Weinpapst bestätigt: Beste Grüner Veltliner ever
Degustation am Wagram: Weinpapst Viktor Siegl über die Lage, den Grünen Veltliner und das Prestige des Wagrams.
KIRCHBERG AM WAGRAM / BEZIRK TULLN. Eine kleine Runde hat sich am schönsten Platz Kirchbergs zusammengefunden. Schon allein damit beweisen sie Geschmack. Doch noch viel mehr bei der Degustation der unterschiedlichen Weine, die aktuell am Wagram ansteht. Kein geringerer als Weinkritiker und Weinbuchautor Viktor Siegl ist hier zu Gast und zitiert die Weinbauern der Reihe nach ins Weritas. Und dann zückt er sein Aufnahmegerät und diktiert: "Akzente vom Waldhonig, nahezu exotische Fruchtfülle". Ihm zur Linken sitzt Winzer Franz Leth, der Seidl fast von den Lippen abliest.
Danach folgen akribisch die Notizen in Siegls Notizbuch, das mit pinkem Einband der zweite Farbklecks nach seinem roten Pullover ist.
Wein ist ein offenes Buch
Seit vielen Jahren werden hier im Weritas die Jungweine vom Wagram verkostet und eine erste Bewertung abgegeben. Die Arbeit würde ihm hier erleichtert werden, durch den optimalen Standort, lobt Seidl die Location. Warum er sich am Wagram heimisch fühlt? Ganz einfach, auch seine Eltern wären schon hier gewesen, seine Mutter hatte ein Haus in der Tullner Wildgasse. "Dann jedoch sank das Prestige des Wagrams und in den 80er Jahren habe Gründervater Karl Fritsch sen. durch eine Initiative entsprechende Maßnahmen gesetzt, dass das Weinbaugebiet heute top ist".
Die Weine zu verkosten wäre reine Übungssache, schmunzelt der Experte, doch sind sie zugleich auch wie ein offenes Buch: "Die Grünen Veltliner sind so gut wie selten zuvor gelungen", sagt Siegl und schwingt sein Glas, "viel Frucht und die Säure passt", stellt er fest und fügt hinzu: "Seit 2006 sind das die besten des Jahres, oder vielleicht sogar seit 1997". Der Grüne vom Wagram liegt österreichweit ganz sensationell gut: "Jeder Weinliebhaber wird etwas finden", sagt Siegl – zudem sei auch das Preisniveau besonders fair.
Beim Riesling müsse man noch zuwarten, doch stehe schon jetzt fest, dass Weine aus Schotter- oder Schieferboden die Nase vorne haben.
Roter Veltliner in der Renaissance
Und wer hätte schon vor zwanzig Jahren daran gedacht, dass sich der Rote Veltliner so entwickeln würde? Auch er sei heuer besonders gut gelungen, er "erfährt die verdiente Renaissance", bestätigt der Kritiker.
Skeptisch ist er hingegen bei Muskateller und Sauvignon. "Da hast aber meinen noch nicht gekostet", wirft Franz Leth ein und lacht. "Aber einer macht halt nicht alle", kontert Seidl.
Last but not least wurde der 2012er Rotwein unter die Lupe genommen. Siegl spricht von einem soliden, körperreichen Jahrgang, "vielleicht nicht so expressiv wie der 2011er. Und der 2013er schlummert ja noch in den Fässern", wird der Autor auch im nächsten Jahr am Wagram Weine verkosten.
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