Wenn aus Genuss Sucht wird: „Ich bin Herbert und Alkoholiker“
Im zweiten Anlauf hat er es geschafft: Herbert ist seit 17 Jahren „trocken“ und gibt die Erfahrungen weiter.
BEZIRK (ju). „Das Leben ist einfacher geworden. Viele Probleme von früher sind nicht mehr da.“ Herbert (66) hat es geschafft. Er ist seit 17 Jahren „trocken“. Geheilt ist er nicht. „Alkoholismus ist eine unheilbare, lebenslange Krankheit“, betont der 66-Jährige. Er redet offen über seine Krankheit und gibt seine Erfahrungen auch in Schulen weiter. „Ich erzähle den jungen Leuten, was alles passieren kann.“ Er weiß, wovon er spricht, hat er es in seiner schlimmsten Zeit doch täglich auf zwölf Halbe Bier und jede Menge Schnaps gebracht.
Seit 2001 gibt es in Vöcklabruck die Selbsthilfegruppe Anonyme Alkoholiker. Herbert ist Gruppensprecher. Jeden Dienstag um 19.30 Uhr geht er zum Treffen in den Räumen des Ausbildungszentrums am Landeskrankenhaus. Auch an Feiertagen lässt er sich nicht davon abhalten. „Ich gehe aus Dankbarkeit und möchte die Hilfe weitergeben.“ Hier treffen sich „Trockene“ mit Menschen, die von der Droge Alkohol wegkommen wollen. „Und immer wenn ein ,Nasser‘ neu zur Gruppe kommt, hält er uns auch einen Spiegel vor.“
Gefahr lauert in Speisen
Herbert achtet penibel darauf, dass er in keiner Form mit Alkohol in Berührung kommt. Dieser ist aber fixer Bestand-teil in vielen Speisen, Medikamenten und Süßigkeiten. Die große Gefahr sei nicht etwa der unbemerkte Tropfen Alkohol in eine Mehlspeise oder einer Praline, sondern vor allem das Wissen, dass er drinnen ist. „Ein Rückfall findet nämlich immer im Kopf statt“, betont Herbert. Er genießt heute das befreite Gefühl, nicht mehr trinken zu müssen. Außerdem wird er wieder geachtet und respektiert. „Wenn es mir besser geht, geht es auch meinen Mitmenschen besser.“
Zwischen 700 und 1000 Menschen pro Jahr suchen allein im Bezirk Vöcklabruck Hilfe und Unterstützung bei der Alkoholberatung des Landes. „Die Zahl der Alkoholkranken mit bis zu fünf Prozent ist seit Jahren stabil. Weitere fünf Prozent sind gefährdet“, sagt Diplomsozialarbeiter Franz Fürtbauer. „Die Leute tun aber früher etwas dagegen“, so der Berater. „Das Durchschnittsalter der Menschen, die eine Therapie machen, ist unter 40 Jahre gesunken“, ortet er ein größeres Problembewusstsein.
Eskalation und gute Vorsätze
Einen verstärkten Zulauf verzeichnet die Alkoholberatung nicht in der alkoholschwangeren Advent- und Weihnachtszeit, sondern in den darauffolgenden Monaten Jänner und Februar. „Weil einerseits die Probleme zu den Feiertagen eskalieren und es andererseits viel Zeit zum Nachdenken und Fassen guter Vorsätze fürs neue Jahr gibt“, erklärt Fürtbauer. Allein von der Menge des Alkohols eine Krankheit abzuleiten, davon hält er nichts. „Der Betroffene sollte sich zuerst einmal klarmachen, welche Nachteile und Probleme er hat, die er ohne Trinken nicht hätte.“
Beratung & Hilfe
Anlaufstellen für Menschen mit Alkoholproblemen im Bezirk Vöcklabruck:
Alkoholberatung des Landes OÖ – Beratungsstelle Vöcklabruck, Dr.-Anton-Bruckner-Str. 17, Tel. 0664/60072-89556 und 0664/60072-89560, Mo, Di, Do und Fr jeweils 8 bis 12.30 Uhr; Di Abendsprechstunde von 17 bis 19 Uhr
Selbsthilfegruppe Anonyme Alkoholiker Vöcklabruck, Treffen jeden Dienstag, 19.30 Uhr, LKH-Ausbildungszentrum, Info unter Tel. 0676/4771900
Club für Alkoholkranke Vöcklabruck, Stadtplatz 19/II, Treffen jeden Samstag, 17 Uhr (Oktober bis März), Tel. 07672/ 25242
Blaues Kreuz, Begegnungsgruppe Attnang-Puchheim, jeden Montag um 18.30 Uhr, Info unter Tel. 0676/9515558
Internet: www.praevention.at
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