"Grüß Gott" führt zu Eklat
Muslimin wurde wegen Willkommensgruß auf's Wüsteste beschimpft.
ZWENTENDORF / ZENTRALRAUM. "Da muss man sich als Österreicher richtig genieren", stellte Beate Kreimel kürzlich fest, als sie zu einem Eklat in einer Apotheke kam.
"Hallo", "Willkommen" oder "Grüß Gott" – die Anzahl der Grußworte in Österreich ist umfangreich. Doch eines ist sicher, die richtige Begrüßung ist unerlässlich, sowohl im Privaten als auch im Beruflichen. Ein einfaches "Grüß Gott" führte in der Region jedoch zu wüsten Beschimpfungen. Eine Apothekenangestellte, die gerade damit beschäftigt war, ein Regal einzuräumen, stand plötzlich im Kreuzfeuer, als sie eine eintretende Kundschaft mit den Worten "Grüß Gott" empfing. Und zwar deshalb, weil sie ein Kopftuch trägt.
Wie die Chefin der Apotheke gegenüber den Bezirksblättern mitteilt, stand die Angestellte, die mit ihrer Familie in dritter Generation in Österreich lebt, etwa 3,5 bis 4 Meter weit entfernt. Das Kopftuch in Verbindung mit dem "Grüß Gott" ließ die Kundin ausrasten. "Sie hat meine Angestellte auf's Wüsteste beschimpft, tiefste Schublade", so die Apothekerin, die klarstellt, dass sich ihre Mitarbeiterin durch äußersten Fleiß auszeichnet und sie "Rassismus dieser Art noch nie erlebt hat".
Bleibt hoffentlich ein Einzelfall
"Das ist eine abscheuliche Geschichte", äußert sich Hans Schultheis, seines Zeichens Chef des Arbeitsmarktservice (AMS). "Im Bezirk habe ich noch keine derartigen Beobachtungen gemacht und hoffe, dass das ein Einzelfall bleibt". Bisher habe man beim AMS keine Rückmeldungen von Unternehmen dahingehend, dass Bewerbungen von Menschen wegen eines Kopftuches abgelehnt würden.
"Das wäre zudem rechtlich gesehen Diskriminierung", so Schultheis. Arbeiterkammer-Chef Günter Kraft zeigt die rechtliche Situation, nämlich die Fürsorgepflicht des Arbeitgebers gegenüber allen Arbeitnehmern, auf, die im Allgemeinen Bürgerlichen Gesetzbuch (ABGB) festgeschrieben ist: "Der Dienstgeber hat die Dienstleistungen so zu regeln und bezüglich der von ihm beizustellenden oder beigestellten Räume und Gerätschaften auf seine Kosten dafür zu sorgen, dass Leben und Gesundheit des Dienstnehmers, soweit es nach der Natur der Dienstleistung möglich ist, geschützt werden (§ 1157 Abs 1 ABGB)". Bestimmte Arbeitnehmergruppen seien jedoch besonders schutzbedürftig, hier gibt es über die allgemeine Fürsorgepflicht hinausgehende Regelungen, etwa für Kinder und Jugendliche, für Frauen im allgemeinen (§6 Abs4 Arbeitnehmerschutzgesetz ASchG), für werdende und stillende Müller und für Behinderte.
Diese Fürsorgepflicht hat auch die Apothekenchefin wahrgenommen. Sie hat die Kundin gebeten, sich entsprechend zu benehmen, ansonsten müsse sie die Medikamente in einer anderen Apotheke besorgen.
"Wir glauben an Gott"
Die Bezirksblätter haben bei der Diözese St. Pölten nachgefragt, wie sie dazu stehen, wenn eine Muslima die Begrüßung "Grüß Gott" verwendet.
"Selbstverständlich darf jede und jeder 'Grüß Gott' sagen. Wir begrüßen es, wenn Gott im Leben der Menschen vorkommt, auch wenn wir wissen, dass der Gruß von vielen wahrscheinlich eher gewohnheitsmäßig verwendet wird. Der Gruß ist eine wunderbare Tradition und wenn Gott in der Alltagssprache wertschätzend verwendet wird, freut uns das. Und nicht zu vergessen: bei allen Unterschieden, Christen und Muslime glauben an den einen Gott", heißt es von Pressesprecher Wolfgang Zarl.
Vonseiten der Islamischen Glaubensgemeinschaft in Österreich steht Frauenreferentin Carla Amina Bghajati Rede und Antwort und verweist darauf, dass sie die Aussage der Diözese "voll und ganz unterstreichen kann". Das "Grüß Gott" werde von vielen Muslimen gebraucht und das sei auch aus theologischer Sicht zu begrüßen. "Wir wollen hier in Österreich im Sinne eines guten Zusammenlebens auch ein Wir-Gefühl herbeiführen". Damit könne man in der pluralistischen Gesellschaft verbindende Werte schaffen, diese und auch den Respekt dem anderen gegenüber zum Ausdruck bringen.
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