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Die Psyche leidet unter den Krisen

- Krisen können krank machen. Dann ist professionelle Hilfe gefragt, um wieder ins Gleichgewicht zu kommen.
- Foto: Panthermedia/Antonio Guillem
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Seelische Erkrankungen nehmen zu. Wichtig ist, sie zu erkennen und professionelle Hilfe zu holen.
VÖCKLABRUCK. "Covid, Klimakrise und Krieg: Das sind Themen, die die Menschen beschäftigen", sagt Jutta Stadler, Leiterin der Klinischen Psychologie am Salzkammergut Klinikum Vöcklabruck. Erwachsene, aber auch Kinder würden zunehmend unter Existenzängsten leiden.
Bemerkbar machen sich psychische Probleme häufig durch körperliche Leiden: Herz- und Kopfschmerzen, Atemnot und Panikattacken können die Folge sein. "Psychische Erkrankungen werden tendenziell mehr", weiß Stadler. Sie zu erkennen, sei nicht immer einfach. "Die meisten Anzeichen sind unspezifisch", sagt Stadler. Eine psychische Erkrankung könne vorliegen, wenn jemand dauerhaft ängstlich, erschöpft, innerlich unruhig oder niedergeschlagen ist, sich für nichts mehr wirklich interessiert, schlecht schläft und sich nicht mehr konzentrieren kann. Ebenso, wenn sich für Schmerzen oder Libidoverlust trotz genauer ärztlicher Abklärung keine organischen Ursachen finden lassen.
Krankheit, keine Schwäche
"Die Bandbreite von psychischen Erkrankungen ist sehr groß – angefangen von adäquaten Anpassungssymptomen bei Alltagsproblemen bis hin zu schweren psychiatrischen Krankheiten. Ganz wichtig ist: Krank bin ich, wenn ich anfange, unter den Symptomen zu leiden und meinen Alltag dadurch nicht mehr angemessen bewältigen kann." Da seelische Probleme immer noch häufig stigmatisiert würden, warten Betroffene oft zu lange, bis sie Hilfe suchen.
"Eine psychische Erkrankung kann jede und jeden treffen und darf nicht als Schwäche, sondern muss als Krankheit verstanden werden", sagt Stadler. Um dies im Bewusstsein der Menschen zu verankern, wurde der Internationale Tag der psychischen Gesundheit am 10. Oktober geschaffen. Die Klinische Psychologie im Salzkammergut Klinikum Vöcklabruck besteht seit dem Jahr 2000. 15 Mitarbeiter sind in der Abteilung beschäftigt, dazu kommen acht in der Psychiatrie. Hinzugezogen werden die Klinischen Psychologen bei stationären Patienten zur Abklärung von Beschwerden, nach Herzinfarkten oder Schlaganfällen. "Wir haben auch viele Covid-Patienten betreut, die Verlust- und Todesängste hatten", erzählt Stadler.
Was man selber tun kann
Bei Existenzängsten rät die Psychologin: "Bleiben Sie im Hier und Jetzt. Zu weit nach vorne denken macht Angst." Besser sei es, sich zu fragen, was jetzt gut gelingen kann. Oder morgen, wenn es heute nicht klappt. "Corona oder den Krieg können wir nicht verändern – aber wir können im Kleinen etwas für uns selber tun."
Als Beispiel nennt sie, den Fernseher ein paar Stunden auszuschalten, um dem Krieg zu entkommen, oder spazieren zu gehen. Was helfe, sei bei jedem Menschen anders. Gute Sozialkontakte, genug Schlaf, gesunde Ernährung, Bewegung, Entspannung, richtiger Umgang mit Stress und eine ausgeglichene Work-Life-Balance wirken sich jedenfalls positiv aus, um sich an veränderte Alltagsbedingungen anzupassen. Und ganz wichtig: Auf die Signale des Körpers achten!
ZUR SACHE
Besteht der Verdacht auf eine psychische Erkrankung, sind Haus- oder Fachärzte erste Ansprechpartner. Ebenso können sich Betroffene direkt an Psychologen oder Psychotherapeuten wenden.
In Akutfällen eine Spitalsambulanz für Psychiatrie aufsuchen!
Anlaufstellen für psychische oder suizidale Krisen bzw. Notfälle:
Telefonseelsorge: 142 (Notruf), täglich 0 bis 24 Uhr, telefonseelsorge.at
Frauen-Helpline bei Gewalt: 0800/222 555, täglich 0 bis 24 Uhr
Ö3 Rotes Kreuz-Kummernummer: 116 123
Kindernotruf: 0800/567 567
Rat auf Draht: 147
Rettung: 144
Polizei: 133 (bei Selbst- oder Fremdgefährdung)


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