Mit Strumpfhose über dem Kopf
Im Gehölz verbergen sich ab und zu Menschen, die einer besonderen Leidenschaft nachgehen: dem Wildern.
TENNENGAU (tres). Die Bezirksblatt-Redaktion hat einen Wilderer - der wohlweislich anonym bleiben möchte - gefragt, warum er ab und zu im Schutz der Dunkelheit gesetzeswidrig auf der Lauer nach Hirsch, Reh und Co. liegt.
Der Wilderer antwortet: "Es gibt verschiedene Beweggründe. Es ist das Adrenalin, der Nervenkitzel, der im Dunkeln die Ohren zu Augen werden lässt. Man kann das Gefühl schwer beschreiben. Manche Wilderer schießen einem Jäger auch ein Wild weg, weil sie ihm eines auswischen wollen. Oft schießt man eh nicht, sondern huscht nur mit dem Gewehr durch den Wald."
Im Schutz des Waldes
Ob es denn viele Wilderer gibt? "Ja, es wird schon immer noch viel gewildert und Wilderer sind Leute aus allen Gesellschaftsschichten."
Malen sich Wilderer im Gesicht schwarz an, wie in den Heimatfilmen? "Es gibt ja Netzstrumpfhosen, die zieht man sich über das Gesicht. Das geht ganz gut. Man muss schon aufpassen, weil viele Jäger schon Wildkameras im Wald installiert haben."
Ob er denn kein schlechtes Gewissen habe, wenn er anderen das Wild wegschießt? "Nein und seit ein Pfarrer bei der Beichte gesagt hat, dass das Wildern vor Gott keine Sünde ist, weil das Wild niemandem gehört und das Jagd-Gesetz kein göttliches, sondern ein menschliches ist, glaube ich auch nicht, dass ich dafür in die Hölle komme."
Früher jagten alle
Wie ist das eigentlich mit dem Jagdrecht? Die Geschichte lehrt uns, dass ursprünglich alle freien Menschen das Recht hatten, zu jagen - und zwar bis weit ins Mittelalter. Speziell die Bauern jagten, um ihr Vieh zu schützen, ihren Grund vor Wildschaden zu verteidigen oder um sich Nahrung zu verschaffen.
Als der Adel damit begann, die Jagd als vergnüglichen Zeitvertreib zu verstehen, wurde den Bürgern das Recht zu jagen entzogen und unter Strafe (teilweise Todesstrafe) gestellt. 1848 wurde dann aber auch das Jagdprivileg des Adels abgeschafft. Heute gefährdet gewerbsmäßige Wilderei weltweit den Bestand vieler Tierarten, z. B. die Bestände von Elefanten wegen des Elfenbeins.
In Österreich gilt im Jagdrecht das Prinzip der Revierjagd. Es besagt, dass das Ausüben der Jagd untrennbar mit dem Eigentum von Grund und Boden verbunden ist. Die Jagd kann nur von Inhabern einer Jagdkarte ausgeübt werden. Voraussetzung ist die erfolgreiche Absolvierung der Jagdprüfung.
"Kein Kavaliersdelikt"
Rupert Schnöll, Bezirksjäger im Tennengau, kann die Motivation zum Wildern nicht verstehen: "Wildern ist kein Kavaliersdelikt, sondern eine Straftat. Das Jagdrecht ist ja gesetzlich geregelt. Jäger schießen nicht nur, sondern hegen und pflegen das Wild. Eine Kommission prüft genau, ob eine Person geeignet ist, Jäger zu werden. Glücklicherweise ist mir schon länger keine Wilderei im Bundesland Salzburg mehr bekannt. 2012 wurden aber acht Rehe im Gemeindegebiet von Puch und Oberalm tot aufgefunden, mit mehreren Kugeln im Körper. Der Wilderer kam unentdeckt davon." (Bericht hier)
Schnöll gibt aber zu, dass Wilderei nur dann nachgewiesen werden kann, wenn Reste eines Tieres gefunden werden. Geht ein Wilderer sauber vor, wird von der Tat also eher nie etwas bemerkt.
1 Kommentar
Du möchtest kommentieren?
Du möchtest zur Diskussion beitragen? Melde Dich an, um Kommentare zu verfassen.