Zweitwohnsitzer: Wenn die zweite Stimme wackelt

- Dürfen Zweitwohnsitzer bei der Landtagswahl ihre Stimme abgeben? Ja, aber nur, wenn sie einen ordentlichen Wohnsitz nachweisen.
- hochgeladen von Peter Zellinger
Zweitwohnsitzer müssen zukünftig einen ordentlichen Wohnsitz nachweisen, damit sie bei Landtags- oder Gemeinderatswahlen ihre Stimme abgeben dürfen. Entscheiden muss der Bürgermeister.
BEZIRK WAIDHOFEN. Bislang dürfen Zweitwohnsitzer in allen Orten an der Gemeinderatswahl teilnehmen, an denen sie gemeldet sind. Und auch Wiener dürfen den NÖ Landtag wählen, wenn sie hier ein Haus besitzen. Doch das könnte sich nun ändern. Künftig muss man den „wirtschaftlichen, beruflichen oder gesellschaftlichen Mittelpunkt“ seines Lebens in Niederösterreich haben um hier seine Stimme abgeben zu dürfen. Die Krux dabei: Am Ende entscheidet der Bürgermeister, denn zwangsläufig ist das Stimmrecht nicht weg. Die Bezirksblätter haben sich das Prozedere am Beispiel der Stadt Raabs angesehen.
Warum ausgerechnet Raabs? An der Perle des Thayatals sind beinahe 40 Prozent der Einwohner Zweitwohnsitzer - damit liegt die Stadt sogar niederösterreichweit im Spitzenfeld. 948 Fragebögen schickt die Gemeinde aktuell an Bürger aus. Darin sollen die Adressaten nachweisen, dass sie auch einen "ordentlichen" Wohnsitz in der Gemeinde haben. Mitten in den Ferien ein gewaltiger Verwaltungsaufwand: "Der Zeitpunkt ist nicht ideal", so Bürgermeister Rudolf Mayer. Dazu kommt: die Frist bis Ende September ist relativ kurz, denn die "Wochenend-Raabser" müssen schließlich den Fragebogen ausfüllen und zurückschicken.
"Ich mache sicher niemandem sein Wahlrecht streitig"
Damit endet der Aufwand aber noch nicht: wer seinen Fragebogen nicht ausfüllt, wird nicht automatisch gestrichen. Die Gemeinde muss dann noch einmal versuchen den Zweitwohnsitzer zu kontaktieren. Wie das vonstatten gehen soll, ist noch nicht ganz klar. Laut Mayer sei es denkbar, dass Gemeinderäte und Ortsvorsteher ausrücken müssen. Bei 33 Orten in der Großgemeinde ebenfalls kein geringer Aufwand. Auch finanziell schlägt sich die Aktion nieder: Allein das Porto kostet rund 1.000 Euro. Mit den Überstunden der Mitarbeiter und sonstigem Aufwand kostet die Aktion in Raabs nach vorsichtigen Schätzungen mindestens 3.000 bis 4.000 Euro - wenn der Rücklauf gut ist.
Doch wie viele Zweitwohnsitzer werden in Raabs ihr Wahlrecht verlieren? "Wir werden das eher großzügig anlegen. Wenn ein Bezug zur Gemeinde gegeben ist, dann werde ich einem Bürger sicher nicht sein Wahlrecht streitig machen", erklärt der Stadtchef.
"Demokratiepolitischer Horrorakt"
Heftige Kritik an der Neuregelung kommt von den Grünen. Bezirkssprecher Martin Litschauer spricht gar von einem "demokratiepolitischen Horrorakt" und "inakzeptabler Vorgangsweise". Der Grünen-Chef sieht möglichen Missbrauch. "Es besteht die akute Gefahr, dass Personen einfach aus dem Wählerregister verschwinden. Wer sagt denn, dass der Bürgermeister seiner Partei nicht nahestehende Bürger einfach von der Liste streicht?". Es sei ein Fehler den Bürgermeister allein über die Wählerevidenz entscheiden zu lassen, so Litschauer. "Jeder Bürger sollte das Recht haben, selbst zu bestimmen, wo er sein Wahlrecht ausübt. Außerdem ist diese Regelung ein irrer Verwaltungsaufwand - eine Steuergeld-Verprasserei".
Zumindest was die willkürliche Streichung von Wählern betrifft, beruhigt Mayer: Es gehe mehr darum "Karteileichen" auszusortieren. Eine leichtfertige Streichung aus der Wählerevidenz komme für ihn keinesfalls in Frage, so Mayer.



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