Kindesmisshandlung: Freispruch für 23-Jährigen
Widersprüche und verschiedene Versionen – Ex-Freund der Mutter geht frei.
BEZIRK TULLN. Schwerste Verletzungen im Gehirn erlitt ein fünf Monate altes Baby, nachdem es an den Füßen gepackt und nach unten hängend massiv geschüttelt wurde. Von wem, war im Prozess am Landesgericht St. Pölten nicht zu klären. Der Beschuldigte, ein 23-Jähriger, wurde daher vom Vorwurf der schweren Körperverletzung freigesprochen (nicht rechtskräftig). Staatsanwältin Michaela Obenaus gab keine Erklärung zu dem Urteil ab.
Eiskalt lief es einem über den Rücken, als die Mutter des Säuglings, ihr Unterkunftgeber und der angeklagte Ex-Freund der Frau von dem tragischen Vorfall am 3. Juni 2011 in einer Wohnung im Bezirk Tulln berichteten.
Mutter: "Baby hat wie Schweindl gequietscht"
Wieder einmal war die Mutter des Kindes am Morgen nicht aufgestanden. Der Wohnungsbesitzer gab dem Säugling die Flasche und fuhr weg. Erst zwei Stunden später registrierte die Frau, dass der kleine David (Name von der Redaktion geändert) bereits gefüttert war. Gegen Abend kam der 23-Jährige und kümmerte sich um das Kind, während die Mutter kurz zur Toilette und ins Bad ging.
Den Schilderungen der Frau nach habe sie das Baby plötzlich „wie ein Schweindl quietschen“ gehört. Danach habe sie gesehen, wie ihr Freund das Kind an den Beinen hochgehoben und heftig geschüttelt habe.
Ältere Verletzungen festgestellt
Laut Richter Markus Pree sei dies die fünfte Version der Mutter gewesen, die zu Beginn der Ermittlungen den Verdacht auf ihren Vermieter gelenkt hatte. Als im Krankenhaus nicht nur frische Blutungen in der Schädelhöhle des Buben festgestellt worden waren, sondern auch länger zurück liegende, gab die Frau an, dass das Baby im Alter von vier Monaten vom Wickeltisch gefallen sei. Sie fand es jedoch nicht für notwendig, mögliche Verletzungen im Gehirn im Krankenhaus abklären zu lassen.
Die Symptome des Babys im Juni waren jedoch so beängstigend, dass sie zunächst ihren Vermieter telefonisch verständigte. „Als ich David gesehen habe, das war unbeschreiblich“, meinte der Zeuge, der dafür sorgte, dass das Kind ins Krankenhaus kam.
Baby keuchte und wurde bleich
Die Schilderung des Angeklagten, der auch über Erinnerungslücken sprach, unterschied sich wesentlich von jener der Mutter. Er habe zwar das Kind früher schon geschüttelt, aber dieses mal nicht. Weiters sagte er, dass das Baby immer zu weinen aufgehört und beinahe schon gelacht habe.
Den dramatischen Verlauf damals beim Wickeln beschrieb er mit den Worten: „Ich habe richtig gespürt, wie er alles hängen lässt. Er ist komplett bleich geworden, hat geschwitzt und gekeucht“. Warum, konnte er sich nicht erklären – jedoch fühle er sich für die Verletzungen des Säuglings, der zum Glück keine Dauerfolgen davontrug, nicht verantwortlich.
Zum Artikel:
Baby erlitt Schütteltrauma: http://www.meinbezirk.at/tulln-an-der-donau/chronik/baby-erlitt-schuetteltrauma-d81761.html
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