung der gesetzlich vorgeschriebenen Flüchtlingsquote weiter näher zu kommen. In kleineren Unterkünften kann eine bessere Betreuung stattfinden."
Widerstand gegen das geplante Flüchtlingsheim
Seit Bekanntwerden des Vorhabens, 21 Jugendliche im Telfer Zentrum unterzubringen (BB hat berichtet), regt sich auch Widerstand im Gemeinderat.
Presseaussendung von Gemeinderat Sepp Köll zur Unterschriftenaktion:
"Die Begeisterung der Gemeindeführung über die Pläne der ibis acam Bildungs GmbH, im Gebäude der ehemaligen Heinrich-Jacoby-Schule in der Telfer Bahnhofsstraße eine Unterkunft für unbegleitete minderjährige Flüchtlinge zu errichten, scheint von der Bevölkerung nicht vorbehaltlos mitgetragen zu werden. Es wurde eine Unterschriftenaktion gestartet, um den Widerstand der Anrainer, Bürger und Unternehmer zu bündeln und den Verantwortlichen zur Kenntnis zu bringen. Die Unterschriftensammlung wird parteiübergreifend von mehreren Gemeinderatsfraktionen unterstützt – mit dabei sind: Telfs Neu, FPÖ, ÖVP, SPÖ und die Bürgerliste Klieber.
Besonders wichtig ist es den Initiatoren festzuhalten, dass es nicht darum geht Flüchtlinge komplett abzulehnen, sondern vor allem um zwei Punkte, die an diesem speziellen Projekt problematisch erscheinen. Zum einen ist das der Standort. Die Gemeinde bemüht sich seit Jahren darum den Ortskern für Geschäftsleute und deren Kunden wieder attraktiv zu gestalten, der in diesem Sinne implementierte Monatsmarkt und die Parkplatzerweiterung scheinen gerade erste Früchte zu tragen. Hier wäre eine Flüchtlingsunterkunft in unmittelbarer Nähe ein herber Rückschlag. Der zweite Kritikpunkt betrifft die Auswahl der Bewohner. In der bereits bestehenden Flüchtlingsunterkunft in Telfs leben bereits rund 70 Asylbewerber, fast ausschließlich junge Männer. Im Sinne der Gerechtigkeit wäre es doch angebracht eine Unterbringung für Frauen, Frauen mit Kindern oder zumindest Familien zu reservieren. Eine weitere Unterbringung von jungen Männern wird gerade für Telfs und seine sozialen Strukturen als durchaus problembehaftet gesehen.
Unterschreiben können alle bei den genannten Parteien und im Studio Bodyart, Bahnhofstraße 5."
GR Sepp Köll, Telfs Neu
Landes-SPÖ distanziert sich von der Unterschriften-Aktion
Dass hier die SPÖ angeführt wird, nahm SPÖ-Bezirkschef Georg Dornauer ungläubig zur Kenntnis, er unterstützt die Strategie von Bgm. Härting, kleine Quartiere anzustreben. Tatsächlich unterstützt die Liste SPÖ/PZT mit GR Norbert Tanzer und Telfer SPÖ-Obmann Günter Porta die Unterschriftenaktion - hier die Stellungnahme dazu:
Asylantenunterbringung Telfs - Stellungnahme PZT/SPÖ Telfs, GR Mag. Norbert Tanzer
"Der Bürgermeister beabsichtigt mit Stimmen seiner Fraktion und den Grünen mitten im Dorf jugendliche Asylwerber konzentriert anzusiedeln. Die Bürgermeisterfraktion hat dabei offensichtlich mehr die Interessen des Landes, als jene der Telfer Bevölkerung selbst im Auge. Auf die geäußerten Bedenken und Sorgen der restlichen Fraktionen wird nicht eingegangen.
Bei einem so sensiblen Thema ist vor einer politischen Entscheidung unbedingt die Meinung der Bevölkerung einzuholen. Die Liste Telfs Neu wendet sich - demokratiepolitisch völlig legitim und notwendig – daher direkt an die Telfer Bürger, ob sie die Unterbringung im Ortskern befürworten.
Diese gehäufte Unterbringung schwer traumatisierter junger Menschen mitten in Telfs stellt ein Pulverfass dar und scheint mir den sozialen Frieden in Telfs zu gefährden. Der regionale SPÖ-Vorsitzende Mag. Günter Porta teilt mit mir diese Ansicht.
Die Marktgemeinde Telfs hat 15.000 Einwohner, insgesamt leben hier Staatsbürger aus 60 Nationen. Die größte Volksgruppe mit Migrationshintergrund ist die türkische mit 2500 Personen. Telfs ist in Sachen Integration gefordert und wird dies auch von allen politischen Kräften, insbesondere von der Liste PZT/SPÖ positiv gelebt. Wir brauchen uns daher nichts vorwerfen zu lassen."
GR Mag. Norbert Tanzer
Leserbrief von Wilfriede Hribar, Telfs:
Unterschriftenaktion in Telfs gegen Asylquartier für Jugendliche.
"Als langjährige ÖVP Funktionärin und Politikerin in Telfs und in Tirol habe ich mich immer auf allen Ebenen für eine menschliche Politik für ALLE eingesetzt.
Jetzt ist es für mich und viele meiner Freunde sehr beschämend, dass ausgerechnet in meiner Heimatgemeinde Telfs Gemeinderäte aus Telfs Neu, ÖVP, SPÖ, FPÖ und Bürgerliche Liste gegen das in Telfs geplante, sehr gut geeignete Asylquartier für 21 unbegleitete minderjährige Flüchtlinge mit fraglichen Argumenten kämpfen!
Diese Kinder und Jugendlichen haben alles verloren! Familie, ihr Daheim, Schule, Freunde. Sie haben Krieg und Gewalt erlebt und in ihrem Land keine Zukunft! WIR können mit ihnen ein neues Leben und eine Zukunft durch GUTE Betreuung aufbauen. Nur durch ein gemeinsames Miteinander werden Ängste und Vorurteile abgebaut!
Dies ist auch Aufgabe eines lebenswerten Landes mit Menschenrechten, guter Wirtschaft, Frieden, ohne Hunger…
Viele Gleichgesinnte und ich haben gute Erfahrungen mit Asylsuchenden und Flüchtlingen gemacht! Sie sind Menschen wie wir! Menschen mit einem Gesicht, angenehmen und schlimmen Gefühlen, Mutter, Vater, Kind, Sehnsüchte, Trauer, Liebe und oft traumatisierenden Erlebnissen, die für uns unvorstellbar sind.
Was diese populistischen und Feindbilder aufbauenden Gemeinderäte aus ihrer Oppositionsrolle heraus für diese 21 hilfsbedürftigen Menschen tun wollen und welche Lösungen sie anstreben, müssen auf den Tisch und sind zu hinterfragen!
Alle Probleme sind nur mit gutem Willen und gemeinsam zu lösen! Wir alle können dankbar sein, dass wir hier und jetzt leben! Das muss uns auch Verpflichtung sein."
Wilfriede Hribar, Telfs; langjährige Gemeinderätin und ehemalige Vizebürgermeisterin Telfs und Landtagsabgeordnete a.D.
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