Junger Villacher lebt mit dem Tourette-Syndrom
„Er zuckte am ganzen Körper“
Der Sohn von Dunja Mormone hat das Tourette-Syndrom. Die Villacherin erinnert sich noch gut an die Hilflosigkeit der ersten Jahre. Sie initiierte eine Selbsthilfegruppe, um anderen zu helfen.
VILLACH. Mit acht Jahren kamen die ersten Symptome. „Es hat ganz simpel mit einem Augenzucken angefangen. Mit zehn Jahren war es so schlimm, dass Artemis nicht mehr sitzen konnte, Zuckungen am ganzen Körper hatte und auch die Schule war nicht mehr möglich“, erzählt Dunja Mormone. Die Diagnose „Tourette“ war ein Schock. „Das betrifft die ganze Familie und wir haben uns sehr alleine gelassen gefühlt. In seiner schlimmsten Phase hat er 24 Stunden gezuckt, konnte nichts mehr essen, nicht schlafen… Es gab und gibt kaum Unterstützung, daher habe ich auch die Selbsthilfegruppe gegründet.“ Die Treffen finden immer am letzten Freitag im Monat in der Privatklinik in Villach-Warmbad statt. Nachdem Artemis die Volksschule in Villach beendet hatte, musste Mormone mit ihren Kindern für ein paar Jahre nach Wien ziehen. „Da gibt es eine geeignete Privatschule, in Kärnten haben wir keine Angebote. Artemis hat aber auch eine schwere Form von Tourette, es ist der ganze Körper betroffen. Zusätzlich ist er Epileptiker und hat eine Blutbildungsstörung, dafür gibt es in Kärnten keine Behandlung.“ Das letzte Pflichtschuljahr absolvierte Artemis aber wieder in Villach. „An der MS Völkendorf haben wir wirklich viel Unterstützung bekommen, damit er abschließen konnte. Er durfte Pausen machen oder auch die Schultage verkürzen.“
„Wie ein Niesen“
Gegen Tourette gibt es keine Medikamente, nur gegen die Epilepsie, was sich bei Artemis glücklicherweise auch positiv auf Tourette auswirkt. Wie erlebt der 18-Jährige seine Krankheit? „Es fühlt sich an wie ein Niesen. Man merkt, es kommt langsam rauf und dann explodiert und zuckt man.“ Vokale Tics hatte Artemis nur kurzzeitig, Tourette ist eine sehr vielfältige und individuelle Erkrankung. „Was mir hilft, sind Entspannungstechniken, Bewegung und ein geregelter Tagesablauf. Ich habe gelernt, mit Tourette zu leben“, sagt der junge Mann, der seit kurzem auch eine eigene Wohnung hat. „Da habe ich einfach mehr Ruhe und der Tagesrhythmus meiner Mutter und meines Bruders stören mich nicht. Das Zusammenleben mit anderen Personen ist für mich nicht leicht. Auch die Musik hilft mir, seit einigen Jahren spiele ich Schlagzeug.“
„Will arbeiten“
Gerne würde Artemis auch arbeiten, aber: „Seit drei Jahren versuche ich es und schreibe Bewerbungen, aber Tourette schreckt alle ab. Am liebsten mag ich Sprachen, zum Beispiel Englisch.“ Seine Mutter ergänzt: „Da es eine Schwerstbehinderung ist, denken viele Firmen, er hat auch geistig Einschränkungen. Oft wird er behandelt, als würde er nichts verstehen, und man schlägt eine Lehrstätte für Schwerstbehinderte vor. Es ist aber eine neurologische Erkrankung und Artemis ist geistig voll da, auch wenn er natürlich etwas Unterstützung braucht.“ Schwierig war für Artemis auch die Schulzeit. „Ich wurde oft gemobbt, meine Mitschüler wussten einfach nicht mit der Krankheit umzugehen.“
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