Drogen in Villach
Warum die vielen Drogentoten in Kärnten? Das sagen Experten
Die Serie an Drogentoten in Kärnten hält an. Experten sehen das negative soziale Klima als Mit-Ursache.
BEZIRK VILLACH. 20 Drogentote in diesem Jahr in Kärnten lassen nicht nur bei den Politikern die Alarmglocken klingen, auch die Wissenschaft ist an der Todesserie in unserem südlichsten Bundesland nun interessiert. Spielt gar der schon bei Selbstmorden nachgewiesene Werthereffekt hier auch eine Rolle? Das wollte die WOCHE von Psychologen und der Polizei wissen.
Zur Erinnerung: Als Werther-Effekt wird in der Medienwirkungsforschung und Sozialpsychologie die Annahme bezeichnet, dass ein kausaler Zusammenhang zwischen Suiziden, über die in den Medien berichtet wird, und einer Erhöhung der Suizidrate in der Bevölkerung besteht. Werden Drogenkonsumenten durch die Berichte in den Zeitungen ebenfalls zu "suizidalen Handlungen" - sprich einer Überdosis - animiert?
Strafen gehören verschärft
Bei der Polizei hat man jedenfalls auch darüber nachgedacht, glaubt aber nicht an einen entsprechenden Effekt. „Die Strafen für Dealer und Konsumenten gehören verschärft", fordert Polizeipressesprecherin Waltraud Dullnigg deshalb.
Negatives soziales Klima ist Schuld
Der Wiener Psychologe Daniel Witzeling glaubt ganz andere Hintergründe der Todesserie entdeckt zu haben: „Die Sachlage in Kärnten deutet aber eher auf einen "Stimmungskongruenzeffekt" hin. Das erhöhte Auftreten von Drogentoten in Kärnten ist nicht allein durch den "Werther-Effekt" erklärbar. Fakten wie die hohe Abwanderungsrate und verschlechterte Rahmenbedingungen in unserem Schulsystem verstärken ein negatives soziales Klima, welches als Nährboden für Suchterkrankungen dient“, weiss der Psychologe
Er konkretisiert: „Menschen, die perspektivenlos sind und sich auch in der sozioökonomischen Einbahnstraße befinden, neigen eher in exzessiver Form dazu Drogen zu konsumieren. Dies ist ein Indikator für den realen Zustand der Gesellschaft in Kärnten. Wenn Jugendliche und auch Erwachsene keine echten Perspektiven auf einen Job oder eine adäquate menschengerechte Schulbildung haben, kann die individuelle Entwicklung eine negative Richtung einnehmen. Hier ist gerade die Politik in Kärnten gefragt Lösungen für die Menschen zu finden“, so Witzeling.
Und: „Schein und Sein liegen hier nahe beieinander. Die Problemfelder Arbeitsmarkt und Bildungssystem müssen professionell und objektiv gelöst werden und nicht nur durch das Schaffen von neuen Institutionen und Überschriften“.
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