Themenschwerpunkt 50+
24 Stunden im Einsatz für die Hauspflege
Selbstständige Personenbetreuerinnen sind rund um die Uhr im Einsatz. Oft stammen sie aus Rumänien.
SALZBURG. Der Wecker läutet täglich um 7 Uhr. Maria-Lidias (voller Name der Redaktion bekannt) erster Blick gilt dem Babyphon, das mit dem Schlafzimmer von Frau G. verbunden ist. Alles ruhig, so wie die letzte Nacht. Das ist nicht immer so. In manchen Nächten muss sie unter Umständen mehrfach zu ihrer zu betreuenden Person. Maria-Lidia hat etwas über eine halbe Stunde für ihre eigene Morgentoilette Zeit.
Danach folgen erste Vorbereitungen für den Tagesablauf: Frühstück vorbereiten, die Tageszeitung holen, die Frau G. nach dem Frühstück ausführlich liest. Dann wird die Kleidung für den Tag zurechtgelegt. Ungefähr um 8 Uhr erwacht Frau G. Je nach Tagesverfassung erfolgt die Morgenwäsche. Im Bad hilft ein Sitz-Lift beim Baden – eine nicht zu verachtende Hilfe. Maria-Lidias Arbeit erfordert einen enormen körperlichen Einsatz.
Oft muss die zu betreuende Person angehoben oder gestützt werden. Ohne eine Hilfe beim Ankleiden, der Körperpflege, der Frisur oder im Haushalt wären viele hilflos. Während Frau G. ihre Zeitung liest, geht für die Betreuerin, im amtlichen Jargon „Personenbetreuerin“, die Arbeit weiter. Sie muss „Ordnung machen“: Putzen, Aufräumen, Wäsche waschen. Eventuell die Nacht- und Bettwäsche wechseln, wenn trotz Leibstuhl „etwas“ geschehen ist.
Tägliche Gehübungen
Maria-Lidia war in ihrer Heimat Rumänien Krankenschwester, hat aber in Österreich keine entsprechende Zulassung. Daher hat sie ein wachsames Auge darauf, ob ihre Pflegeperson die vom Arzt verordneten und von der einmal in der Woche vorbeikommenden Krankenschwester eingeteilten Medikamente zu sich nimmt.
Der weitere Vormittag vergeht mit leichten Gehübungen. Während Frau G. sich kurz erholt, kocht die Pflegerin das gemeinsame Mittagessen. Den wöchentlichen Einkauf erledigen zwar die Angehörigen, aber für den täglichen Kleinbedarf ist Maria-Lidia zuständig. Genauso wie andere Haushaltsangelegenheiten, die kurzfristig anstehen, wie Handwerker, Postboten oder Rauchfangkehrer. Nach dem Mittagessen benötigt Frau G. ihren Mittagsschlaf und Maria-Lidia hat für rund zwei Stunden Pause.
Raus in die Natur
Wenn es das Wetter und der Gesundheitszustand zulässt, gehen die beiden Frauen täglich am Nachmittag spazieren. Der Rollstuhl ist zur Sicherheit dabei. Sollte der Salzburger Schnürlregen heftig zuschlagen, dann sind Spiele angesagt. Einerseits vertreiben sie die Zeit und andererseits trainieren sie das Gehirn.
Danach ist für Frau G. Fernsehzeit mit ihren Lieblingssendungen. Maria-Lidia hingegen bringt den Haushalt weiter in Ordnung, bereitet ein leichtes Abendessen. Danach folgt wieder die Routine: Medikamente, Bad, Bett. Gegen 21 Uhr begibt sich Maria-Lidia selbst zur Ruhe, nicht ohne einen letzten Blick auf das Babyphon zu werfen. Es wird hoffentlich eine ruhige Nacht.
Zur Sache
Der beschriebene Tagesablauf fand so 2020 statt. Mittlerweile ist Frau G. 96-jährig verstorben. Maria-Lidia ist wieder in ihre Heimat zurückgekehrt und steht selbst kurz vor ihrem Ruhestand. In Österreich sind zurzeit rund 127.000 Pflege- und Betreuungspersonen (100.600 Vollzeitäquivalente) im akutstationären Bereich und im Langzeitbereich beschäftigt: rund 67.000 im Krankenhaus und rund 60.000 im Langzeitbereich (Statistik Austria).
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