Kommentar
Veränderungen zulassen

Christian Marold
RZ-Chefredakteur | Foto: RZ

Vor einer Woche fand in Dornbirn eine Generalversammlung statt. Das mag auf den ersten Blick nichts Weltbewegendes sein. Für die Welt sowieso nicht. Jeder Verein sollte in seinen Statuten verankert haben, wann und wie oft es solche Generalversammlungen gibt. Dafür gibt es auch ein sogenanntes Vereinsgesetz. Vor einer Woche fand also die Generalversammlung des Vorarlberger Presseclubs statt. Ja, Vorarlberg hat einen Presseclub und ja, diesen Verein gibt es schon sehr lange. Ein genaues Gründungsjahr gibt es nicht wirklich, denn zwischen 1945 und 1949 gab es immer wieder Belege für diverse – quasi vereinsmäßige - Aktivitäten einiger Journalisten. Treffen wurden organisiert und dabei wurden in geselliger Runde Meinungen ausgetauscht. Dieses Grundprinzip hat sich bis vergangenen Donnerstag nicht wesentlich verändert. Und doch wurde letzte Woche die Auflösung des Vereins nach all den Jahrzehnten des Bestehens beschlossen. War dies ein mutiger Schritt oder doch eher ein Schritt mit Bedauern. Warum kam es zur Auflösung und warum ist es mir einen Kommentar wert?

Nun, ich war 14 Jahre lang Mitglied im Vorarlberger Presseclub. Davon 14 Jahre im Vorstand beziehungsweise Beirat. Die letzten drei Jahre sogar Obmann dieses Vereins. Es gab immer wieder Höhen und Tiefen des Vereinslebens, aber unterm Strich waren die sozialen Netzwerktreffen auf nicht-digitaler Ebene eine wertvolle Bereicherung. Und ja, lange bevor es Facebook, WhatsApp und Co. gab, war der Begriff des Social Networking schon in der Vorarlberger Medienwelt angekommen. Experten aus nah und fern wurden zu Vorträgen eingeladen und zahlreiche Exkursionen organisiert. Im Vergleich zu klassischen Vereinen gab es hier einen Unterschied: Die Mitglieder hatten bis auf die Mitgliedschaftsbeiträge keine aktiven Funktionen. Soll bedeuten, dass es keine Veranstaltungen gab, bei denen die Mitglieder um Zeit, Auftritte oder Medaillen kämpften. Das wiederum bedeutet, dass das Vereinsleben ausschließlich auf die Arbeit des Vorstands reduziert war. Das ist mittlerweile kein Alleinstellungsmerkmal des Presseclubs. Es betrifft sehr viel Vereine. Passive Vereinsmitglieder mögen für manche Statistikzahlen wichtig erscheinen, können aber langfristig zum Tod eines Vereins führen. Hinzu kommen noch Faktoren wie Mitgliederschwund und das zentralste Problem eines jeden Vereins: die Bereitschaft, ehrenamtlich mitzuarbeiten. Das Ehrenamt in Vorarlberg ist ja seit Jahrzehnten das Steckenpferd der Vorarlberger Regierungen. Immer wieder wurde und wird seitens zahlreicher Regierungsmitglieder die Wichtigkeit des Ehrenamtes betont. Das ist strategisch insofern wichtig, als die ehrenamtliche Mitarbeit eine kostengünstige Säule unseres gesellschaftlichen Lebens bedeutet.

Die Auflösung des Vorarlberger Presseclubs hat viele Gründe und am Ende war es ein schleichender Prozess. Nun ist dieser jahrzehntealte Verein Geschichte. Die einen bedauern es und anderen ist es egal. Selbst für Mitglieder. Die letzte Generalversammlung mit knapp 12 von über 160 Mitgliedern zeigte ein klares Bild. Als nunmehr ehemaliger und letzter Obmann des Vorarlberger Presseclubs bedanke ich mich bei allen aktiven Mitgliedern für die Jahrzehnte des Bestehens dieses Vereins. Der Vorarlberger Presseclub wurde ordnungsgemäß aufgelöst und das Vereinsbudget wird einstimmig an soziale, kulturelle und gesundheitliche Institutionen gespendet.

Es gehört zum Bedauern aber auch eine Portion Mut für solche einschneidende Veränderungen. Veränderungen, die vielleicht dem Zeitgeist geschuldet sind. Manch andere Vereine stehen mitunter noch vor einer solchen Entscheidung.

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