SOMMERABEND - SOMMERNACHT ....
Auf der schönen grünen Wiese
Tiefe warme Schatten werfend
Liegt der stille, goldgetränkte.
Letzte Abendsonnenschimmer;
Lerchenklang in hohen Lüften
Und der Wind schläft in den Zweigen;
Kaum erzittert leis ein Grashalm.
Dort am Ufer auf der Weide.
Grauem Stamm, der hingebogen
Sich im dunklen Weiher spiegelt.
Weißgekleidet sitzt ein Mädchen
Goldne aufgelöste Haarflut
Wallet um das stille Antlitz;
Wie sie wieder in das klare
Spiegelhelle Wasser blicket,-
Und sie grüßt ihr Spiegelabbild.
Nickt und lächelt, und da drunten
Nickt und lächelt hold es wieder.
Und ein Strauch von wilden Rosen
Der mit hundert schönen Blüten
Neben ihr im Grund sich spiegelt
Schaut mit all den Rosenaugen
Aus dem Spiegel ihr entgegen.
Goldne Haarfluth - ros'ge Wangen
Grün Gezweige - rote Rosen.
Und das Mädchen neigt ein Zweiglein
Neigt es hin an ihre Lippen
Und sie küsst die zarte Rose.
Schaut's im Spiegel und errötet.
Doch ein Blatt, gelöst vom Kusse
Flattert auf das Wasser nieder.
Trübt das Bild mit leisen Ringen
Mägdlein schaut in das Gezitter
Bis das Bild sich wieder kläret.
Und sie küsst die Rosen wieder.
Sinnt und schauet in die Ferne.
Dämmernd sinket nun der Abend.
Singend steigt sie, die den letzten
Späten Abendstrahl getrunken.
Singend steigt die Lerch nieder
Und das Mädchen still und sinnend
Wandelt durch die grüne Wiese
Bis das weiße Kleid im Dunkel
Jener Gartenbäume schwindet;
Draus das Landhaus hell hervorschaut.
Heinrich Seidel
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