Manfred Wallinger aus Abtenau
Es ist jetzt Zeit leise 'Pfiat eich' zu sagen
Der WM Sport 2000 schließt nach 44 Jahren seine Pforten. Manfred Wallinger im Bezirksblätter Interview.
ABTENAU. Die Bezirksblätter Tennengau sprachen mit dem Gründer von WM Sport Manfred Wallinger über Motive, Hintergründe und über Zukunftspläne.
BEZIRKSBLÄTTER:Herr Wallinger wer Sie kennt, weiß, dass Sie sich die Entscheidung aufzuhören, nicht leicht gemacht haben. Warum dieses plötzliche "Aus" nach 44 Jahren?
MANFRED WALLINGER: Na ja, plötzlich ist so etwas für Außenstehende immer. Uns, den Peter Gschwandtner und mich, hat die Frage der Nachfolge die letzten fünf Jahre begleitet. Das ist ganz normal, wenn man ein Unternehmen führt und langsam in die Jahre kommt.
Trotzdem: Warum gerade jetzt?
WALLINGER: Wir glauben, dass jetzt einfach der Moment gekommen ist. Die Kunst des Loslassens besteht ja darin, etwas zum richtigen Zeitpunkt und aus freien Stücken abzugeben. Diesen wichtigen Schritt, also ohne Bedrängnis oder Druck von außen zu gestalten. Es gab weder Umsatzeinbrüche noch massive Verluste. Das abgelaufene Geschäftsjahr war trotz Corona dank staatlicher Beihilfen ein ausgeglichenes.
Also aufhören, wenn es am schönsten ist?
WALLINGER: Nicht ganz. Da gibt es schon ein paar Dinge am Horizont, die bedenklich sind. Was mich am meisten beschäftigt, ist, dass heutzutage Erfolg und Scheitern, speziell im Skihandel so nahe beieinander liegen. Nimm die letzten Winter und denke dir nur 10 bis 20 Zentimeter weniger Schnee – es wäre wirtschaftlich verheerend gewesen. Wir hatten das Glück einer fast durchgehenden Schneedecke bei minimalem Niederschlag.
Ist da Corona nicht doch im Hintergrund das Zünglein an der Waage?
WALLINGER: Zünglein an der Waage aber nur insofern, als dass Corona uns gezeigt hat, dass immer zusätzlich etwas kommen kann, mit dem man überhaupt nicht rechnet. Dazu fehlen einem mit 68 Jahren wahrscheinlich die nötigen Nerven. Alles hat einen Anfang und ein Ende. Und das ist gut so.
Sie sprechen immer wieder vom Klimawandel und wie schwierig es für Skigebiete in den unteren Höhenlagen wird. Abgesehen davon, was macht es heute schwierig, ein Sportgeschäft mit Schwerpunkt Ski inklusive Skiverleih zu betreiben?
WALLINGER: Drei Dinge: Das ist zum Ersten der enorme Preisdruck durch Online- Handel und Sportmarktführer, die zum Teil ihre Verluste ganz einfach im Konzernrahmen verschieben. Verluste, die dir das Genick brechen würden. Dazu kommt ein enormes Haftungsrisiko durch bestehende Lagerbestände, die von den Banken nicht einmal als Sicherheiten gewertet werden. Und zum Dritten, wie schon erwähnt, die große Schneeunsicherheit. Skigebiete und Orte mit Höhenlagen unter 1.000 Meter werden sich in Zukunft schwer tun. Gott sei Dank investierte der Raiffeisenverband Salzburg unter anderem massiv in eine Beschneiungsanlage von Dachstein-West. Das wird die gesamte Region (Lammertal) in Zukunft gewaltig aufwerten.
Was bedeutet dieses Aus für Ihre Kunden?
WALLINGER: Ja, unsere Kunden. Es gibt im gesamten Tennengau über 7.000 Stammkunden. An sie geht unser großer Dank. Ich glaube, es gibt wenige Betriebe, die so loyale Stammkunden haben. Mir ist an dieser Stelle wichtig zu betonen, dass wir uns sehr viele Gedanken gemacht haben, wie ein geordneter Rückzug aussehen kann. Entscheidend ist, dass wir keinen Zeitdruck haben. Das heißt, dass wir den Winter 21/22 ganz normal abwickeln – mit allem, was dazugehört: Service, Skiverleih, Saisonmieten und Langlaufschule. Alle Winterwaren werden ab 21. Oktober bis Mitte März mit 20 bis 50 Prozent abverkauft. Ab März 2022 folgt dann der Sommerabverkauf. Bestehende Kundengutscheine können noch bis Ende März 2022 eingelöst werden.
Das sieht nach einem gut getakteten Rückzug aus. Keine Chance, dass die Marke WM Sport bestehen bleibt?
WALLINGER: Die Marke WM Sport als Gesamtpaket wird es definitiv nicht mehr geben. Die wird, wenn du so willst, bald Schnee von gestern sein. Der Wallinger Manfred (WM) wird wieder zum Manfred Wallinger. Und das ist gut so. Die gute Nachricht ist, dass im Frühjahr 2022 (8. April) am selben Standort unter dem Dach der Marke Sport 2000 Abtenau ein ganzjähriger Outdoor- und Running-Shop eröffnet, für den mein Sohn René Wallinger verantwortlich zeichnet. Er hat ja bereits in den letzten Jahren dem Outdoor-Bereich seine ganz besondere Handschrift gegeben. Die Skitouren- und Langlaufabteilung sowie die handgemachten Waldviertler Schuhe wird es auch in Zukunft geben.
Und was ist mit dem Ski-Outlet?
WALLINGER: Das Ski-Outlet wird aufgelöst.
Hat es für die Mitarbeiter Auswirkungen?
WALLINGER: Wir sind mit unseren Mitarbeitern immer sehr sorgfältig umgegangen. Alle Mitarbeiter sind schon lange bei uns. Im Großen und Ganzen bleibt alles gleich, bis auf zwei Personen (Karenz, Pension) werden alle Mitarbeiter von Sport 2000 Abtenau mit 8. April übernommen.
Ok, das klingt endgültig. Wie geht es Ihnen und Peter Gschwandtner, der über 30 Jahre ihr Partner war, jetzt mit dieser Entscheidung?
WALLINGER: Im Großen und Ganzen geht es uns gut. Natürlich ist da eine gewisse Wehmut. Die darf auch da sein nach 30 Jahren vorbildhafter Partnerschaft. Einer Partnerschaft, wie man sie sich heute kaum mehr vorstellen kann. Es gab und gibt nur einen mündlichen Vertrag zwischen uns und der hält. Der Handschlag zählt auch jetzt. Wir ziehen an einem Strang.
Wer Sie kennt, kann sich eigentlich nicht vorstellen, dass Sie sich jetzt zur Ruhe setzt. Was sind Ihre Pläne?
WALLINGER: Das müssen Sie sich auch nicht vorstellen. Mit 68 Jahren fängt das Leben an. Es gibt so viele Dinge zu tun. Ich weiß gar nicht, wo ich anfangen soll. Malen, Reisen, Sport und Kultur.
Auf was freuen Sie sich am meisten, nachdem Sie den Schlüssel umgedreht haben?
WALLINGER: Auf das Malen. Meine große Leidenschaft seit Jahrzehnten. Und dass ich im Winter nicht die ganze Nacht wachliege und mir Sorgen mache, nur weil ich draußen den Föhnwind höre.
Danke für das informative Gespräch.
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