Diabetes ist wie eine Raubkatze
Der Radentheiner praktische Arzt und Internist Werner Dorfinger warnt vor zu später Diabeteserkennung. Die WOCHE sprach mit ihm über Ursachen, Früherkennung und alarmierende Statistikwerte.
RADENTHEIN/VILLACH. WOCHE: Herr Dr. Dorfinger, Sie beschäftigen sich schon seit mehreren Jahrzehnten mit den Auslösern und Krankheitsverläufen von Diabetes. Wie kam es dazu?
WERNER DORFINGER: Bevor ich meine Ordination in Radenthein eröffnete, war ich 18 Jahre lang Leiter der Diabetesambulanz im Landeskrankenhaus Villach. Dort konnte ich viel an Entwicklungsarbeit leisten, aber es ist nie genug. Zuckerkrankheit, wie sie im Volksmund heißt, ist ein Krankheitsbild, wo sofort geholfen werden muss. Ansonsten droht in den schlimmsten Fällen dem Patienten Folgeerkrankungen wie Erblindung, Beinamputation, Schlaganfall oder Herzinfakt.
Sie waren vergangenes Wochenende bei der Jahrestagung der Österreichischen Diabetes Gesellschaft. Gibt es Neues?
Ich wurde leider wieder einmal bestätigt. Es hilft nur ein Screening, sprich Blutbild. Obwohl in naher Zukunft die Pharmaindustrie mit noch besseren, wirksameren Medikamenten auf den Markt kommt, wirklich helfen kann nur die Früherkennung und ein aktiver, motivierter Patient.
Sie vergleichen Diabetes mit einer Raubkatze. Warum?
Sieht man eine Raubkatze, ist es meist schon zu spät und so auch bei der Erstdiagnose Diabetes. Bei etwa 20 Prozent der österreichischen Patienten liegen bereits Spätschäden vor.
Läuft Diabetes Gefahr, zu einer Volkskrankheit zu werden?
So scheint es. In Mitteleuropa ist die Zahl der Diabetiker seit 1998 um rund 40 Prozent gestiegen. Zurzeit sind in Österreich zirka 700.000 Menschen, die an Diabetes mellitus, wie es richtig heißt, erkrankt. Die Dunkelziffer ist weit höher. Jeder zweite diabetes Erkrankte hat kein Wissen darüber, weil noch nicht beim Screening war. Statistisch hochgerechnet werden im Jahre 2030 in Österreich mindestens 900.000 Erkrankte sein.
Wo liegen die Gründe für die rasant ansteigenden Zahlen und Erkrankungen?
Dieser gibt es Viele. Frühere Erkennung, strengere Diagnosekriterien, besseres Screening, steigende Lebenserwartung, Urbanisierung und Lebensstiländerung, verminderte körperliche Aktivität, Änderung der Ernährungsgewohnheiten oder und Übergewicht
Wie sieht dies in der Region Radenthein aus?
Derzeit gibt es ungefähr 600 Diabtetiker und bis 2030 werden es 700 Gegentaler sein. 85 bis 90 Prozent aller Diabetiker sind Typ-2-Diabetiker.
Typ 2-Diabetiker?
Ist der Altersdiabetes. Normalerweise wird dieser Typ 2 erst ab einem Lebensalter von 45 Jahren diagnostiziert. Aber seit einigen Jahren nimmt die Anzahl der Typ 2 erkrankten Jugendlichen alarmierend zu. Auslöser sind meist Übergewicht und wenig Sport.
Gibt es Heilungschancen?
Die Diabetestherapie hat sehr große Fortschritte gemacht. Lebenserwartung und -qualität steigen. 100 Prozent Heilung gibt es leider nicht.
Sie engagieren sich auch in ihrer Freizeit für Diabetes. Wie?
Kommenden Freitag (24. November) zum Beispiel als Vortragender im Radentheiner Stadtsaal. Meine Lionsfreude laden bei freiwilliger Eintrittspende ein. Beginn ist um 19 Uhr und das Thema lautet Zeitbombe Diabetes. Auf überregionaler Lionsebene, bin ich als Distriktsbeauftrager für Diabetes im Einsatz. Lions Österreich hat sich für die kommenden fünf Jahre das Thema Diabetes groß ins Aufgabenheft geschrieben.
Interview: Peter TIEFLING
Zur SACHE:
Name: Dr. Werner Dorfinger
Geboren: 8.November 1949
Wohnort: Döbriach
Gattin: Evelin
Kinder: Barbara, Wolfgang
Beruf: praktischer Arzt und Internist (Radenthein)
Berufliche Stationen: Studium (Graz), Turnus- und Fachausbildung (LKH Villach), Auslandstudium (Düsseldorf, Köln, München, Birmingham), Kärntner Landesfeuerwehrarzt
Nächster Vortrag: Zeitbombe Diabetes, 24. November 2017, Rathaussaal Radenthein. Eintritt (freiwillige Spende). Der Erlös kommt einen wohltätigen Zweck in der Region zu Gute. Die Möglichkeit, seinen persönlichen Blutzuckergehalt zu überprüfen (Früherkennung), wird vor Ort angeboten.
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